Adeno-assoziierte Viren
Adeno-assoziierte Viren (AAV), offiziell Adeno-assoziierte Dependoparvoviren, gehören zu den Dependoviren, das heißt, sie sind abhängig (lat. dependere) von einem Helfervirus, das dieselbe Zelle befällt. Die AAV sind von einem Adenovirus abhängig (daher "adeno"-assoziierte Viren). Das Helfervirus liefert Proteine, die vom AAV für die Replikation in der Zelle benötigt werden. Diese Proteine sind die Adenoviralen Proteine E1A, E2A, E4 und VA-RNA. Als Helfervirus können aber auch das Herpes-simplex-Virus 1 oder das Humane Cytomegalievirus dienen.[2]
Adeno-assoziierte Viren | ||||||||||||||||||||
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Adeno-assoziierte Viren | ||||||||||||||||||||
Systematik | ||||||||||||||||||||
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Taxonomische Merkmale | ||||||||||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||||||||||
Adeno-associated dependoparvovirus A,B | ||||||||||||||||||||
Kurzbezeichnung | ||||||||||||||||||||
AAV-A, AAV-B | ||||||||||||||||||||
Links | ||||||||||||||||||||
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Ohne die Anwesenheit eines Helfervirus kann sich das virale Erbgut beim Menschen auf Chromosom 19 integrieren, liegt jedoch meist als Episom neben dem Humanen Genom vor.[3] Sobald Adenoviren anwesend sind, geht die Zelle in den lytischen Zyklus über, das heißt die Partikel vermehren sich und die Zelle platzt dann auf, so dass sich AAV weiterverbreiten kann.
AAV werden als viraler Vektor in der Gentherapie verwendet, da sie nicht mit Krankheiten assoziiert sind und sich das virale Erbgut nur selten unspezifisch in das Genom der Wirtszelle integriert. So wird das onkogene Potential dieser Gentherapien reduziert. Zudem sind die Partikel sehr stabil und es lassen sich auch Ruhegewebe (z. B. Neuronen) damit infizieren.
Gravierender Nachteil von AAV ist ihr kleines Genom, welches von zwei ITRs (inverted terminal repeats) flankiert wird. Zwischen den ITRs befinden sich nur 4,7kb. Damit sind für eine rekombinante Variante nur <2,5kb verfügbar.
Mit Stand November 2018 unterscheidet das International Committee on Taxonomy of Viruses zwei Spezies, die zuvor nur als unterschiedliche Serotypen geführt wurden: AAV-A und AAV-B.
Systematik
Nach NCBI gehören zu den beiden Spezies u. a. folgende Viren:
- Spezies: Adeno-associated dependoparvovirus A (AAV-A)
- Adenoassoziiertes Virus 1 (AAV-1)
- Adenoassoziiertes Virus 6 (AAV-6)
- Adenoassoziiertes Virus 2 (AAV-2)
- Adenoassoziiertes Virus 2H (AAV-2H)
- Adenoassoziiertes Virus 3 (AAV-3)
- Adenoassoziiertes Virus 3A (AAV-3A)
- Adenoassoziiertes Virus 3B (AAV-3B)
- Adenoassoziiertes Virus 4 (AAV-4)
- Adenoassoziiertes Virus 7 (AAV-7)
- Adenoassoziiertes Virus 8 (AAV-8)
- Adenoassoziiertes Virus 9 (AAV-9)
- Adenoassoziiertes Virus 10 (AAV-10)
- Adenoassoziiertes Virus 11 (AAV-11)
- Adenoassoziiertes Virus 12 (AAV-12)
- Adenoassoziiertes Virus 13 (AAV-13)
- Spezies: Adeno-associated dependoparvovirus B (AAV-B)
- Adenoassoziiertes Virus 5 (AAV-5)
Weblinks
- Uwe Haberkorn: Gentherapie mit Selbstmordgenen, Universität Heidelberg, Ruperto Carola 3/1999
- Katharina Schöbi: Die unvermuteten Fähigkeiten von AAV2, Bild der Wissenschaft, 23. Juni 2005
- David Nield: Experimental Therapy Injected in One Eye Unexpectedly Improves Vision in The Other, auf: sciencealert vom 15. Dezember 2020 – viraler Vektor rAAV2/2-ND4 zur experimentellen Therapie von LHON
- Marco Leibinger, Charlotte Zeitler, Philipp Gobrecht, Anastasia Andreadaki, Günter Gisselmann, Dietmar Fischer: Transneuronal delivery of hyper-interleukin-6 enables functional recovery after severe spinal cord injury in mice, in: Nature Communications, Nr. 391, 15. Januar 2021, doi:10.1038/s41467-020-20112-4. Gentherapie mit Hyper-IL-6 ([en]) per AAV. Dazu:
- Nadja Podbregar: Gentherapie lässt gelähmte Mäuse wieder laufen: Designer-Botenstoff regt verletzte Nervenfortsätze zum Wachstum an, auf: scinexx.de vom 19. Januar 2021
- Mutationen von RPE65, die eine Erkrankung der Retina verursachen (Lebersche Kongenitale Amaurose), konnten 2017 nach Angabe der Autoren erfolgreich durch eine Adenovirus-basierte Gentherapie (mit Vektor AAV2-hRPE65v2) behandelt werden.[4]
Anwendung
Am Universitätsklinikum Tübingen wird seit 2020 erprobt, wie sich Adenoviren zur Gentherapie bei völliger Farbenblindheit (Achromatopsie) (verursacht durch ein defektes Gen CNGA3) einsetzen lassen. Das Team bezeichnet den von ihnen entwickelten Vektor als AAV8.CNGA3 (Adeno-assoziiertes Virus mit GNGA3-Gen). Vor allem bei noch jungen Patienten rechnet man sich unter geeigneten Voraussetzungen gute Erfolgschancen aus.[5]
Auch an der Ludwig-Maximilians-Universität München wird an der Verbesserung von Verfahren gearbeitet, mit Hilfe von AAV angeborene Gendefekte zu behandeln, die zum langsamen Erblinden führen.[6]
Einzelnachweise
- ICTV: ICTV Taxonomy history: Primate erythroparvovirus 1, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
- H. Büning, L. Perabo u. a.: Recent developments in adeno-associated virus vector technology. In: The journal of gene medicine. Band 10, Nummer 7, Juli 2008, S. 717–733. doi:10.1002/jgm.1205. PMID 18452237. (Review).
- D. R. Deyle, D. W. Russell: Adeno-associated virus vector integration. In: Current opinion in molecular therapeutics. Band 11, Nummer 4, August 2009, S. 442–447, PMID 19649989, PMC 2929125 (freier Volltext) (Review).
- Stephen Russell et al.: Efficacy and safety of voretigene neparvovec (AAV2-hRPE65v2) in patients with RPE65-mediated inherited retinal dystrophy: a randomised, controlled, open-label, phase 3 trial. In: Lancet (London, England). Band 390, Nr. 10097, 26. August 2017, S. 849–860, doi:10.1016/S0140-6736(17)31868-8, PMID 28712537, PMC 5726391 (freier Volltext).
- M. Dominik Fischer et al.: Safety and Vision Outcomes of Subretinal Gene Therapy Targeting Cone Photoreceptors in Achromatopsia: A Nonrandomized Controlled Trial. In: JAMA Ophthalmology. 30. April 2020, doi:10.1001/jamaophthalmol.2020.1032, PMID 32352493, PMC 7193523 (freier Volltext). Dazu:
- Nadja Podbregar: Erste Gentherapie gegen völlige Farbenblindheit: Genreparatur erweist sich in erster klinischer Studie als sicher und wirksam, auf: scinexx.de vom 7. Mai 2020.
- Marina Pavlou, Christian Schön et al.: Novel AAV capsids for intravitreal gene therapy of photoreceptor disorders. In: EMBO Molecular Medicine, 22. Februar 2021; doi:10.15252/emmm.202013392. Dazu:
- Improved vectors for ocular gene therapy, auf: ScienceDaily vom 22. Februar 2021; Quelle: LMU München