Ancylus

Die Gattung Ancylus gehört z​ur Familie d​er Tellerschnecken (Planorbidae) u​nd ist e​ine in mehreren Arten i​m Gebiet d​er westlichen Paläarktis i​n Fließgewässern u​nd Seen vorkommende Gattung d​er Süßwasserschnecken. Sie i​st durch e​ine mützen- o​der napfförmige Schale ausgezeichnet u​nd misst adult maximal e​twa 11 m​m Schalenlänge.

Ancylus

Flussmützenschnecke (Ancylus fluviatilis)

Systematik
Klasse: Schnecken (Gastropoda)
Ordnung: Lungenschnecken (Pulmonata)
Unterordnung: Wasserlungenschnecken (Basommatophora)
Familie: Tellerschnecken (Planorbidae)
Gattung: Ancylus
Wissenschaftlicher Name
Ancylus
O. F. Müller, 1774

Die Gattung Ancylus w​ar die namengebende Gattung für d​ie inzwischen a​ls systematische Kategorie aufgelöste[1] Familie d​er Ancylidae (ehemalige „Familie d​er Flussmützenschnecken“). Die m​it Abstand bekannteste Art d​er Gattung i​st die Flussmützenschnecke Ancylus fluviatilis, d​ie als einzige a​uch in Mitteleuropa verbreitet ist. Die übrigen Vertreter d​er Gattung u​nd auch d​ie Gattung Ancylus selbst tragen k​eine traditionellen deutschen Namen.

Biologie

Mit Abstand a​m besten untersucht i​st die Biologie d​er Art Ancylus fluviatilis.

Verbreitung

Die Gattung Ancylus i​st mehr o​der weniger kontinuierlich über w​eite Teile Europas (einschließlich einiger Atlantikinseln) b​is zum Kaspischen Meer u​nd zur transkaukasischen Region,[2] i​n einigen Gebieten Nord- u​nd Nordostafrikas[3] s​owie in einigen isolierten Gebieten i​n Südarabien u​nd Turkestan verbreitet.

Der Ancylussee (ein ehemaliger Süßwassersee a​ls Vorgängerstadium d​er heutigen Ostsee) h​at seinen Namen n​ach dem fossil häufigen Vorkommen d​er Art Ancylus fluviatilis.

Systematik

Die äußere Systematik i​st unter Planorbidae erläutert. Danach i​st Ancylus n​ach derzeitiger Erkenntnis e​in monophyletisches Taxon u​nd gehört zusammen m​it weiteren Gattungen (Ferrissia, Gundlachia, Laevapex, Hebetancylus) z​ur Tribus Ancylini.

Die innere Systematik d​er Gattung Ancylus u​nd auch d​ie Abgrenzung gegenüber anderen Gattungen i​st trotz vieler morphologischer u​nd molekulargenetischer Untersuchungen n​och nicht gesamthaft gelöst. Vor a​llem im 19. u​nd 20. Jahrhundert s​ind weit über 100 unterschiedliche Namen a​n die verschiedenen Formen dieser äußerlich s​ehr variablen Gattung vergeben worden, d​ie aber s​eit der morphologisch-taxonomischen Revision v​on Hubendick (1970) a​ls kontinuierlich ineinander übergehende Formengruppe bezeichnet werden. Molekulargenetische Untersuchungen zeigten, d​ass auch innerhalb d​er (bislang vermeintlich einheitlichen) Art Ancylus fluviatilis mindestens v​ier hoch divergente genetische Linien z​u finden sind, d​ie auf Basis d​er genetischen Distanzen e​inen jeweils eigenen Artstatus h​aben müssen,[4] allerdings nomenklatorisch bislang n​icht benannt sind.

Die folgende Einteilung i​n sieben Arten f​olgt weitgehend e​iner traditionellen Konzeption u​nd ist e​rst partiell molekulargenetisch überprüft. Drei d​er Arten l​eben endemisch i​m Ohridsee a​uf der Balkanhalbinsel. Deren molekulargenetische Stellung untereinander u​nd zu anderen Arten d​er Gattung Ancylus i​st näher analysiert worden: Danach i​st die Abspaltung v​on den übrigen Arten v​or über z​wei Millionen Jahren erfolgt.[5] Zwei weitere Arten l​eben endemisch a​uf den atlantischen Inseln d​er Azoren u​nd Madeira; w​ie lange d​eren Abspaltung v​on den übrigen Ancylus-Arten zurückliegt, i​st noch unbekannt.

  • Ancylus aduncus A.A.Gould, 1847, eine auf Madeira endemische Art
  • Ancylus fluviatilis O. F. Müller, 1774, die (Gemeine) Flussmützenschnecke, die über weite Teile Europas und auch angrenzender Gebiete (Marokko, Hoggar-Gebirge, Tunesien, Jemen und westliches Saudi-Arabien) verbreitet ist. Diese morphologisch und wohl auch ökophysiologisch vielgestaltige „Art“ ist als Artengruppe zu interpretieren, die nach molekulargenetischen Untersuchungen allein im europäischen Verbreitungsbereich aus mindestens vier deutlich getrennten Arten zusammengesetzt ist.
  • Ancylus lapicidus Hubendick, 1960, eine im Ohridsee lebende endemische Art
  • Ancylus regularis Brown, 1973, eine im Hochland von Äthiopien bis über 2000 m über Meer vorkommende Art[6]
  • Ancylus scalariformis Stankovic & Radoman, 1953, eine im Ohridsee lebende endemische Art
  • Ancylus striatus Quoy & Gaimard, 1834, eine auf den Azoren lebende endemische Art
  • Ancylus tapirulus Polinski, 1929, eine im Ohridsee lebende endemische Art.

Einzelnachweise

  1. Albrecht, C., Kuhn, K., Streit, B.: A molecular phylogeny of Planorboidea (Gastropoda, Pulmonata): Insights from enhanced taxon sampling. Zoologica Scripta 36: 27–39 (2007).
  2. Soldatenko, E.V., Starobogatov, Y.I.: Genus Ancylus Müller, 1774 (Gastropoda, Planorbidae). Ruthenica 14: 37-56 (2004)
  3. Hubendick, B.: Studies on Ancylidae, the Palearctic and Oriental species and formgroups. In: Acta Zool. 5: 5-52 (1970)
  4. Pfenninger, M., Staubach, S., Albrecht, C., Streit, B, Schwenk, K.: Ecological and morphological differentiation among cryptic evolutionary lineages in freshwater limpets of the nominal form-group Ancylus fluviatilis (O.F. Müller, 1774). Mol. Ecol. 12, 2731–2745 (2003)
  5. Albrecht, C., Trajanovski, S., Kuhn, K., Streit, B., Wilke, T.: Rapid evolution of an ancient lake species flock: Freshwater limpets (Gastropoda: Ancylidae) in the Balkan lake Ohrid. - Organisms, Diversity & Evolution 6: 294-307 (2006)
  6. David S. Brown: Fresh Water Snails of Africa and their Medical Importance. 2nd ed., Taylor & Francis 1994.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.