Anlagevermittlung
Anlagevermittlung (englisch investment brokerage) ist im Finanzwesen die Vermittlung von Geschäften zwischen einem Käufer und einem Verkäufer von Finanzinstrumenten oder Finanzprodukten.
Allgemeines
Der Begriff der Anlagevermittlung ist im April 2002 als eine Finanzdienstleistung in das Kreditwesengesetz (KWG) aufgenommen worden. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen der Anlagevermittlung vor, handelt es sich um eine Finanzdienstleistung, die nur von Finanzdienstleistungsinstituten oder anderen Instituten übernommen werden darf. Diese wiederum bedürfen nach § 32 KWG einer Banklizenz.
Rechtsfragen
Die Anlagevermittlung steht zwischen einer kaufwilligen und einer verkaufswilligen Partei. Die Legaldefinitionen des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG und § 2 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 WpHG setzen eine Vermittlungstätigkeit voraus. Der Begriff der Vermittlung beruht auf § 34c Abs. 1 Nr. 1 GewO, worin die Tätigkeit des Nachweismaklers beschrieben ist, soweit sie sich auf Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 KWG bezieht.[1] Erfasst wird demnach das zielgerichtete Fördern der Abschlussbereitschaft des Anlegers, damit dieser ein Geschäft über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten mit einem Dritten abschließt. Der Anlagevermittler beschränkt sich auf die Entgegennahme und Übermittlung von Aufträgen von Anlegern. Während die EU-Richtlinie 2004/39/EG vom 21. April 2004 in der Vermittlung noch eine Art Weiterleitungstätigkeit in Form von Annahme und Übermittlung von Aufträgen sah, konkretisierte die BaFin im Mai 2011, dass hierunter die Zusammenführung von zwei Parteien zum Zwecke des Geschäftsabschlusses zu verstehen ist.[2]
Der Anlagevermittler muss in Verbindung zu beiden abschlusswilligen Parteien treten, diese zum zukünftigen Geschäft zusammenführen oder zum Vertragsabschluss beitragen. Dabei beschränkt sich das Tätigkeitsfeld des Anlagevermittlers auf den Vertrieb einer oder einer sehr begrenzten Anzahl von Kapitalanlagen, was die Anlagevermittlung von der Anlageberatung unterscheidet.[3] Die Aktivität kann dabei entweder vom Vermittler oder von den zu vermittelnden Parteien ausgehen.[4] Der Tatbestand der Anlagevermittlung ist dem Bundesgerichtshof (BGH) zufolge weit auszulegen und ist bereits dann erfüllt, wenn der Vermittler den Abschluss eines konkreten Geschäfts bereits so umfassend vorbereitet und abgewickelt hat, dass der Kunde den Auftrag nur noch zu unterschreiben und abzusenden hat oder wenn der Vermittler nach einer Anlageberatung die vom Kunden unterschriebenen Orderbelege weiterleitet.[5] Der Anlagevermittler muss den Anleger ebenso wie der Anlageberater richtig und vollständig über alle für das Finanzinstrument wichtigen tatsächlichen Umstände informieren.[6] Handelt es sich beim Anlagevermittler um ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, so muss es nach § 64 WpHG dem Privatanleger vor der Anlagevermittlung eine Geeignetheitserklärung übergeben.
Vermittlungsobjekte
Vermittlungsobjekte können alle Arten von Finanzinstrumenten und Finanzprodukten sein. Der Begriff der Finanzinstrumente umfasst nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 11 KWG Geldmarktinstrumente, Devisen, Derivate, Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 VermAnlG (Aktien, partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte), Schuldverschreibungen oder Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB.
Abgrenzungen
Während der Anlagevermittler als Bote der Willenserklärungen der zu vermittelnden Parteien fungiert, gibt der Abschlussvermittler eigene Willenserklärungen als offener Stellvertreter seines Kunden ab. Sobald der Anleger der Mittelsperson Vertretungsmacht eingeräumt hat und die Mittelsperson nicht als Bote auftritt, sondern als Vertreter des Anlegers in dessen Namen eine eigene Willenserklärung abgibt, fällt diese Tätigkeit nicht unter Anlagevermittlung. Die Mittelsperson betreibt vielmehr die Abschlussvermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG) oder Finanzportfolioverwaltung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG). Die Abgrenzung zwischen Anlagevermittlung und Anlageberatung liegt maßgeblich darin, dass letzterer eine Empfehlung zugrunde liegt.
Siehe auch
Einzelnachweise
- BT-Drs. 13/7142 vom 6. März 1997, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften, S. 65
- BaFin, Merkblatt Hinweise zum Tatbestand der Anlagevermittlung, Mai 2011, Gliederungspunkt 1a.
- Herbert Schimansky/Hermann-Josef Bunte/Hans-Jürgen Lwowski-Joachim Siol, Bankrechts-Handbuch, Band I, 2011, § 45, Rn. 2 ff.
- Manuel Lorenz, Churning, 2015, S. 26
- BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013, Az.: III ZR 73/12
- BGH, Urteil vom 22. März 1979, Az.: VII ZR 259/77