Agrardiesel
Als Agrardiesel bezeichnet man in Deutschland Dieselkraftstoff, der in der Land- und Forstwirtschaft verbraucht wird. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft erhalten nach dem Gesetz zur Einführung einer Vergütung der Mineralölsteuer für die Land- und Forstwirtschaft (Agrardieselgesetz – AgrdG) vom 21. Dezember 2000 auf Antrag für den nachgewiesenen Verbrauch von Dieselkraftstoff eine teilweise Rückvergütung der Mineralölsteuer (Steuererleichterung) von dem zuständigen Hauptzollamt. Die Verwendung von Biodiesel und Pflanzenöl in der Land- und Forstwirtschaft ist nach dem Energiesteuergesetz steuerfrei. Die Steuerrückerstattung beim Einsatz dieser Kraftstoffe erfolgt wie beim Agrardiesel, wobei aber kein Selbstbehalt sowie keine Deckelung vorgesehen ist. Der Selbstbehalt und die Deckelung wurden allerdings auch seit 2008 bei Dieselkraftstoffen ausgesetzt.
Beihilferegelung
Nach § 57 Abs. 1 des Energiesteuergesetzes wird für zuvor versteuertes Gasöl, das zum Betrieb landwirtschaftlicher Fahrzeuge und Arbeitsmaschinen zur Verrichtung von Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung und durch mit Bodenbewirtschaftung verbundener Tierhaltung verwendet wird, eine Steuerentlastung auf Antrag gewährt. Die Steuerentlastung wird durch eine jährliche Erstattung bereits entrichteter Steuern erreicht. Die Erstattung erfolgt auf Antrag für die vergütungsfähigen Mengen Gasöl, die die Beihilfeempfänger während des vergangenen Steuerjahres für Produktionszwecke verbraucht haben.
Die Steuerentlastung beträgt 214,80 € je 1000 Liter Gasöl. Damit beträgt der tatsächlich angewandte Steuersatz 255,60 € je 1000 Liter. Die vergütungsfähige Menge ist auf 10.000 Liter je Kalenderjahr begrenzt, und die Erstattung wird nur für den über einen Betrag von 350 EUR (Selbstbehalt) hinausgehenden Verbrauch gewährt. Die Obergrenze der Vergütungsmenge von 10.000 Litern Dieselkraftstoff hat die EU-Kommission nach Anträgen Deutschlands vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2016 für die deutschen Landwirte ausgesetzt.
Dadurch verzichtet der Staat auf rund 400 Mio. € Steuern.
Geschichte
Mit dem von der rot-grünen Regierung verabschiedeten Agrardieselgesetz wurde am 1. Januar 2001 die frühere Gasölverbilligung nach dem Landwirtschafts-Gasölverwendungsgesetz vom 22. Dezember 1967 abgelöst.
Ab 2003 betrug die Mineralölsteuer 47,04 Cent/Liter, davon waren 15,34 Cent/Liter Ökosteuer. Landwirte erhalten eine Vergütung von 21,48 Cent/Liter. Agrardiesel wurde somit in Deutschland bis 2004 mit nur 25,56 Cent/Liter besteuert.
Seit dem Antragsjahr 2005 wurde bei der Vergütung ein sog. „Selbstbehalt“ von 350 € je Betrieb abgezogen. In Verbindung mit der zusätzlichen Bagatellgrenze von 50 € wurden daher Erstattungsansprüche bis 400 € nicht mehr ausgezahlt. Kleinere Betriebe mit einem Jahresverbrauch unter 1862 Liter erhielten somit keine Rückvergütung. Größere Betriebe konnten die Entlastung bis 2007 bis maximal 10.000 Liter je Betrieb beantragen. Darüber hinaus führen land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die der Umsatzsteuerpauschalierung unterliegen, den gültigen Mehrwertsteuersatz für die volle Mineralölsteuer ab, während ihnen für die Rückvergütung keine Mehrwertsteuer erstattet wird.
Aussetzung des Selbstbehalts und der Obergrenzen beim Dieselkraftstoff 2008–2016
Mit dem Gesetz zur Änderung des Energiesteuergesetzes vom 17. Juli 2009 und nach vorheriger Genehmigung der EU-Kommission vom 13. Juli 2009 wurde der Selbstbehalt von 350 € und die Beschränkung des entlastungsfähigen Gasölverbrauchs auf 10.000 Liter pro Betrieb für die Antragsjahre 2008 (rückwirkend) und 2009 ausgesetzt (Einfügung § 67 Abs. 10 EnergieStG). Als Grund hierfür wurde ein „schwieriges konjunkturelles Umfeld“ angeführt. Vor allem aufgrund der Proteste von Milchbauern hat die Große Koalition die Steuererleichterungen für die deutschen Landwirte beschlossen. Durch diese Maßnahme sank die Steuerbelastung von 40ct auf 25,56ct bei normalem Dieselkraftstoff. Die Rückvergütung soll (insbesondere nach Einführung der Ökosteuer) die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Land- und Forstwirtschaft im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten stärken.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes vom 1. März 2011 wurde nach § 57 Abs. 6 EnergieStG der Selbstbehalt und o. g. Beschränkung erneut aufgehoben. Die Aufhebung erfolgte vorbehaltlich der hierzu erforderlichen beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission mit Wirkung vom 1. Januar 2010 in Kraft treten. Auf Antrag Deutschlands bei der EU, die eine Verlängerung der vorherigen Änderungen (Aussetzung Selbstbehalt, Obergrenze) vorlegte, genehmigte die EU-Kommission diese am 13. Juli 2011 erneut für das Antragsjahr 2010 (rückwirkend) und für die Jahre 2011 bis einschließlich 2013.
Auf Antrag Deutschlands genehmigte die EU-Kommission am 2. Mai 2013 erneut für die Antragsjahre 2014 bis einschließlich 2016 die Aussetzung des Selbstbehalts und der Obergrenze von 10.000 Litern.
Vergleich
Die Besteuerung von Diesel sowie die Rückvergütung wird in den einzelnen EU-Staaten unterschiedlich gehandhabt. Ein britischer Landwirt zahlt £ 0,1197 (€ 0,153) pro Liter, ein französischer € 0,072, ein dänischer € 0,058 und ein belgischer € 0,0. Jedoch dürfen Landwirte beispielsweise in Frankreich ihre Traktoren mit Heizöl betreiben.
Auch in Österreich gab oder gibt es eine Begünstigung von Landwirten durch (teilweise) Rückvergütung der beim Dieselkauf eingehobenen Mineralölsteuer. Argument ist die Zweckwidmung der MÖSt für den Straßenbau.