Akademie für Ältere
Die Akademie für Ältere in Heidelberg ist eine unabhängige Bildungseinrichtung in Selbstverwaltung mit Bedeutung in der ganzen Region. Dort wird von Lebensälteren (> 60 Jahre) ein breites Spektrum an Bildungsveranstaltungen für Ältere in Form von Vorträgen und Seminaren angeboten.
Entstehung
Die Akademie wurde 1984 als eingetragener Verein unter anderem vom Gründungsvorsitzenden Werner Boll (* 8. Juni 1919, † 5. Januar 2007 in Heidelberg) gegründet. Er erreichte schnell eine Mitgliederzahl über 5 000. Die Mitgliederversammlung des Vereins wählt jeweils für vier Jahre einen Vorstand.
Mitte 1993 wurde zusätzlich die gemeinnützige GmbH „Akademie für Ältere“ gegründet. Der Vorstand des Gründungs- und Trägervereins bildet hierbei die Gesellschafterversammlung. Damit war eine Bedingung der Stadt Heidelberg zur weiteren Überlassung von Räumen mit entsprechenden finanziellen Verpflichtungen erfüllt. Eine Leitungsgruppe, die die Geschäftsführung beraten und an konzeptionellen Entscheidungen von Bedeutung teilhaben, sind die (vereinsrechtlich nicht geregelten) Vertreter der ca. 260 ehrenamtlich aktiven Älteren. Sie wählen sich intern ihre Vorsitzenden. Als neues, weiteres Organ kam ein Aufsichtsrat hinzu, der Kontroll- und Interventionsrechte besitzt. Dem Aufsichtsrat sitzt der Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg vor.
Inzwischen blickt die Einrichtung auf über 20 Jahre Erfahrung von Integration, Schaffung neuer Netzwerke und einer Kombination von ehrenamtlichem Engagement und Politikteilhabe zurück. Besucht wird sie zum Teil weit aus der Region heraus. Der Besucherkreis liegt bei über 25 000 verschiedenen Personen im Jahr, die Mitgliederzahl lag 2006 bei über 3.800.
Nähe und Unterschied zur VHS
Die in Deutschland existierenden Erwachsenen- und Weitzerbildungsbildungseinrichtungen unterscheiden sich nach Adressaten (Alter, Berufsgruppen), nach Funktionsbereichen (Schulabschlüsse nachholen, Vorbereitung auf Tätigkeiten), nach inhaltlichen Aspekten usw. Ältere empfinden nach dem Ausscheiden aus dem Beruf oft das Bedürfnis nach etwas Neuem. Sie begreifen das als eine Chance, sich noch einmal neu orientieren zu können, in manchen Fällen wird es als Nachholen von Versäumtem verstanden. Die Bildung ist ein altersunabhängiges Bedürfnis. Seit den 1980er Jahren wurde von Gerontologen wie Ursula Lehr die Altersabhängigkeit der Lernfähigkeit grundsätzlich in Frage gestellt. Bis dahin gingen Öffentlichkeit und Medizin von einem Altersabbau der Intelligenz aus. Die Akademie will mit ihrem Angebot dazu beitragen, dass jeder Ältere – auch bei altersabhängigen körperlichen Einschränkungen – nicht nur sein eigenes Weiterbildungsprogramm zusammenstellen, sondern auch die Zugehörigkeit zur Gruppe Gleichgesinnter und Gleichaltriger erleben kann. Deshalb die Altersgrenze und die Lage des Zeitraums der meisten Veranstaltungen vor 17 Uhr.
Die Basis für das Konzept einer Akademie ist im Gegensatz zum Konzept der Volkshochschule (VHS) die ehrenamtliche Mitarbeit Älterer. Etwa 200 Ehrenamtliche bringen seit Jahren ihre Fähigkeiten und Kenntnisse in die Akademie für Ältere ein. Das Angebot ist auf Ältere zugeschnitten, die es als Unterhaltung, Abwechslung und als Herausforderung sehen. Ein Zeugnis-Abschluss wird in der Regel nicht angestrebt. Ausnahme ist davon das Seniorenstudium an den benachbarten Hochschulen.
Mittel zur Integration oder Isolierung alter Menschen
Altenakademien und Volkshochschulen sind eine Form gesellschaftlicher Teilhabe alter Menschen. Auch Volkshochschulen kommen in der Regel dem Interesse der alten Menschen an Bildung und Weiterbildung entgegen. Im Programm der Volkshochschule findet man Sprachkurse, Tanz, Seniorensport und verschiedene kulturelle Angebote, die altersunabhängig sind. Daneben gibt es auch spezielle Kursangebote für Ältere, wie Computerkurse für ältere Anfänger, Wertschätzung des Alters in verschiedenen Kulturen, Wohnformen im Alter, der Alzheimerkrankheit vorbeugen. Aber erstaunlicherweise sind es gerade jüngere (40–60 Jahre) Menschen, besonders solche, die sich zur Zeit um ihre alten Eltern und Verwandten kümmern, die diese Kurse besuchen, um die Lücke an Informationen zwischen Alter und Jugend zu schließen. Die Akademie öffnet ältere Menschen evtl. durch ihre Angebote dafür, um auch Angebote der Volkshochschule in Anspruch zu nehmen, wo sie sich sonst „unter Leistungsdruck“ gesetzt fühlen würden.
Bei Kursbesuchen im gleichbleibenden Teilnehmerkreis entstehen informelle Gruppen und Freundschaften, die an ein Hobby oder das Interesse an einem Fachgebiet anknüpfen. Sind nur über 60-Jährige anwesend, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von solchen sozialen Beziehungen, wenn das jemand anstrebt. Dazu muss darauf verwiesen werden, dass sich Altenakademie und Volkshochschule vor Ort keine Konkurrenz machen und keine entsprechenden Anzeichen beobachtet werden können. Beide ergänzen sich bei der Nutzung der Räume einer ehemaligen Schule.
Themenbereiche, Interessensgebiete
- Fremdsprachen
- Geschichte/Gesellschaft
- Computerkurse, Homepage-Gruppe
- Kunstgeschichte
- Kunst/Gestalten/Mode
- Länder und Regionen
- Literatur und Sprache
- Musizieren
- Naturwissenschaften
- Philosophie/Theologie
- Recht/Wirtschaft/Finanzen
- Akademie unterwegs
usw.
Beratungsbüro, externer Service
Dazu gehören Einzelberatung vor allem in gesundheitlichen und finanziellen Fragen, Karte ab 60 (Verbundkarte für die Region). Selbstbestimmt Wohnen und Wohnberatung, Studium ab 60, Theaterservice.
Stiftung
Die Akademie für Ältere hat eine gemeinnützige Stiftung eingerichtet, in die Spenden und Vermächtnisse einfließen können. Der jährliche Erlös aus diesem Kapital steht u. a. für Projekte, Veranstaltungen und Anschaffungen zur Verfügung.[1]
Literatur
- Fritz Quoos: Dem Sozialen mit Herz und Verstand verbunden. In: Rhein-Neckar-Zeitung. 16. Jan. 2006, S. 3.
Weblinks
- Offizielle Website
- Daniel Meynen: Bildung im Alter – wozu? Erfahrungsbericht (Memento vom 13. Juli 2018 im Internet Archive) aus dem Aufbau einer Hochschule von Älteren für Ältere. Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO), Hrsg. 1999, zur Hochschule Holzen
- "Ältere Semester" im Hörsaal: Senioren entdecken die Universität. (Online-Magazin Erfahrung ist Zukunft)
Einzelnachweise
- Stiftung der Akademie für Ältere (Memento vom 12. Februar 2016 im Internet Archive)