Allgemeine Witwenverpflegungsanstalt

Die Allgemeine Witwenverpflegungsanstalt w​ar eine v​on 1775 b​is 1882 existierende preußische Versicherungsanstalt z​ur Zahlung v​on Witwenrente (Witwengeld) bzw. Waisenrente (Waisengeld). Sie w​urde 1775 u​nter dem Namen Königlich Preußische Allgemeine Wittwen-Verpflegungs-Anstalt[1] a​ls Personalkörperschaft s​omit unter Landesgarantie gegründet u​nd stand erstmals a​uch Privatpersonen offen.[2] Ihre Satzung w​ar das Reglement für d​ie Kgl. preuß. allgemeine Witwenverpflegungsanstalt v​om 28. Dezember 1775.

Sie verdrängte d​ie bereits 1773 gegründete Berliner Pensionsanstalt für Witwen, d​ie jedoch n​ur preußischen Zivilbeamten offenstand u​nd anstatt fester Pensionen a​n die Witwen n​ur Jahrüberschüsse aufgeteilt a​n die Witwen auszahlte.[2] Während d​es Vierten Koalitionskrieges 1806 b​rach die Allgemeine Witwenverpflegungsanstalt zusammen u​nd wurde 1816 reorganisiert. Im Zuge d​er Reorganisation w​urde der Zugang a​uf die preußischen Beamten eingeschränkt, für preußische Offiziere g​ab es bereits d​ie Offizierswitwenkasse v​on 1792.[3] Seit 1817 bestand für preußische Staatsdiener Beitrittszwang[2], d​er bis 1882 Bestand hatte. 1882 w​urde die Allgemeine Witwenverpflegungsanstalt aufgrund d​es Gesetz v​om 20. Mai 1882 geschlossen u​nd der preußische Staat übernahm d​ie Hinterbliebenenversorgung direkt.[4]
Die Generaldirektion d​er Allgemeinen Witwenverpflegungsanstalt g​alt als e​in Ressort d​es preußischen Finanzministeriums[5].

Dienstsitze

Witwenverpflegungsanstalt in der Behrenstraße um 1835

1788 begann d​er Bau e​ines Dienstgebäudes für d​ie Witwenverpflegungsanstalt i​n der Behrenstraße 41 n​ach Plänen u​nd unter Leitung d​es Ober-Hofbaurats Conrad Friedrich Wilhelm Titel (1754–1840). Der Bau w​urde nach mehrfachen Unterbrechungen 1794 fertig gestellt[6]. Das Gebäude w​ar dann Sitz d​er Witwenverpflegungsanstalt b​is 1822 u​nd diente danach d​em preußischen Innenminister Friedrich v​on Schuckmann a​ls Wohnsitz. Die Direktion d​er Witwenverpflegungsanstalt h​atte von 1823 b​is 1829 i​hren Sitz a​m Molkenmarkt 3 (Palais Schwerin), v​on 1830 b​is 1854 i​n der Schützenstraße 7 u​nd von 1855 b​is 1882 i​n der Taubenstraße 29[7]. Ab 1885 w​urde das Gebäude i​n der Behrenstraße v​on der Staatsbibliothek genutzt u​nd im 2. Weltkrieg zerstört. Der i​n den 1960er Jahren errichtete Neubau w​ird heute v​om Studentenwerk Berlin genutzt.

Direktoren und Vorsitzende

Direktoren

  • 1775–1784: Friedrich Christian Hieronymus von Voß war erster Direktor der königlichen Allgemeinen Witwenverpflegungsanstalt und Generaldirektor der kur- und neumärkischen Landfeuersozietät und erster Deputierter der kurmärkischen Landschaft[8]
  • 1786–1790: Alexander Friedrich George Graf Schulenburg-Blumenberg, Staatsminister beim Generaldirektorium zuständig für die Seehandlungskompagnie, die Banksachen, die Witwenverpflegungsanstalt und -kasse sowie die Tabakadministration[9]
  • 1814–1832: Johann Stephan Gottfried Büsching als Oberbürgermeister von Berlin vom Februar 1814 bis März 1832 war er gleichzeitig Direktor der Allgemeinen Witwenverpflegungsanstalt und der Offizierswitwenkasse[10]
  • 1869 wurde Direktor der allgemeinen Witwenverpflegungsanstalt - Iobann Gustav Rudolf Meinecke, Unterstaatssekretär im preuß. Finanzministerium, geb. 24. August 1817 zu Köslin[11]

Vorsitzende

Pfarrer und Kirchenbeamte

Pfarrer u​nd Kirchenbeamte hatten ebenso d​as Recht d​er Allgemeinen Witwenverpflegungsanstalt beizutreten.[12]

Beiträge und Auszahlungen

  • Der Beitrag sollte 20 % des Gehaltes des Mannes betragen so forderte es die Satzung der Witwenverpflegungsanstalt.[13]
  • Die Erlaubnis zur Ehe konnte an den Einkauf in die Witwenverpflegungsanstalt für die zukünftige Gattin gebunden sein. Die Möglichkeit des Einkaufs war jedoch auch vom Alter der Frau abhängig.[14]
  • »Der Vater darf für seine ledige Tochter, der Bruder für die Schwester etc., jede ledige oder verheiratete Mannsperson für die ledige Weibsperson eine Pension versichern lassen, ja sie kann sich selber eine Mannsperson wählen, auf deren Tod die Versicherung gestellet wird. - Beide werden als Eheleute angesehen, und sie behält wie eine wahre Witwe bei der Heirat die Hälfte.« Reglement für die Kgl. preuß. allgemeine Witwenverpflegungsanstalt vom 28. Dezember 1775. § 29[15]
  • Die Witwenverpflegungsanstalt zahlte im ersten Jahr nach Einkauf noch keine Pension aus, im zweiten Jahr die Hälfte und im dritten Jahr erst den vollen versicherten Beitrag.[16]

Quellen

  1. Schlözer's Stats-Anzeigen Heft LXXI
  2. Retrobibliothek - Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Band 16 von Uralsk bis Zz, Seite 706
  3. Eberhard Weis, Elisabeth Müller-Luckner: Reformen im rheinbündischen Deutschland, Oldenbourg Wissenschaftsverlag 1984, Seite 186, ISBN 348651671X
  4. Oliver Janz: Bürger besonderer Art: Evangelische Pfarrer in Preussen 1850-1914, Walter de Gruyter 1994, Seite 393, ISBN 311014140X
  5. Retrobibliothek - Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, 6. Band: Faidit - Gehilfe, Seite 266
  6. Richard Borrmann, P. Clauswitz: Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1893, S. 134
  7. Berliner Adressbücher
  8. Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyklopädie, oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus und Landwirtschaft, 1788, letzter Absatz S. 160.
  9. www.berliner-klassik.de (Memento vom 28. Februar 2006 im Internet Archive) (Alexander Friedrich George Graf von der Schulenburg-Blumenberg)
  10. Edition Luisenstadt, 1998
  11. Retrobibliothek - Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, 11. Band: Leber - More, Seite 739
  12. Hans-Peter Hübner: Pfarrer in der Sozialversicherung, Veröffentlicht 1992 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1992, Seite 24, ISBN 3161458850
  13. Joachim Grossmann: Künstler, Hof und Bürgertum: Leben Und Arbeit Von Malern in Preussen 1786-1850, Akademie Verlag 1994, Seite 168, ISBN 3050024127
  14. Ahnen und Verwandte der Familie Blank Notizen zu Dr.phil Dr.theol Karl Wilhelm Moritz Snethlage
  15. Jean Paul: Siebenkäs (Fußnote) im Projekt Gutenberg-DE
  16. Lebenserinnerungen Friedrich-Wilhelm Bernhard Höhndorf, 1849 (Memento vom 16. Juli 2007 im Internet Archive)
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