Ananas (Gattung)
Ananas ist eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Bromeliengewächse (Bromeliaceae). Die bekannteste Art, die Ananas (Ananas comosus), ist eine wichtige Obstpflanze. Daneben werden andere Arten und Sorten aufgrund ihrer Laubblätter und dekorativen Früchte als Zierpflanzen kultiviert.
Ananas | ||||||||||||
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Ananas 'Tricolor' | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Ananas | ||||||||||||
Mill. |
Beschreibung
Die Ananas-Arten sind bodenbewohnende (terrestrische), ausdauernde, krautige Pflanzen. Die Sprossachse ist gestaucht, dadurch ist die Pflanze stammlos bis nur einen kurzen Stamm bildend, und die Blätter stehen in dichten Rosetten, die Durchmesser von bis zu 2 Metern erreichen. Die derben, zurückgebogenen Laubblätter sind bis zu 80 Zentimeter lang und haben kaum Saugschuppen (vergleiche andere Bromeliengattungen). Die Blattscheiden sind kaum vergrößert. Die Blattspreite ist am Rand dornig gezähnt.
Der kurze bis verlängerte, meist aufrechte Blütenstandsschaft ist mit stacheligen Hochblättern besetzt. Der Blütenstand ist ährig und kugelig bis zapfenförmig. An der Spitze des Blütenstandes steht ein Schopf von sterilen, laubblattartigen Brakteen. Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und dreizählig mit doppelter Blütenhülle. Die drei Kelchblätter sind frei. Jedes der drei freien Kronblätter trägt innen zwei trichterförmige, zarte Schuppen (Lupe!) und ist blau, purpurfarben oder weiß. Drei Fruchtblätter sind zu einem unterständigen Fruchtknoten verwachsen.
Die Beeren, die Tragblätter der Blüten und die Blütenstandsachse verwachsen zu einem fleischigen Fruchtstand. Die kleinen (2 bis 3 Millimeter), dicken, eiförmigen Samen sind braun bis schwarz und haben keine Anhängsel. Kulturananas bilden keine Samen und werden daher als kenokarp (leerfrüchtig) bezeichnet. Die Vermehrung erfolgt deshalb vegetativ über Kindel oder Bewurzelung der Blattschöpfe.
Etymologie
Der Name Ananas stammt aus dem Guaraní ananá, naná, nanas mit der Bedeutung Ananas. Die erste schriftliche Überlieferung stammt von André Thevenet 1555.[1]
In Österreich und im süddeutschen Raum werden bzw. wurden die besonders großfruchtigen Zuchtformen der Erdbeere auch als „Ananas“ bezeichnet, um sie von der Walderdbeere zu unterscheiden, während die richtige Ananas im Zuge dessen als Hawaii-Ananas bezeichnet wird.
Systematik
Die Gattung Ananas wurde 1754 durch Philip Miller aufgestellt. Ein Synonym für Ananas Mill. ist Ananassa Lindl.[2]
Klassische Einteilung
Wie u. a. die Bromelienliste des Bromelienspezialisten Harry E. Luther (The Marie Selby Botanical Gardens Sarasota, Florida, USA) von 2008 zeigt, werden die Arten der Gattung Ananas (vgl. Smith und Downs, 1979) klassischerweise aufgrund ihrer Morphologie in bis zu acht Arten und 2 Varietäten aufgeteilt, darunter: Ananas ananassoides (Baker) L.B. Smith, Ananas bracteatus (Lindley) Schultes f. (mit der Varietät A. bracteatus var. tricolor (Bertoni) L.B. Smith), Ananas comosus (Linnaeus) Merrill (mit der Varietät A. comosus var. variegatus (E. Lowe) Moldenke), Ananas fritzmuelleri Camargo, Ananas lucidus Miller, Ananas nanus (L.B. Smith) L.B. Smith, Ananas parguazensis Camargo & L.B. Smith.[3][4] Die Gattung Ananas bildete seitdem gemäß beschriebener systematischen Einteilung dabei eine eigene Gattung ohne die Gattung Pseudananas mit Pseudananas sagenarius als einzige Art. Die Art Ananas monstrosus, die bei Givnish und Downs (1979) noch vertreten war, wurde bereits durch Leal (1990) ausgeschlossen.[5]
Problematik der Kulturpflanze und unterschiedliche Ansätze
Coppens d’Eeckenbrugge und Leal interpretierten bereits 2003 in The pineapple: botany, production and uses aus ihren Ergebnissen heraus, dass die Gattungen Ananas und Pseudananas zu einer einzigen zusammengelegt werden müssten und so ergaben sich erste Ansätze, die klassische Einteilung nach Smith und Downs (1979) zu modifizieren.[6] Zum Ziel der Änderungen gehörten die Umbenennung von P. sagenarius in Ananas macrodontes, von A. ananassoides und A. nanus jeweils in A. comosus var. ananassoides, von A. lucidus in A. comosus var. erectifolius, von A. parguazensis in A. comosus var. parguazensis sowie von A. comosus in A. comosus var. comosus. Der o. g. ungültige Status von A. monstrosus gemäß Leal (1990) wurde akzeptiert, sodass die Art als Sorte von A. comosus beschrieben wurde.[6]
Nachdem die Arbeitsgruppe Butcher und Gouda (2014) den damals aktuellen Forschungsstand hinsichtlich der Gattung Ananas betrachtet hatten, schlussfolgerten sie, dass alle botanischen Beschreibungen der Ananas-Arten mithilfe von Exemplaren kultivierter Pflanzen durchgeführt worden waren. Eine Ausnahme vermuteten sie dabei bei den Arten A. ananassoides, A. parguazensis sowie A. macrodontes, da diese anders als beispielsweise Ananas comosus nicht auf Grund ihrer essbaren Früchte kultiviert und so wohl kaum eine Selektion unterlägen, die sie von ihren natürlichen Populationen unterscheiden würde. Butcher und Gouda (2014) bezeichneten die Art Ananas comosus (L.) Merr. als eine durch Menschen erzeugte Kulturform, die deshalb nach der Nomenklatur der ICNCP (International Code for Nomenclature of Cultivated plants) nicht die Typusart sein könne. Deshalb schlug die Forschergruppe vor, A. ananassoides (Baker) L.B.Sm. als Typusart festzulegen, da sie die erstbeschriebene Art sei. Es wurde ein neuer Typus (Lectotypus) festgelegt. Die beiden anderen Arten A. sagenaria Schult. f. und A. parguazensis Camargo & L.B.Sm. wurden später 1830 bzw. 1968 erstbeschrieben.[5]
Alle anderen früheren Arten sollen gemäß Butcher und Gouda (2014) Kulturformen sein und müssten entsprechend unter Berücksichtigung des ICNCP unter dem neuen Status einer pflanzlichen Sorte neu benannt werden (Ananas 'Bracteatus', Ananas 'Comosus', Ananas 'Erectifolius', Ananas 'Lucidus' etc.).[5]
Die interspezifische sowie infraspezifische Verwandtschaft der Ananas innerhalb der Bromeliengewächse ist auch heute noch ein nicht abgeschlossener Gegenstand der aktuellen Forschung, bei der nicht nur morphologische, sondern auch molekulare Merkmale zu Rate gezogen werden. Je nach Autor in der Gattung Ananas werden bis zu acht Arten unterschieden und die nähere Verwandtschaft der Ananas-Arten und Pseudananas sagenarius unterstützt,[7][8] gemäß Butcher und Gouda (2014) werden neben A. comosus (L.) Merr. nur drei Ananas-Arten wie folgt anerkannt:[5][2]
- A. ananassoides (Baker) L.B.Sm.; Syn.: Acanthostachys ananassoides Baker mit zwei Varietäten:[2]
- A. ananassoides (Baker) L.B.Sm. var. ananassoides; Syn.: A. microstachys var. typicus Camargo, A. microstachys Lindm., A. sativus var. microstachys Mez, A. comosus sensu Mez non (L.) Merr., A. guaraniticus Bertoni, A. comosus var. microstachys (Mez) L.B.Sm., A. ananassoides var. typicus L.B.Sm.[2]
- A. ananassoides var. nanus L.B.Sm.; Syn.: A. nanus (L.B.Sm.) L.B.Sm.:
- A. parguazensis Camargo & L.B.Sm.; Syn.: A. ananassoides sensu L.B.Sm. non (Baker) L.B.Sm.[2]
- A. sagenaria (Arruda) Schult. & Schult. f.; Syn.: Ananas macrodontes E.Morren, Pseudananas sagenarius (Arruda) Camargo
Verbreitung und Nutzung
Wildpflanzen
Die Gattung Ananas ist als Wildpflanze in Südamerika verbreitet. Gemäß Butcher und Gouda (2014) ist die Art A. ananassoides in Höhenlagen von 0 bis 1000 Metern in Paraguay, Brasilien und Argentinien verbreitet. Sie gedeiht eher an offenen und trockeneren Standorten im Vergleich zu den anderen Arten. A. ananassoides var. nanus (syn.: A. nanus) gedeiht in mehr oder weniger lichten Wäldern in Höhenlagen von bis zu 1000 Metern in Surinam sowie Brasilien.[2] Sie ist mit Wuchshöhen von maximal 20 Zentimetern eine kleinwüchsige sowie wenigblütige Art und wird als robuste Zierpflanze genutzt.[5] A. parguazensis wächst an relativ feuchten Standorten in Höhenlagen von 45 bis 1200 Metern in den Ländern Kolumbien, Venezuela, Guyana, Surinam sowie Brasilien.[2]
Kulturpflanzen
In Kultur werden einige Sorten der Art Ananas (Ananas 'Comosus') in fast allen tropischen Gebieten der Erde angebaut. Sie ist eine wichtige Obstpflanze (siehe dort). Daneben wird sie sowie andere Arten und deren Sorten aufgrund ihrer Laubblätter und dekorativen Früchte als Zierpflanzen kultiviert. Die Laubblätter der Ananas 'Lucidus' sind am Rand nicht bewehrt und sie werden als Faserpflanze genutzt.
Belege und weiterführende Informationen
Literatur
- Derek Butcher, Eric J. Gouda: Most Ananas are Cultivars. In: Bromeliaceae, Journal of the Bromeliad Society of Queensland Inc., 48 (1), 2014, S. 14–16.
- Werner Rauh: Bromelien – Tillandsien und andere kulturwürdige Bromelien. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1990, ISBN 3-8001-6371-3.
- Wei-liang Ma, Bruce Bartholomew: Die Gattung Ananas Miller. S. 18 – textgleich online wie gedrucktes Werk. In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China, Volume 24: Flagellariaceae through Marantaceae, Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis, 24, 2000, S. 18 ISBN 0-915279-83-5 (Abschnitt Beschreibung) (Online PDF; 30,5 kB).
- Freddy Leal, George Coppens d'Eeckenbrugge, Bruce K. Holst: Taxonomy of the genera Ananas and Pseudananas – a historical review. In: Selbyana, 19 (2), 1998, S. 227–235. JSTOR 41759992
- M. F. Duval, G. S. C. Buso, F. R. Ferreira, J. L. Noyer, George Coppens d’Eeckenbrugge, P. Hamon, M. E. Ferreira: Relationships in Ananas and other related genera using chloroplast DNA restriction site variation. In: Genome 46, 2003, S. 990–1004. doi:10.1139/G03-074
- George Coppens d'Eeckenbrugge, Freddy Leal: Morphology, Anatomy and Taxonomy. In: Bartholomew et al.: The Pineapple: Botany, Production and Uses, 2003, S. 13–32.
Einzelnachweise
- Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Birkhäuser, Basel/Boston/Berlin 1996, ISBN 3-7643-2390-6 (Nachdruck ISBN 3-937872-16-7).
- Eric J. Gouda, D. Butcher, C.S. Gouda (kontinuierlich aktualisiert): Encyclopaedia of Bromeliads. ("Ananas" unter Species Index.) Version 4. Botanischer Garten der Universität, Utrecht (Online). (Aufgerufen am 09-Juni-2018.)
- L.B. Smith, R.J. Downs: Bromelioideae (Bromeliaceae). In: Flora Neotropica. Band 14, Nr. 3. Hafner Press, New York 1979, S. 1493–2142.
- Harry E. Luther: An Alphabetical List of Bromeliad Binomials, 2008 in The Marie Selby Botanical Gardens, Sarasota, Florida, USA. Veröffentlicht durch The Bromeliad Society International.
- Derek Butcher, Eric J. Gouda: Most Ananas are Cultivars. In: Bromeliaceae, Journal of the Bromeliad Society of Queensland Inc., 48 (1), 2014, S. 14–16.
- G. Coppens d'Eeckenbrugge, F. Leal: Morphology, anatomy and taxonomy. In: D. Bartholomew et al. (Hrsg.): The pineapple: botany, production and uses. Pineapple prod. uses. 2003, S. 13–33.
- Sabine Matuszak-Renger, Juraj Paule, Sascha Heller, Elton M. C. Leme, Gerardo M. Steinbeisser, Michael H. J. Barfuss, Georg Zizka: Phylogenetic relationships among Ananas and related taxa (Bromelioideae, Bromeliaceae) based on nuclear, plastid and AFLP data. In: Plant Systematics and Evolution. 3. Mai 2018, ISSN 0378-2697, doi:10.1007/s00606-018-1514-3 (springer.com [abgerufen am 9. Juni 2018]).
- Ananas im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.