Albert Kahn (Architekt)
Albert Kahn (* 21. März 1869 in Rhaunen; † 8. Dezember 1942 in Detroit) war ein deutschamerikanischer Architekt, der als einer der bedeutendsten Industrie-Architekten seiner Zeit hervortrat. Neben seinen zahlreichen Bauten für die Automobilindustrie in Detroit und Michigan wurde er später auch weltweit tätig.
Biographie
Die Familie Kahn wanderte bereits 1880, als Albert gerade 11 Jahre alt war, in die Vereinigten Staaten aus. Sein Vater Joseph war Rabbiner in Rhaunen, seine Mutter Rosalie war musisch-künstlerisch begabt. Bereits als Heranwachsender arbeitete er zwischen 1885 und 1895 im Architekturbüro Mason & Rice in Detroit, absolvierte jedoch keine regelrechte Ausbildung. 1891 gewann er ein Reisestipendium der Zeitschrift American Architect and Building News für eine einjährige Studienreise nach Europa zusammen mit dem Architekten Henry Bacon, der später das Lincoln Memorial erbaute.
Wirken
1895 gründete Kahn die Firma Albert Kahn Associates in Partnerschaft mit George W. Nettleton und Alexander B. Trowbridge, und ab 1902 führte er diese Firma alleine. Auch seine Brüder Julius und Moritz traten in das Büro ein.[1] Er wandte bei amerikanischen Industriebauten das von Julius Kahn weiterentwickelte Armierbetonverfahren an, durch welches Industrieanlagen sicherer, vor allem auch feuersicherer, wurden. Ein erster Großauftrag mit diesem neuen Bauverfahren wurde von ihm 1903–04 für die Packard Motor Car Company verwirklicht, wodurch Henry Ford auf ihn aufmerksam wurde, und dies führte zu weiteren Großaufträgen.
Für Kahns Architektur ist ein an Europa orientierter historisierender Stil kennzeichnend. Seine Bauten in Michigan machten ihn auf der ganzen Welt bekannt. So baute er zwischen 1929 und 1932 mit seinem Moskauer Büro auch 521 Fabriken in der damaligen Sowjetunion, darunter einige Fahrzeug- und Flugzeugwerke, beginnend 1929–30 mit dem Stalingrader Traktorenwerk in Stalingrad und dem Tscheljabinsker Traktorenwerk in Tscheljabinsk. Daneben war Kahn aber auch in Brasilien, Schweden, Frankreich, China, Japan und Australien tätig.
Während des Zweiten Weltkrieges stellte er sein 600-Personen-Büro Präsident Franklin Delano Roosevelts Plan zur Schaffung eines Arsenals für Demokratie zur Verfügung und baute zahlreiche Flughäfen und Marinestützpunkte.
Er arbeitete jedoch nicht allein für Industrie und Militär, sondern schuf auch zahlreiche zivile Bauten. Alleine für die University of Michigan entwarf er zwischen 1903 und 1938 etwa 23 Gebäude. Im Jahr 2006 waren etwa 60 seiner Bauwerke im US-Liste bedeutender historischer Orte verzeichnet.
In Deutschland gibt es keine von Albert Kahn geplanten oder gebauten Gebäude. Allerdings gilt sein zwischen 1917 und 1921 errichtetes General Motors Building (heute: Cadillac Place) in Detroit als Prototyp einer Bauweise, auf die Hans Poelzig beim Bau des I. G.-Farben-Hauses in Frankfurt zurückgriff. Emine Kayim spricht gar von einer „direkten Imitation“.[2]
Die von Kahn gegründete Firma ist noch heute tätig und hat Büros in Detroit, Birmingham (Alabama) und São Paulo.[3]
Von Kahn geplante Gebäude
- Palms Apartments, 1903
- Whitcomb Conservatory auf der Detroiter Belle Isle (Detroit), 1904
- Albert Kahns Haus in Detroit, 1906
- Angell Hall Observatorium auf dem Campus der University of Michigan in Ann Arbor, um 1924
- Clements Library der University of Michigan, nach 1923
- Fisher Building in Detroit, 1927
- Das frühere S. S. Kresge World Headquarters in Detroit, 1927 (heute: Metropolitan Center for High Technology)
- Detroit Police Headquarters
- Traktorenwerk Dserschinski in Stalingrad (heute Wolgograd), 1930
Würdigungen
Die Münster School of Architecture an der FH Münster University of Applied Sciences würdigte 2017 aus Anlass von Albert Kahns 75. Todestag dessen Werk „mehrtägige[n] Veranstaltungen sowie eintägige[n] Symposien an verschiedenen Orten in Deutschland und USA mit Vorträgen, Foto-Film- und Videopräsentationen, virtuellen 3D-Modelle[n] der Stahltragwerke Kahns mit tiefenillusionistischen Eindrücken in die Architektur der Montagehallen“ und einer Ausstellung rossmasstäblicher Modelle der Stahlhallen.[4]
Ebenfalls 1917 fand an der Lawrence Technological University in Southfield (Michigan) ein Symposion über Kahns Erbe in Detroit statt.[5]
Die Verbandsgemeinde Rhaunen hat auf ihrer Homepage Albert Kahn als erster „Persönlichkeit aus der Verbandsgemeinde“ eine Seite gewidmet.[6] Sie ist auch Mitinitiatorin der online zugänglichen Wanderausstellung 150 Jahre – Architekt Albert Kahn. Von Rhaunen nach Detroit, die zudem reichhaltiges Videomaterial enthält.[7] Die „Transformation des Geburtshauses Kahn zu einer Begegnungsstätte“ ist in Bearbeitung.
Literatur
- Michael H. Hodges: Building the Modern World: Albert Kahn in Detroit. Wayne State University Press, Detroit 2018, ISBN 978-0-8143-4035-6.
- Federico Bucci, Albert Kahn – Architect of Ford, Princeton Architectural Press, 2003. ISBN 978-1-56898-343-1.
Dokumentarfilme
Weblinks
- archdaily: Spotlight: Albert Kahn. Die Seite enthält unter anderem eine Vielzahl Fotos von Kahn-Bauten.
- Das Buch von W. Hawkins Ferry: The Legacy of Albert Kahn enthält ebenfalls viel Bildmaterial zu Kahns Bauten. (teilweise zugänglich bei Google-Books)
- Website von Dieter Marcello mit weiteren Informationen
Einzelnachweise
- John Zukowsky (Hrsg.), Chicago architecture and design, 1923-1993, Ausstellungskatalog des Art Institute of Chicago, München, Prestel-Verlag, 1993
- Emine Kayim: Americanism and Albert Kahn: European Descents of Kahn's Industrial Architecture
- Fa. Albert Kahn, USA
- Albert Kahn zum 75. Todestag
- Albert Kahn’s legacy lives on in Detroit architecture
- Rhaunener Persönlichkeiten: Albert Kahn
- Wanderausstellung 150 Jahre – Architekt Albert Kahn. Von Rhaunen nach Detroit
- ALBERT KAHN Architekt der Moderne; ein Trailer steht auf youtube zur Verfügung: ALBERT KAHN Architekt der Moderne / DVD-Trailer