Agfa Rapid
Agfa Rapid ist der Name für ein spezielles Kleinbild-Patronenfilm-System.
Rapid-Film
Entstehung
1963 brachte Kodak erfolgreich ein neues Filmformat namens Instamatic-System auf den Markt, deren Kassette von mehreren Patenten geschützt war. Agfa konnte deshalb kein vergleichbares System entwickeln und brachte die Patrone der Agfa-Karat-Kameras leicht modifiziert unter dem Namen Rapid wieder heraus. Die Neuerung bestand in einer Nase an der Patrone zur Abtastung der Filmempfindlichkeit; man brauchte nicht mehr manuell zwischen ISO 50 / 18° auf ISO 100 / 21° umzuschalten. Ansonsten waren die Patronen identisch; Rapid-Patronen ließen sich auch in einer Karat-Kamera verwenden (abwärtskompatibel).
Technik
Die Rapid-Patrone hatte keinen Wickeldorn. Die wie beim Kleinbildfilm herausragende Filmlasche war gerade geschnitten und speziell geprägt, um einen Drall zu erzielen, mit dem sie sich zuverlässig in die Aufnahmepatrone einfädeln sollte. Dabei handelte es sich um die Vorratspatrone des letzten Films bzw. eine mit der Kamera mitgelieferte Leerpatrone. Nach dem Einlegen des Films und Schließen der hinteren Klappe spulte sich der Film beim Filmtransport selbst Bild für Bild in die Leerkassette. Die volle Patrone wurde dann zum Entwickeln abgegeben, und die nun leere Patrone für den nächsten Film zum Aufwickeln benutzt. Es war also kein Rückspulen erforderlich. Weil es passieren konnte, dass Filmtyp und Etikett auf der Patrone nicht übereinstimmten, war das Filmende beschriftet, was durch kleine eingestanzte Löcher geschah, die Buchstaben bildeten. Auch gab es einen Hinweis auf bereits erfolgte Belichtung.
Heute ist der Rapid-Film nicht mehr erhältlich, die Patronen lassen sich aber mit Meterware oder mit dem einer gewöhnlichen Patrone entnommenen Film befüllen, wobei der Streifen maximal 60 cm lang sein darf.[1]
Unterschiede
Das Instamatic-System bot eine nochmals einfachere Handhabung. Zwar ging das Einlegen eines Rapid-Films sehr einfach, das Wechseln der Patronen konnte dem technisch Unkundigen aber Probleme bereiten. Auch war es grundsätzlich möglich, einen belichteten Film nochmals zu belichten. Demgegenüber war die Instamatic-Kassette nahezu perfekt vor einer Fehlbedienung geschützt. Der Rapid-Film hingegen befand sich in diesem Punkt zwischen der gewöhnlichen Kleinbildpatrone und dem Instamatic-Film. Dies galt auch für den technischen Aufwand der Kamera. So benötigte eine Rapid-Kamera ein Zählwerk und ein etwas aufwendigeren Stoppmechanismus für den Filmtransport. Bei der Instamatic-Kassette standen demgegenüber hierfür exakt ein Perforationsloch pro Bild zur Verfügung, die Bildzählung erfolgte bei Kodak altmodisch über die bedruckte Papierrückwand des Films selbst.
Dafür besaßen die Rapid-Kameras eine Filmandruckplatte, welche für eine perfekte Planlage sorgte. Diese war bei der Instamatic-Kassette nicht garantiert, so dass die Entfernungseinstellung, falls vorhanden, mitunter nicht das gewünschte Resultat ergab. Dieser Aspekt spielte allerdings bei den bauartbedingt geringen Lichtstärken der Objektive einfach gehaltener Kameras keine Rolle, da aus den damit einhergehenden kleinen Blendenöffnungen eine große Abbildungstiefe resultiert.
Außerdem war das Seitenverhältnis nicht durch den Film festgelegt. Die meisten Rapid-Kameras von Agfa verwendeten zwar mit 24 mm × 24 mm ebenfalls ein quadratisches Format, von japanischen Herstellern gab es aber auch Halbformat-Kameras, die Rapid-Film benutzten, und bei der Agfa Silette Rapid kamen sogar die gewöhnlichen 24 mm × 36 mm vor. Das benutzte quadratische Format entstand aus dem gleichen Grund wie bei Kodak: Bei den einlinsigen Objektiven der Einsteigerkameras fiel die Abbildungsqualität zum Rand hin stark ab, und bei einem Quadrat waren die Ecken weniger weit vom Mittelpunkt entfernt. Das Objektiv konnte so trotz einfacher optischer Technik noch akzeptable Bildqualitäten liefern, das Negativ nutzte den vorhandenen Bildkreis des Objektivs effizienter aus, und dieses konnte zudem kleiner und damit einfacher und, relativ gesehen, leistungsfähiger gebaut werden.
Gemeinsamkeiten
Beide Filmtypen verwendeten 35-mm-Film, der sich dadurch in gewöhnlichen Entwicklungsmaschinen verarbeiten ließ. Bei beiden wurde der belichtete Teil des Films lichtgeschützt aufbewahrt. Ein Öffnen der Kamerarückwand hatte dadurch nur einen Verlust des aktuellen, vorherigen und nachfolgenden Bildes zur Folge. In der Bildanzahl unterschieden sich die Systeme unbedeutend: Der Rapid-Film hatte die gleiche Länge wie seinerzeit bei der Karat, so dass sich wiederum 12 Bilder im Format 24 mm × 36 mm ergaben, 24 Bilder im Format 18 mm × 24 mm oder 16 Bilder im Format 24 mm × 24 mm. Weil sich der Film von alleine nicht so straff wie mit einer angetriebenen Spule aufwickelte, blieb die Filmlänge weit von jener des gewöhnlichen Kleinbildfilms des Typs 135 mit seiner maximal möglichen dreifachen Bildzahl entfernt. Die Instamatic-Kassette gab es mit 12 oder 20 Aufnahmen, später 24 Aufnahmen.
Rapid-Club
AGFA versuchte weltweit, andere Kamerahersteller im sogenannten Rapid-Club auf sein System einzuschwören, wobei es auch um die Marktbeherrschung als Filmhersteller gegenüber Kodak ging. Anfänglich fanden sich zahlreiche Hersteller, die dann zunehmend auf das Kodak-System übergingen. Schließlich baute Agfa selber ab 1967 Instamatic-Kameras und gab die Rapid-Kameras 1972 endgültig auf. Durch die zahlreichen Agfa-Händler fanden Rapid-Kameras aber eine nennenswerte Verbreitung: Agfa verkaufte etwa 5 Mio. davon.
Agfa-Rapid-Kameras
Iso-Rapid
Die Einsteigermodelle benannte Agfa mit Iso-Rapid, wobei Iso einer Tradition aus der Vorkriegszeit folgte – mit Einführung des isochromatischen Schwarzweißfilms gelangte dieser Namenszusatz in einige Kamerabezeichnungen. Es gab mehrere Versionen, die alle ein einlinsiges Fixfokus-Objektiv besitzen, zunächst mit der Lichtstärke 1: 11, dann 1: 8, welches sich Isonar nannte.
Die Iso-Rapid I kostete 26,50 DM und besaß einen Zubehörschuh mit Mittenkontakt. Dafür gab es ein im Design passendes Blitzgerät für Blitzlämpchen, welches auch die erforderliche Batterie zur Zündung enthielt. Der Auslöser befand sich ursprünglich seitlich am Objektiv und somit direkt am Verschluss, später gab es eine längliche Taste auf der Oberseite.
Die Iso-Rapid F (das F stand für „Flash“) besaß anstatt des Zubehörschuhs eine Fassung für Blitzlämpchen, für das ein halbkreisförmig gebogenes Reflektorblech aus dem Gehäuse herausgeschoben werden konnte. Die 6-Volt-Batterie zur Zündung war nach Abschrauben der Bodenplatte zugänglich. Die Kamera kostete 49 DM.
Kurz nach der Vorstellung der N-Blitzwürfel durch Sylvania erschien dann noch die Iso-Rapid C, wobei das C „Cube“ bedeuten sollte. Die Kamera entsprach der Iso-Rapid F, nur dass es eine mit dem Filmtransport gekoppelte Blitzwürfelfassung anstelle der Birnchenaufnahme und des Reflektorblechs gab. Sie kostete 63 DM.
Moto-Rapid C
Bei der Moto-Rapid handelte es sich im Wesentlichen um eine modifizierte Iso-Rapid C. Sie besaß einen Federwerkmotor, der mit dem Ring um das Objektiv aufgezogen wurde, wobei ein Aufzug für einen ganzen Film reichte. Einen Nutzen brachte diese Einrichtung vor allem beim Auslösen aus der Ferne. Eine Anwendung dafür stellte der schwer zugängliche Einbau in einem Segelflugzeug dar, um Beweisfotos von Wendepunkten zu erstellen. In Zeitungsannoncen warb Agfa dafür mit einer Bilderreihe von einem spielenden Kleinkind und den Worten:
„Rrrrrrrrrrapid! Mit dieser Kamera „schießen“ Sie schon, wenn andere noch spannen, drehen, transportieren … Federwerk-Automatic heißt diese Photo-Sensation!“
Die Kamera erregte zwar einiges Aufsehen, da Motorantriebe in Kompaktkameras noch extrem selten vorkamen, weil der Aufpreis in eine Belichtungsautomatik aber in der Regel nutzbringender investiert war, verkaufte Agfa davon dennoch nur eine kleine Stückzahl. Diese Kamera kostete 98 DM.
Isomat Rapid
Die Isomat besaß eine Belichtungsautomatik mit eingeschränktem Arbeitsbereich: Während die Steuerung der Optima Rapid Blende und Zeit verstellte, arbeitete die Isomat mit konstanten 1⁄70 s Belichtungszeit, diese wurde nur für den Blitzbetrieb auf 1⁄30 s umgestellt. Diese Belichtungssteuerung hatte man von der Isoly-mat übernommen. Die Blende verstellte sich, von einer Selenzelle gesteuert, zwischen f/4,5 und f/22. Dies war für die 89 DM Verkaufspreis schon ein beachtliches Merkmal. Wie von den Optima-Modellen bekannt, gab es im Sucher bei unzureichender Beleuchtung eine rote, sonst eine grüne Markierung zu sehen. Eine weitere Gemeinsamkeit betraf die drei einrastenden Symbole oben am Objektiv zur Entfernungseinstellung, an der Unterseite gab es zudem eine Entfernungsskala, die bei 1 m begann.
Optima Rapid
Als Top-Modell kam 1965 die Optima Rapid 250 hinzu, sie besaß entsprechend den Optima-Modellen für 24 mm × 36 mm eine Programmautomatik mit Rot-/Grün-Anzeige im Leuchtrahmensucher, auch ragte bei ihr der Auslösehebel seitlich rechts am Objektiv heraus. Der Schnellschalthebel befand sich an der Gehäuseunterseite. Gegenüber den Standardmodellen besaß die 250 ein aufwendiger geformtes, verchromtes Gehäuse. Sie besaß aber ebenfalls ein dreilinsiges Objektiv, nämlich ein Agnar f/2,8, 45 mm.
Zur Photokina 1966 kam dann ein neues Gehäuse für die Rapid Optima, dem allgemeinen Trend folgend eckiger gehalten und mit einem Auslöser auf der Oberseite. Dabei gab es nun vier Varianten: Die Optima 100 C besaß das Agnar f/4,5. 38 mm der Isomat, die Optima 125 C für 179 DM ein Apotar f/2,8. 45mm – es handelte sich um dreilinsige Objektive. Beide wiesen auch nur einen Blitzwürfelanschluss auf, wobei die seitlichen, nun funktionslosen Schlitze für den Zubehörschuh erhalten blieben. Das Top-Modell 500 V besaß das Vierlinser Solinar f/2,8, 35 mm, eine kürzeste Belichtungszeit von 1⁄500 s und kostete 298 DM. Es entsprach in seiner Ausstattung exakt der Kodak Instamatic 500, die ebenfalls aus deutscher Produktion stammte. Die Rapid Optima 250 V für 228 DM muss sich demgegenüber mit dem Dreilinser Apotar f/2.8, 35 mm begnügen.
Rapid-Modell
Um das einfache Filmeinlegen dem Kunden deutlich vor Augen zu führen, belieferte Agfa die Fotohändler mit der Demonstrationskamera Agfa Modell. Sie besaß eine Plexiglas-Rückwand, unter der das selbsttätige Einfädeln eines Demonstrationsfilms beobachtet werden konnte, und verzichtete auf jedweden Blitzanschluss. Die Kamera wurde als Set in einer Kunststoff-Klappbox geliefert, in ihr befanden sich neben dem Demonstrationsfilm noch Rapid-Beispielaufnahmen in Gestalt von zwei Dias und einem Leporello mit Abzügen im Format 9 cm × 9 cm.
Silette Rapid
Von der Silette baute Agfa ebenfalls Modelle für Rapid-Film, allerdings wurde er dabei wie gewohnt mit dem Format 24 mm × 36 mm belichtet. Diese Kameras hatten allerdings eine geringe Bedeutung, da sich die Silette mit ihrer manuellen Belichtungssteuerung an engagiertere Fotoamateure wandte und es diesen keine Probleme bereitete, einen gewöhnlichen Film einzulegen.
Siehe auch
Literatur
- Günther Kadlubek, Rudolf Hillebrand: AGFA – Geschichte eines deutschen Weltunternehmens von 1867 bis 1997. 2. Auflage, Verlag Rudolf Hillebrand, Neuss 1998, ISBN 3-89506-169-7.
- Heinrich Freytag: Fotografieren mit Rapid-Kameras. Verlag die schönen Bücher Dr. Wolf Strache, Stuttgart 1965.
Einzelnachweise
- 35mm. Blog für historische Fototechnik. Abgerufen 25. August 2011