André Thevet
André Thevet (* 1516[1] in Angoulême; † 23. November 1590 in Paris) war ein französischer Forscher und Schriftsteller.
Leben
André Thevet wurde mit zehn Jahren in den Franziskaner-Konvent Angoulêmes aufgenommen. Von religiösen Gefühlen wenig bis gar nicht bewegt, studierte er die Literatur seiner Zeit. Thevet unternahm zur gleichen Zeit wie Guillaume Rondelet (1539) eine Italienreise. Auf vielen Reisen erfüllte er anschließend verschiedenste Aufträge seiner Gönner und Beschützer Franz I., der Familien La Rochefoucauld und Guise.
In Piacenza freundete er sich mit dem Kardinal Jean de Lorraine an. Er unternahm mit dessen finanzieller Unterstützung ab Juni 1549 eine Reise in die Levante. Er besuchte Kreta und die Ägäischen Inseln und verbrachte, ab November 1549, ein gutes Jahr in Konstantinopel. Er traf dort auf die wissenschaftliche und politische Mission des Grafen Gabriel de Luetz (d’Aramon). Möglicherweise betätigte sich Thévet in dieser Zeit auch als Spion für die französische Krone und andere. Bis Alexandria begleitet von Pierre Gilles, verließ er Konstantinopel in Richtung Ägypten über Rhodos[2] und Athen und reiste anschließend nach Palästina. Anfang Mai 1552 verließ er Jerusalem und kehrte über Zypern, Rhodos und Sizilien nach Frankreich zurück. Danach verfasste er mit Hilfe von Assistenten einen Bericht über seine Reise unter dem Titel Cosmographie du Levant (Lyon, 1554).
1555/1556 nahm er als Seelsorger (Aumònier) an der Expedition des Vize-Admirals Villegagnon mit dem Ziel Brasilien teil. Die Expedition sollte die französische Kolonisierung Brasiliens erreichen, endete aber de facto als Forschungsexpedition ohne weitreichende politische Folgen. Man erreicht die Bucht von Guanabara (Rio de Janeiro) am 10. November 1555. Thevet konnte krank nicht von Bord gehen und wurde mit dem nächsten Schiff, zehn Wochen später, Ende Januar 1556 zurück nach Frankreich gebracht.
Er verfasste einen der frühesten Reiseberichte über Brasilien, Les Singularités de la France antarctique (1557). Die darin enthaltenen Beschreibungen der Tupinambá-Indianer, der Tier- und Pflanzenwelt Brasiliens, lokaler Mineralien, Töpferwaren und Waffen, die Thevet im Verlauf der Reise gesammelt hatte, haben (trotz einiger grober Fehler und unglaubwürdiger „Sensationsberichte“) Geschichte gemacht, unter anderem beschrieb er als erster Forscher den Maniok, die Ananas, die Erdnuss und den Tabak (wobei die Erstbeschreibung hier zwischen ihm und Jean Nicot umstritten ist), außerdem den großen Ara, das Faultier und den Tapir.
Thevets herausragend illustrierte Reiseberichte waren ein großer Erfolg. Er wurde Beichtvater (Aumònier) von Katherina von Medici, Königlicher Geograph von vier französischen Königen und erhielt weitere Posten. Er war u. a. für das königliche Kuriositätenkabinett (Völkerkunde- und Naturalienmuseum) in Fontainebleau verantwortlich. Er wurde mit seinem Werk Les Vrais pourtraits et vies des hommes illustres en huit volumes zum Biographen.
Werke
- Cosmographie de Levant. 1554.
- Les singularitez de la France antarctique, autrement nommée Amérique, et de plusieurs terres et isles découvertes de nostre tems. 1557.
- Singolarità della Francia Antarctica. Hg., Anm. und Übers. Giulia Bogliolo Bruna. Diabasis, Reggio Emilia 1997.
- La cosmographie universelle d’André Thevet, illustrée de diverses figures des choses plus remarquables veuës par l’auteur. 1575.
- Les Vrais pourtraits et vies des hommes illustres grecz, latins et payens, recueilliz de leurs tableaux, livres, médalles antiques et modernes. 1584.
- André Thevet’s North America: a Sixteenth Century View. McGill-Queen’s University Press, Kingston 1986.
- Edward Benson (Übersetzer), Roger Schlesinger (Hrsg.): Portraits from the French Renaissance and the Wars of Religion. Pennsylvania State University Press, University Park 2010, ISBN 978-1-931112-98-7.
Einzelnachweise
- Nach Frank Lestringant, Sous la leçon des vents : le monde d’André Thevet, cosmographe de la Renaissance, Presse universitaire de Paris-Sorbonne, 2003, S. 3, nicht 1502 oder 1504, wie früher angenommen, sondern 1516.
- Jean-Pierre Thiollet: Bodream ou rêve de Bodrum. Anagramme ed., 2010, ISBN 978-2-35035-279-4, S. 94.