Achterbahnfahrwerk
Ein Achterbahnfahrwerk hat die Aufgabe die Bewegung des Wagens – häufig Teil einer Wagengarnitur – einer Achterbahn sicher entlang der zumeist zwei Schiene(n) zu führen.
Eisenbahnwagen rollen im Zweischienengleis je Achse auf einem Radsatz aus zwei Rädern, die fest über eine materielle Achse verbunden sind. Die Schwerkraft presst den Zug ins (quer) horizontal liegende Gleis, Spurkränze bilden Anschläge gegen seitliches aus dem Gleis Laufen. Konische Radlaufflächen und seitliches Spiel, etwas quer zueinander geneigte Fahrschultern der Schienen, Überhöhung des Gleises in Kurven verfeinern die Führung. Der Formschluss mit einem gewissen Spiel ergibt sich nur im Zusammenwirken mit der Anpresskraft an das Gleis im Wesentlichen durch die Schwerkraft.
Das Fahrwerk von Achterbahnwagen hat jedoch die Aufgabe Kräfte in 3 Richtungen zwischen Wagen und Gleis zu übertragen:
- Druck
- Zug
- Seitenführung
Erst die Übertragung einer Zugkraft (auf den Wagen nach unten) erlaubt
- das Einleiten des Kippens eines Wagens um seine Querachse
- das Führen des Wagens auf einem Kurs mit mehr Abwärtsbeschleunigung als Erdbeschleunigung g
- das beschleunigte Drehen um eine Längsachse
Dazu umgreifen je Radsatz typisch 3 Rollenpaare eine Schiene von oben, von unten und von einer Seite. Eine 4. Seite der Schiene bleibt frei für ihre Halterung etwa auf einem Gerüst. Die Seitenführungsräder liegen bei Holzachterbahnen eher innen am Gleis, bei Stahlachterbahnen zumeist außen. Die paarweise Anordnung von Rollen im Radsatz richtet diesen an der Schiene aus und verhindert ein mögliches Verklemmen von gegenüber liegenden Rollen, reduziert die Tendenz zum Flattern und verbessert die Übertragung von Brems- und Anschiebekräften.
Oft stecken 2 Radsätze – links und rechts – auf einer Querstange unter dem Wagen und bilden so eine Wagenachse. Die Anlenkung von zwei dieser Achsen an einen Wagen kann geometrisch unterschiedlich erfolgen.
Räder
Das Fahrwerk einer modernen Achterbahn besteht üblicherweise aus drei Radpaaren pro Achse und Wagenseite, den Laufrädern, den Sidefriction-Wheels und den Underfriction-Wheels. Bei den meisten Stahlachterbahnen sind die Räder jeweils doppelt ausgelegt. Heute sind die Räder meist aus Metall mit einer Kunststoffauflage für die Lauffläche gefertigt. Bei Holzachterbahnen kommen in der Regel Metallräder ohne Kunststofflauffläche zum Einsatz.
Laufräder
Die Laufräder sind die Räder, mit denen die Bahn die meiste Zeit auf der Schiene rollt. Frühe Achterbahnen hatten ausschließlich Laufräder, sie ähnelten Eisenbahnrädern. Üblicherweise sind die Laufräder die größten Räder, da sie in Tälern durch die auftretenden Kräfte das Analog des mehrfachen Zuggewichtes tragen.
Sidefriction-Wheels
Um das Entgleisen der Züge auf kurvigen Strecken zu vermeiden wurden in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts die seitlich angebrachten Sidefriction-Wheels entwickelt. Damit ausgerüstete Holzachterbahnen, die sogenannten Side friction roller coaster hatten seitlich der Laufschienen angebrachte Führungsbretter, an denen die seitlichen Räder liefen. Die Bahnen fuhren dadurch in einer Art Trog. Bei Holzachterbahnen greifen die Sidefriction-Wheels üblicherweise von innen an die Schiene (siehe Grafik). Bei Stahlachterbahnen gibt es sowohl Varianten, bei denen die Räder von außen an die Stahlschiene greifen, als auch solche, bei denen sie innen montiert sind.
Underfriction-Wheels
Die Underfriction-Wheels (auch Up-Lift- oder Up-Stop-Wheels genannt) sind so am Zug befestigt, dass sie von unten an die Schiene greifen. Dadurch kann der Zug bei negativen G-Kräften nicht von den Schienen abheben. Das Design wurde 1919 von John Miller patentiert.[1] Heute gibt es nur noch wenige Bahnen, die ausschließlich Sidefriction-Wheels und keine Underfriction-Wheels haben. In dem Fall ist die Fahrt entweder so geplant oder ein Mitarbeiter sorgt als Bremser dafür, dass die Geschwindigkeit nicht so hoch wird, dass die Bahn entgleisen könnte.
Bei einigen einfachen Achterbahnmodellen sind Side- und Underfriction-Wheels kombiniert zu Rädern, die seitlich schräg an die Schiene greifen. Bei anderen (zum Beispiel beim Big Apple) greifen die Laufräder konkav um die Schiene, und das Herausspringen nach oben wird durch einfache Metallbolzen verhindert.
Rahmen
Drehgestell-Lenkung
Die Rädersets der inneren und äußeren Schiene, von denen hier nur je 2 Laufräder dargestellt sind, sind fix miteinander verbunden. Diese verbindende Achse (B) liegt auf einer Linie mit dem Mittelpunkt der Kurve, die die beiden Schienen beschreiben; die Achse verläuft radial zur Kurve und rechtwinkelig zur Schiene. Diese Achse ist drehbar mit dem Wagen verbunden, wie ein Drehgestell mit einem Eisenbahnwaggon. Die Verbindung zwischen vorderer und hinterer Achse ist auf einer Seite mit einem Kugelgelenk, und auf der anderen Seite mit einem „Scharnier“, wie bei einer Knicklenkung, versehen. Das Scharnier beschränkt die Bewegung der Verbindungsstange auf eine Ebene, das Kugelgelenk nicht. Dadurch sind auch dreidimensionale Torsionen im Wagen bzw. auf der Achterbahn möglich.[2]
Die Waggons können mit Kugelgelenken zu einem Zug gekuppelt werden, wie in der Zeichnung grün dargestellt, oder ein Waggon wird an den anderen angebaut. Die zweiachsigen Waggons können natürlich auch allein fahren. Diese Bauweise ist gut geeignet für niedrige Geschwindigkeiten und enge Kurven.
Achsschenkel-Lenkung
Alle vier Rädersets sind in horizontaler Ebene drehbar am Chassis angeordnet, wie bei Kraftfahrzeugachsen zur Achsschenkellenkung. Das Chassis selber ist nur in Torsionsrichtung drehbar, sonst sind die Drehpunkte der Rädersets starr zueinander fixiert. Die Achsen (B) liegen nicht radial zur Schienenkurve und stehen nicht im rechten Winkel zum jeweiligen Schienenstück. Daraus ergeben sich kleine Differenzen in der Spurweite die ausgeglichen werden müssen.[3]
Waggons können auch hier allein fahren, aneinandergehängt oder, wie in der Zeichnung dargestellt, direkt aneinandergebaut werden. Diese Bauweise ist gut geeignet für hohe Geschwindigkeiten und weite Kurven.
Drehgestellbauart
- Wave
- Muskrat Scrambler
Die oben abgebildeten Achterbahnwaggons nach dem Drehgestellprinzip haben je zwei bewegliche Achsen, zu sehen besonders an der Wave und Muskrat Scrambler Bahn.
- Spinning Racer
Spinning Coasters, wie oben im Bild zu sehen, sind oft eine Variante der Drehgestellbauart, die schematisch so aufgebaut sind:
Die Vertikalachse des Spinning Coaster um die sich die Gondel mit den Sitzen dreht ist nicht auf einem Scharnier mit einer der beiden Fahrwerkachsen verbunden, denn die beiden Fahrwerkachsen sind beide nach Art eines Kugelgelenks mit einem Mittelteil verbunden und damit symmetrisch. Damit der Mittelträger mit der Gondel nicht umkippt, hat der Mittelträger statt des Scharniers zwei Ausleger die eine zusätzliche horizontale Achse bilden. Darauf wiederum sind bewegliche Auflieger befestigt, in der Zeichnung lila eingezeichnet. Diese wiederum liegen auf zusätzlichen Rollen der Achsen auf. Fährt der Waggon in eine Torsionslage, liegt er genau im Mittel der beiden Achsen, also nicht so schräg nach links geneigt wie die Vorderachse und nicht so schräg nach rechts wie die Hinterachse, zum Beispiel.
Im Crush's Coaster und Spinning Racer hat der Auflieger eine trapezförmige Form, und die unterschiedlichen Neigungen ist am Spinning Racer gut zu sehen. Im einleitenden Bild der Radaufhängung ganz oben ist das zusätzliche Rad und die Aufliegefläche des Aufliegers auch gut zu sehen. Es ist, anders als in der Zeichnung, ganz außen.
Achsschenkel-Lenkung
In den Inverted Coasters, z. B. an dem Wicked Twister, sieht man die drehbaren Rädersets besonders gut. Sie sind beweglich wie ein Einkaufswagenrad in etwa. Die Sitze und der Rahmen sind auf einer Seite fix mit der Achse verbunden, in den beiden Abbildungen oben ist das die rechte Achse. Auf der anderen Seite ist der Rahmen kugelgelenkig mit dem nächsten Waggon verbunden, oder mit der einzelnen Achse am Ende des Zuges wie oben dargestellt, das ist jetzt jeweils die linke Achse in den beiden Bildern oben. Der Wicked Twister in Totalaufnahme und weitere Beispiele:
- Wicked Twister
- Velocity
- Swamp Thing
- Jimmy Neutron's Atomic Flyer
Das Gelenk zwischen den Waggons kann tatsächlich ein Kugelgelenk sein wie im Swamp Thing oder mit Kardangelenk und Axiallager gebaut sein wie im Jimmy Neutron's Atomic Flyer. Der Wicked Twister nimmt wie man sieht die starke Torsion gut auf, die Achterbahnbauart verträgt auch enge Kuppen aber keine engen ebenen Kurven. Um das 'Flattern' der Lenkung zu reduzieren können die Rädersets auch durch eine Stange im Trapez verbunden werden, wie es die Achsschenkellenkung vorsieht.[4]
Einzelnachweise
- US-Patent 1,319,888 (28. Oktober 1919) „John Miller Pleasure railway structure“
- Roller Coaster Steering, englische Diskussion im CoasterBuzz Forum, Beitrag von RideMan / Dave Althoff, Jr. vom August 10, 2011, 6:34PM. „If you are doing beam steering, as Arrow does, you have to rotate the entire axle to follow the curve.“
- Roller Coaster Steering (wie oben). „In the Ackermann-style steering assembly used by Gravitykraft, the wheel carrier pivots relative to the axle (or in fact there doesn't even need to be an actual axle, but that's another issue).“
- Zur Lenktrapezstange: Gesehen auf einem Bild einer 'Motorrad-Achterbahn' und auf Gravity Group's test train -- a closer look Holiday World & Splashin' Safari, YouTube, veröffentlicht 16. April 2009, Stelle 0:50/1:19.