Aloys Bossy
Aloïs Bossy (* 7. November 1844 in Givisiez; † 12. März 1913 in Vevey) war ein Schweizer Politiker und Staatsrat des Kantons Freiburg.
Er war katholisch und von Givisiez und Avry-sur-Matran. Seine Eltern waren François Bossy, ein wohlhabender Landwirt und Grundbesitzer, dem das grosse Gut La Chassotte in Givisiez gehörte, und Marguerite geb. Vorlet. Er heiratete Hermine-Marie Bucher, von Escholzmatt (LU).
Aloïs Bossy besuchte die Primarschule in Givisiez und das Kollegium St. Michael. Nach der Matura vervollkommnete er seine Deutschkenntnisse in Stuttgart. Anschliessend war er zunächst Aufseher (1867–1868) und dann Lehrer (1868–1878) am Kollegium St. Michael.
Bei den Konservativen aktiv und von Alphonse Théraulaz gedrängt, der die überzeugte Rechte zufriedenstellen wollte, wurde er zum Oberamtmann des Vivisbachbezirks ernannt und leitete diesen Bezirk von 1878 bis 1880. Am 14. Mai 1880 wurde er mit 46 von 86 Stimmen als Nachfolger Théraulaz’ in den Staatsrat gewählt. Er war ebenfalls Grossrat (1881–1906), Ständerat (1884–1898) und Nationalrat (1898–1908). Im Staatsrat saß er von 1880 bis 1906, zuerst als Direktor des Innern (1880–1902), dann als Direktor des Innern, der Landwirtschaft und der Statistik (1902–1906). Als Volkswirtschaftsdirektor unter Georges Python entwickelte er die beiden Prioritäten der Regierung: die Landwirtschaft und die auf die kantonalen Rohstoffe – Holz, Milch und Wasserkraft – begründete Industrie. Was die Landwirtschaft betraf, stützte er sich auf die Ratschläge des Landwirtschaftsingenieurs Antonin Berset und entwarf ein Programm, das auf eine bessere Ausbildung der Bauern und die Qualität des Viehs und der Milchprodukte setzte. Zu seinen Realisierungen gehörten die milchwirtschaftliche Station (1887), die Musterkäserei in Hauterive (1888), das Labor für Agrarchemie (1888), Gesetze zur Verbesserung der Viehzucht (1884, 1888, 1891, 1892 und 1897) und Versicherungen gegen die Sterblichkeit des Viehbestands (1888 und 1899). Mit Erfolg lancierte Bossy die Kartonagefabrik und die Korbflechtschule L’Industrielle. Er förderte das Gewerbemuseum für den Berufsunterricht (1888), die Berufskurse (1900), die Lehren (1900) und das Technikum (Gewerbeschule, 1903).
Bossy präsidierte die Landwirtschafts- und die Gewerbeschule und gehörte dem Verwaltungsrat der Gewerbeschule an. Zahlreiche landwirtschaftliche Vereine und Genossenschaften wurden von ihm ins Leben gerufen. Diese insgesamt ausgezeichnete Bilanz wird getrübt durch Bossys private Geschäftemacherei mit dem falschen russischen Baron Gérard (de) Smirnoff. Zunächst war Bossy in eine Affäre verwickelt, in der das Pensionat La Chassotte um 50 000 Franken betrogen wurde. Er zahlte den Betrag zurück auf Veranlassung Pythons, der die Schwestern dieser Institution bewegte, ihre Klage zurückzuziehen. Bossy wurde mit einem schlechten Ergebnis zum Staatsratspräsidenten gewählt; der Anwalt der Schwestern, der Freiburger Stadtammann Ernest de Weck, hatte keine Mühe, einige der konservativen Grossräte gegen Bossy aufzubringen. Anschliessend war er in einen schmutzigen Fondstransfer zwischen Bern und Freiburg verstrickt: 137 000 Franken veruntreut zum Nachteil der Kinder aus Smirnoffs erster Ehe, wobei Bossy als provisorischer Vormund dieser Kinder in Freiburg den Betrug deckte. Vergeblich versuchte er, Smirnoff aus der Schweiz herauszuschleusen. Der Kanton Bern verlangte zweimal eine Auslieferung Bossys, der im Februar 1906 einen dreimonatigen Krankheitsurlaub nahm. Von seinen Kollegen wurde er zum Rücktritt gedrängt (1. und 2. Mai 1906). Der Staatsrat lehnte Bossys Auslieferung ab, da dieser zusammen mit Smirnoff in Freiburg vor Gericht gestellt würde. Fast löste Bossys Sturz eine Regierungskrise aus, doch Python war geschickt genug, um das politische Spiel mit einem Angebot an die freisinnige Minderheit zu eröffnen, die je einen Sitz im Staatsrat (Weissenbach), im Kantonsgericht (Uldry) und im Verwaltungsrat der Staatsbank (Liechti) erhielt.
Bossy zog sich auf sein Anwesen La Chassotte zurück, das ihm und seiner Schwester Antoinette in ungeteilter Erbengemeinschaft gehörte. Um Gras über die Affäre wachsen zu lassen, hielt er sich häufig in Luzern und Vevey auf. Dort starb er am 12. März 1913 im Alter von 69 Jahren an einem Herzanfall.
Literatur
- Georges Andrey, John Clerc, Jean-Pierre Dorand et Nicolas Gex: Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011. Geschichte, Organisation, Mitglieder. Editions La Sarine, Freiburg 2012, ISBN 978-2-88355-153-4.