Altdeutsche Schule
Altdeutsche Schule ist die Bezeichnung für eine Richtung bzw. einen Stil der Schachkomposition ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, die bzw. der fast ausschließlich auf Kontinentaleuropa beschränkt blieb.[1] Sie diente als eine von Johannes Kohtz und Carl Kockelkorn eingeführte begriffliche Abgrenzung zur Neudeutschen Schule.[2] Hauptvertreter dieser Problemschule war der österreichische Schachtheoretiker und -komponist Prof. Johann N. Berger.
Als weitere führende Vertreter dieser Richtung gelten u. a. M. Philipp F. von Klett, Dr. Conrad Bayer sowie Maximilian Feigl und Franz Schrüfer (aus dem deutsch-österreichischen Raum), ferner Karl L. Jesper Jespersen (Dänemark), Émile L. Pradignat (Frankreich) und Valentí Marín i Llovet (Spanien).
Charakteristiken der Kompositionsrichtung
Deren (bezeichnenderweise mehrzügige) Schachprobleme sind gekennzeichnet durch:[3]
- ein verstecktes, schwieriges, mit stillen Zügen (Rätsel-Charakter) und mit Opfern ausgestattetes Hauptspiel, das i. d. R. mit Modellmatt (Mustermatt), aber zumindest mit reinem Matt endet (Ideen-Spiele) und
- ein oft weit verzweigtes, das Hauptspiel zudeckendes Variantennetz (Abspielvielfalt).
Wesentliche Stilelemente dieser Richtung hat Prof. Johann N. Berger in „Kunstgesetzen“ kodifiziert.[4] Für verpönt erklärte er etwa Schachgebote und Schlagfälle, insbesondere im Schlüsselzug.
Kompositionsbeispiele
Die folgenden Beispiele sind aus Karl-Heinz Siehndels Darstellung der altdeutschen Schule übernommen.[5]
Turnier des Westdt. Schachbundes 1863
1. Preis
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8 | 8 | ||||||||
7 | 7 | ||||||||
6 | 6 | ||||||||
5 | 5 | ||||||||
4 | 4 | ||||||||
3 | 3 | ||||||||
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1 | 1 | ||||||||
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Lösung: |
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Varianten: |
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Derartige Aufgaben sind nur schwer zu erfassen und erfordern zum Lösen sehr viel Geduld und Zeit, da eine große Zahl von Nebenvarianten zu berücksichtigen ist. Bei den mehrzügigen Aufgaben dominiert zumindest im deutschsprachigen Raum bereits seit den 1920er Jahren die neudeutsche Kompositionsschule, begründet durch Johannes Kohtz und Carl Kockelkorn, deren Kern eine scharf ausgeprägte logische Idee ist.
Kohtz und Kockelkorn hatten jedoch zunächst ebenfalls im altdeutschen Stil komponiert, wie das folgende Beispiel zeigt:
Carl Kockelkorn
(4596) Deutsche Schachzeitung 10/1879
Turnier des Deutschen Schachbundes 1879
1. Sendungspreis
Gewidmet M. Philipp F. von Klett
a | b | c | d | e | f | g | h | ||
8 | 8 | ||||||||
7 | 7 | ||||||||
6 | 6 | ||||||||
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4 | 4 | ||||||||
3 | 3 | ||||||||
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Lösung: |
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Varianten: |
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Die folgende Aufgabe von M. Philipp F. von Klett, ebenfalls der altdeutschen Schule zuzurechnen, zeigt hohe Materialökonomie bei der Variantenbildung.
Münchner Neueste Nachrichten
27. August 1899
a | b | c | d | e | f | g | h | ||
8 | 8 | ||||||||
7 | 7 | ||||||||
6 | 6 | ||||||||
5 | 5 | ||||||||
4 | 4 | ||||||||
3 | 3 | ||||||||
2 | 2 | ||||||||
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Lösung: |
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Varianten: |
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Literatur
- Herbert Grasemann: Eines Reverends Einfall, der Geschichte machte. Das neudeutsche Schachproblem: Ursprung, Grundlagen, Grundbegriffe. Selbstverlag, Berlin 1981.
- Karl-Heinz Siehndel: Die altdeutsche Problemschule. In: Fritz Hoffmann, Günter Schiller, Karl-Heinz Siehndel, Manfred Zucker: Problemschach: 407 Aufgaben und Studien. Sportverlag, Berlin 1987, S. 36–39.
Weblinks
- Schachkompositionen von Otto Fuß auf pdb.dieschwalbe.de
Einzelnachweise
- Manfred van Fondern: Lexikon für Schachfreunde. Verlag C. J. Bucher, Luzern und Frankfurt/M. 1980, ISBN 3-7658-0308-1, S. 14.
- Johannes Kohtz und Carl Kockelkorn: Das Indische Problem – Eine Schach-Studie. Schachverlag Hans Hedwigs Nachf. Curt Ronniger, Leipzig 1903.
- Fritz Hoffmann: Tausend Jahre Schachprobleme. In: Hans Ellinger (Hrsg.): Tübinger Beiträge zum Thema Schach. Bd. 4, Promos-Verlag, Pfullingen 2000, ISBN 3-88502-021-1, S. 38–40.
- Johann Berger: Das Schachproblem und dessen kunstgerechte Darstellung. Ein Leitfaden für Problemfreunde. Veit und Comp., Leipzig 1884.
- In Karl-Heinz Siehndel (Gesamtredaktion): Problemschach: 407 Aufgaben und Studien, Sportverlag, Berlin 1987, Kapitel „Historische Entwicklung des Problemschachs“, S. 36–39.