Angela Merici
Angela Merici (* 21. März 1474[1] in Desenzano del Garda am Gardasee; † 27. Januar 1540 in Brescia) war die Gründerin der Compagnia di Sant’Orsola, aus der sich der Orden der Ursulinen entwickelte. Angela Merici wird von der katholischen Kirche als Heilige verehrt. Ihr Gedenktag in der Liturgie ist der 27. Januar.
Leben
Jugend
Angelas Vater Giovanni Merici war Landwirt mit Brescianer Bürgerrecht, wahrscheinlich adelig. Die Mutter Caterina stammte aus der angesehenen Familie Biancosi de Bianchi aus Salò. Angela hatte zwei oder drei Brüder und eine Schwester. Sie wuchs in dem Bauernhaus „Le Grezze“ nahe der Stadt auf. Das ländliche Leben prägte ihre Kindheit, die Mithilfe bei den Hausarbeiten und die selbstverständliche Frömmigkeit der Familie. Ohne eigentlichen Unterricht lernte sie lesen. Auch später las sie gern in der Bibel und in den lateinischen Schriften der Kirchenväter.
Als Angela etwa 10 Jahre alt war, starben ihre Eltern, und sie wuchs mit ihrer Schwester bei ihrem Onkel auf. Hier lernte sie das luxuriöse Leben der vornehmen Gesellschaft kennen. Ihr eigener Lebensstil blieb einfach und fromm. Als dann ihre ältere Schwester plötzlich starb, ohne die Sterbesakramente empfangen zu können, bereitete ihr dies heftigen Kummer. In dieser Zeit bat Angela um Aufnahme in den dritten Orden des heiligen Franziskus, wo sie sich der Kindererziehung widmete und als Sr. Angela Tertiaria den grauen Habit und den weißen Schleier der Schwestern des dritten Ordens trug.
Wirken
Im Alter von etwa zwanzig Jahren erkannte Angela Merici, wie ungebildet die Kinder ihrer Heimat aufwuchsen, da es keine Schulen gab. Sie ging daher zurück nach Le Grezze in das ererbte elterliche Haus, wo sie mit einigen Freundinnen eine Kleinkinderschule organisierte. Dies fand so gute Aufnahme, dass die Franziskaner sie 1516 nach Brescia einluden, um dort eine Schule zu gründen. In Brescia lebte sie asketisch und zurückgezogen. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie durch Mithilfe im Haushalt. Ihre Mahlzeiten waren karg, sie aß Obst, Gemüse und Fisch, Fleisch nur, wenn sie krank war, und trank nie Wein. Sie schlief auf einer Strohmatte mit einem Stück Holz als Kopfkissen und verbrachte einen großen Teil der Nacht im Gebet.
Eine Überlieferung berichtet, dass sie in dieser Zeit während der Mittagspause auf dem Feld eine innere Schau gehabt habe, in der sie ihre geliebte Schwester inmitten von Engeln aus dem Himmel herabsteigen sah. Die Prozession sei vor ihr stehengeblieben, und die Schwester habe ihr gesagt, Gott wolle mit ihrer Hilfe eine geistliche Gemeinschaft junger Frauen gründen.
In der vom Krieg zerstörten Stadt lernte sie Armut und Not kennen, vor allem die Not durch moralischen Verfall. Hier begegnete sie auch der neuen Laienbewegung dieser Zeit. Es entstanden fromme Bruderschaften, deren Mitglieder Gebet, christliche Lebensführung und Apostolat verbanden.
Eine solche Bruderschaft gründete 1520 einen Luogo pio, ein Hospiz für Unheilbare, an Syphilis erkrankte Männer und Frauen. Frauen der Brescianer Oberschicht kümmerten sich um Waisenmädchen, um gefährdete junge Frauen und um ehemalige Prostituierte. Angela arbeitete hierbei nicht mit. Um sie sammelte sich aber eine Gruppe junger Männer und Frauen, deren geistiger Mittelpunkt sie war. Sehr viele Menschen holten sich bei ihr Rat. Sie beriet liebenswürdig und klug, so dass ihr Zimmer nie leer war. Ihre besondere Gabe war es, Zerstrittene zu versöhnen.
Pilgerreisen
1524 unternahm sie eine Pilgerfahrt ins Heilige Land. Unterwegs bekam sie eine Augenkrankheit, durch die sie fast erblindete. Sie brach aber die Reise nicht ab, sondern ließ sich zu allen heiligen Stätten führen. Die Rückreise mit dem Schiff verlief gefahrvoll. Mitreisende und Besatzung schrieben es Angelas Gebet zu, dass sie schließlich das Ziel erreichten. Zurück in Venedig, konnte sie wieder sehen. Die Adeligen der Stadt schätzten Angela so sehr, dass sie sie baten, zu bleiben und in den dortigen Luoghi pii mitzuarbeiten. Sie lehnte entschieden ab und brach fluchtartig auf.
Wahrscheinlich im Heiligen Jahr 1525 schloss sich Angela einer Pilgergruppe nach Rom an. Bei einer Privataudienz bat Papst Clemens VII. sie um ihre Mitarbeit bei den karitativen Einrichtungen der Stadt. Aber sie lehnte auch dies ab und kehrte mit dem Segen des Papstes nach Brescia zurück, da sie sich dorthin berufen glaubte.
1529 floh Angela auf Drängen von Freunden, die eine Belagerung Brescias durch die Truppen Karls V. befürchteten, nach Cremona. Auch hier wurde sie von Menschen jeden Standes aufgesucht und um geistliche Hilfe gebeten. In Cremona erkrankte Angela lebensgefährlich, aber zur Überraschung aller erholte sie sich wieder. 1530 war Angela wieder in Brescia. Körperlich war Angela gebrechlich geworden, aber geistig war sie immer noch voller Energie.
Ordensgründung
Ab 1531 sammelte Angela Merici junge Frauen um sich, die zwar ein Leben nach den evangelischen Räten führen und sich ganz dem Dienst am Nächsten widmen, aber nicht in der Klausur eines Klosters leben sollten. Ab 1533 trafen sie sich regelmäßig zu Gebet, Austausch und geistlicher Unterweisung. Am 25. November 1535 gründeten Angela und 28 junge Frauen die Compagnia di Sant’ Orsola, die Gemeinschaft der heiligen Ursula, die 1535 von Papst Paul III. anerkannt wurde.
Für diese Gemeinschaft verfasste Angela Merici mit ihren Mitschwestern eine Regel, die der Bischof von Brescia 1536 bestätigte. 1537 wurde sie zur Generaloberin gewählt. Als sie 1539 schwer erkrankte, diktierte sie ihrem Sekretär und Freund Gabriele Cozzano ihr „Testament“ („Legati“) und die „Gedenkworte“ („Arricordi“) für diejenigen, die die Gemeinschaft nach ihrem Tod leiten würden.
Am Nachmittag des 27. Januar 1540 starb Angela in ihrem Zimmer bei der Kirche Sant’Afra. Am nächsten Tag wurde sie in der Kirche aufgebahrt, bekleidet mit dem Habit der Terziarinnen. Von der Bevölkerung Brescias wurde sie schon kurz nach ihrem Tod als Heilige verehrt. 1768 wurde Angela Merici von der katholischen Kirche seliggesprochen, 1807 erfolgte die Heiligsprechung. Ihre Reliquien befinden sich in einem Kristallsarkophag in der Oberkirche der früheren Kirche Sant’Afra, die später Angela Merici geweiht wurde.
Wenige Jahre nach dem Tode Angela Mericis wandelte sich die Gemeinschaft der Ursulinen in eine klösterliche Lebensform. Die Ursulinen sind der größte Frauenorden, der sich der Erziehung widmet.
Patrozinien
Die römische Kirche Sant’Angela Merici ist der hl. Angela geweiht, das Bischöfliche Mädchengymnasium Angela-Merici-Gymnasium in Trier, die Erzbischöfliche Ursulinenschule in Hersel für Mädchen, das Erzbischöfliche St.-Angela-Gymnasium in Wipperfürth, St.-Angela-Gymnasium in Bad Münstereifel und die Angelaschule in Osnabrück sind ihrem Patrozinium unterstellt.
Literatur
- Friedrich Wilhelm Bautz: Angela Merici. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 172.
- Nicola Raponi: Angela Merici, santa. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 3: Ammirato–Arcoleo. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1961.
- Quellen
- I Ricordi lasciati alle Madri Avvisatrici, il Testamento e la Regola della Compagnia di Sant'Orsola. Editi da A. Cistellini. In: Figure della Riforma pretridentina. Brescia 1948. S. 198 ff. (enthält von den Ordensregeln nur den Prolog).
Weblinks
- Literatur von und über Angela Merici im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Veröffentlichungen zu Angela Merici im Opac der Regesta Imperii
- Eintrag zu Angela Merici auf Orden online
- Föderation deutschsprachiger Ursulinen: Kurzvita, Bibliothek (u. a. mit den Schriften der Angela Merici)
- Leben, Spiritualität und Schriften Angela Mericis (youtube playlist)
Anmerkungen
- Nach Dizionario Biografico degli Italiani, andere Angaben: zwischen 1470 und 1475, vgl. Karl Suso Frank: Angela Merici. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 1. Herder, Freiburg im Breisgau 1993, Sp. 647.