ABAP
ABAP ist eine proprietäre Programmiersprache der Softwarefirma SAP, die für die Programmierung kommerzieller Anwendungen im SAP-Umfeld entwickelt wurde und in ihrer Grundstruktur der Programmiersprache COBOL entfernt ähnelt.
ABAP | |
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Paradigmen: | 4GL (Fourth Generation Language) |
Erscheinungsjahr: | 1983 |
Entwickler: | SAP SE |
Aktuelle Version: | 7.55[1] (2. September 2020) |
Beeinflusst von: | COBOL |
Betriebssystem: | Windows, Unix/Linux, u. v. m. |
Lizenz: | proprietär |
www.sap.com |
Ursprünglich stand die Abkürzung für „Allgemeiner Berichtsaufbereitungsprozessor“, da mit dieser Sprache nur Auswertungen (Reports) programmiert wurden, aber keine Datenbankveränderungen vorgenommen werden konnten. Im Zuge der Weiterentwicklungen der Sprache steht die Abkürzung nun für „Advanced Business Application Programming“. Der Sprachumfang ist nicht fest definiert und wurde in der Vergangenheit immer wieder erweitert, z. B. um die objektorientierten Sprachbefehle von ABAP Objects.
Seit 1990 basieren alle SAP-R/3-Module auf ABAP, das aus dem Vorgänger SAP R/2 übernommen wurde. Seit der Einführung von SAP NetWeaver bietet die SAP neben ABAP auch eine Ablauf- und Programmierumgebung für Java, und dementsprechend einen ABAP-basierten und einen Java-basierten Applikationsserver an (siehe SAP NetWeaver Application Server).
Eigenschaften
ABAP ist eine 4GL-Sprache, die speziell für die Massendatenverarbeitung in kommerziellen Anwendungen entwickelt wurde, und bietet u. a. folgende Vorteile gegenüber elementareren Sprachen, in denen solche Funktionen in Bibliotheken liegen:
- als Open SQL in die Sprache integrierter Datenbankzugriff
- in die ABAP-Laufzeitumgebung integrierte Performance-Optimierung von Datenbankzugriffen über die SAP-Pufferung
- interne Tabellen für die dynamische Speicherung und Bearbeitung von tabellarischen Massendaten im Arbeitsspeicher
- in die ABAP-Laufzeitumgebung integriertes Konzept des Online Transaction Processing (OLTP), bei dem viele Benutzer gleichzeitig auf die zentrale Datenbank zugreifen
- in die Sprache integrierte Schnittstelle zu anderen Programmierumgebungen über Remote Function Call
- in die Sprache integrierte Schnittstelle zu XML.
Die Integration solcher Funktionen in die Sprache ist im Wesentlichen vorteilhaft für die statische Überprüfbarkeit und die Ausführungsgeschwindigkeit von Programmen. Im Gegenzug enthält ABAP dadurch auch wesentlich mehr Sprachelemente als andere Programmiersprachen.
ABAP unterstützt ein auf Unterprogrammen und Funktionsbausteinen basierendes, prozedurales und ab Release 6.10 ein auf Klassen und Interfaces basierendes, objektorientiertes Programmiermodell. Beide Modelle sind interoperabel.
Abwärtskompatibilität
SAP betreibt bei der Entwicklung von ABAP das Prinzip der Abwärtskompatibilität. Wird eine ABAP-Anweisung durch eine neuere (z. B. performantere) Anweisung ersetzt, so verliert die alte Anweisung nicht ihre Gültigkeit oder Funktion. Da die alten Anweisungen neben den neuen Anweisungen weiter existieren, ergibt sich dadurch ein sehr umfangreicher Sprachumfang. Alte Sprachelemente sollen zwar nicht mehr eingesetzt werden, jedoch ist der Einsatz durchaus möglich. Lediglich bei der Verwendung von ABAP OO (ABAP Objects) können einige alte Bestandteile nicht mehr eingesetzt werden.
Der Vorteil ist, dass die bisherigen Entwicklungen und Kundenanpassungen funktionsfähig bleiben und deren Verhalten sich nicht ändert. Entwicklungen müssen nicht überarbeitet werden. Der Nachteil ist jedoch, dass Entwickler oft noch zu alten Komponenten greifen, obwohl neuere und effektivere (performantere) Sprachbestandteile vorhanden sind. Für Sprachneulinge bedeutet dies, dass sowohl die alten als auch die neuen Bestandteile erlernt werden müssen. Außerdem erhöht sich damit die Komplexität und der Sprachumfang.
Alte und neue Bestandteile können auch kombiniert werden, so können in objektorientiertem Coding (Programmcode) auch prozedurale Elemente verwendet werden, gleichzeitig ist auch die Verwendung objektorientierter Elemente in prozeduralem Coding möglich. Durch die gezielte Kombination neuer und alter Bestandteile kann die Mächtigkeit der Sprache erhöht werden.
ABAP Workbench
Die Programmierung in ABAP wird durch eine Entwicklungsumgebung unterstützt, die darauf ausgerichtet ist, große Projekte mit mehreren (hunderten) Entwicklern zu ermöglichen. Hierbei muss zu jeder Zeit ein lauffähiges System gewährleistet bleiben. Dazu werden die geänderten Objekte auf sog. Transportaufträgen erfasst, welche bei Freigabe auf das Dateisystem exportiert werden und in Folgesysteme importiert werden können. Durch diesen Mechanismus kann die Entwicklung der Programme von ihrem produktiven Einsatz getrennt erfolgen.
Die Entwicklungsumgebung zur Programmiersprache ABAP ist die ebenfalls in ABAP entwickelte ABAP Workbench. In der ABAP Workbench (Einstieg über den sogenannten Object Navigator, Transaktion SE80) können jedoch auch andere Objekte wie z. B. BSP (Business Server Pages, mit HTML-Anteilen) bearbeitet werden.
Das Besondere ist die sogenannte „Vorwärtsnavigation“. So führt ein Doppelklick auf einen Tabellennamen direkt zur Definition der Datenbanktabelle im ABAP-Dictionary, wohingegen Doppelklick auf einen Methodennamen direkt in diese Methode führt.
Die ABAP-Workbench wird mit der Zeit an die Anforderungen moderner Software-Entwicklung angepasst. Seit dem letzten Release wird beispielsweise auch Syntax-Highlighting unterstützt.
Seit Juli 2012 bietet die SAP auch eine ABAP-Entwicklungsumgebung auf Basis der Open Source Plattform Eclipse an („ABAP in Eclipse“). Die ABAP-Werkzeuge lassen sich mit anderen Eclipse-basierten Tools wie z. B. JEE und Android Developmenttools integrieren. Diese neu konzipierte Umgebung unterstützt speziell agile Softwareentwicklungsmethoden wie z. B. die testgetriebene Entwicklung. Der neue ABAP-Editor bietet neben Standardfunktionen wie Syntax-Highlighting und Code Completion auch Unterstützung für Refactoring wie z. B. das Umbenennen von Methoden und Variablen an. Zusätzlich gibt es einen Eclipse-basierten Debugger. Damit auch Werkzeuge der klassischen ABAP Workbench wie z. B. SE11 weiterhin verwendet werden können, gibt es die Möglichkeit, diese Transaktionen über ein integriertes SAP GUI innerhalb von Eclipse aufzurufen.
Codebeispiel
Das nachfolgende Programm gibt den Inhalt der Tabelle TSTCT (enthält Texte zu SAP-Transaktionscodes) in einer einfachen Liste aus.
Report RSTSTCT1.
Tables: TSTCT.
Select * from TSTCT where SPRSL = SY-LANGU.
Write: / TSTCT-SPRSL, TSTCT-TCODE, TSTCT-TTEXT.
Endselect.
Codebeispiel für R/3 Versionen ≥ 4.7 SR 1
Das nachfolgende Programm gibt den Inhalt der Tabelle TSTC (enthält SAP-Transaktionscodes) über den ABAP List Viewer aus.
REPORT ztest.
CLASS demo DEFINITION.
PUBLIC SECTION.
CLASS-METHODS main.
ENDCLASS.
CLASS demo IMPLEMENTATION.
METHOD main.
DATA tstc_tab TYPE STANDARD TABLE OF tstc WITH NON-UNIQUE DEFAULT KEY.
DATA alv TYPE REF TO cl_salv_table.
DATA exc TYPE REF TO cx_salv_msg.
SELECT *
FROM tstc
INTO TABLE tstc_tab.
TRY.
cl_salv_table=>factory(
IMPORTING r_salv_table = alv
CHANGING t_table = tstc_tab ).
alv->display( ).
CATCH cx_salv_msg into exc.
MESSAGE exc TYPE 'I'
DISPLAY LIKE 'E'.
ENDTRY.
ENDMETHOD.
ENDCLASS.
START-OF-SELECTION.
demo=>main( ).
REPORT ztest
. Beschreibt den Typ (REPORT
) und den Namen (ztest
) des Programms. Der Name richtet sich nach den Namensraumkonventionen, die besagen, dass kundeneigene (also nicht von SAP stammende) Programme im Kundennamensraum (Z*
undY*
) oder in einem reservierten Namensraum (haben als erstes und letztes Zeichen einen Schrägstrich) liegen müssen.[2]
CLASS demo DEFINITION … ENDCLASS
. Deklarationsteil einer Klassedemo
.CLASS-METHODS main
. Deklaration einer statischen Methodemain
.CLASS demo IMPLEMENTATION … ENDCLASS
. Implementierungsteil einer Klassedemo
mit MethodenimplementierungMETHOD … ENDMETHOD
DATA tstc_tab TYPE STANDARD TABLE OF tstc WITH NON-UNIQUE DEFAULT KEY
. Diese Anweisung definiert eine interne Tabelletstc_tab
vom Typ Standardtabelle, deren Zeilentyp die Struktur einer Zeile der DatenbanktabelleTSTC
hat.DATA alv TYPE REF TO cl_salv_table
. Diese Anweisung definiert eine Referenzvariable für ein List-Viewer-Objekt.DATA exc TYPE REF TO cx_salv_msg
. Diese Anweisung definiert eine Referenzvariable für ein Ausnahmeobjekt.SELECT * FROM tstc INTO TABLE tstc_tab
. Diese Anweisung liest alle Daten der Datenbanktabelletstc
in die interne Tabelletstc_tab
. Der Stern indiziert, dass alle Spalten der Datenbanktabelle in die interne Tabelle geschrieben werden sollen.TRY … CATCH … ENDTRY
. Ausnahmebehandlung (Verfügbar ab Version 4.7 SR1).cl_salv_table=>factory( … )
. Erzeugung eines List-Viewers für die interne Tabelle.alv->display( )
. Aufruf der Methodedisplay
des List-Viewers.START-OF-SELECTION
. Einleitung eines Ereignisblockes (dient hier als Einstiegspunkt)demo=>main( )
Aufruf der Methodemain
der Klassedemo
.
ABAP Objects
Unter ABAP Objects versteht man die objektorientierten Erweiterungen der Programmiersprache ABAP. Sie implementiert sämtliche Elemente der objektorientierten Programmierung (OOP) mit Ausnahme von Mehrfachvererbung und dem Überladen von Methoden. Interfaces sowie optionale Parameter werden unterstützt. Mit speziellen RTTI-Klassen ist auch reflexive Programmierung möglich, ab der Version 6.40 sogar (eingeschränkt) die dynamische Erzeugung neuer Typen.
ABAP Objects ist ab SAP Release 4.6 verfügbar und wird seitdem beständig weiterentwickelt und z. B. durch Object-Services ergänzt. Die objektorientierten Sprachelemente sind Voraussetzung für die Entwicklung von modernen Benutzeroberflächen mit Controls sowie für die Realisierung von Webanwendungen und XML-Services in ABAP. Große Teile der ABAP Workbench selbst sind objektorientiert in ABAP Objects implementiert.
ABAP Objects schränkt den Sprachumfang von „klassischem“ ABAP in einigen Punkten ein. So sind zum Beispiel interne Tabellen mit Kopfzeilen im Kontext von ABAP Objects nicht mehr erlaubt.
Web Dynpro
Seit SAP NetWeaver 7.0 gibt es mit WebDynpro für ABAP auch die Möglichkeit, Web-Applikationen in ABAP zu entwickeln. WebDynpro ABAP basiert auf der Web-Dynpro-Technologie. Ursprünglich wollte SAP diese Technologie nur für die Programmiersprache Java (ab NetWeaver 6.40) zur Verfügung stellen. Aufgrund von Kundenanfragen (fehlendes Java-Know-how bei ABAP-Entwicklern bzw. fehlendes SAP-Know-how bei Java-Entwicklern) entschied sich SAP, diese Technologie in ABAP zu integrieren.
Kritik
Allgemein
Die Vielzahl der möglichen ABAP-Anweisungen und ihrer Varianten führt allgemein zu einem schwerer verständlichen Quellcode als in anderen gängigen Programmiersprachen. Die vorhandene Vielfalt der ABAP-Anweisungen resultiert aus der Abwärtskompatibilität.
- Zuweisungen: So existiert zum Beispiel neben einer traditionellen Form der Zuweisung „variable = 18.“ auch die cobol-ähnliche Notation „MOVE 18 TO variable“. Auch für andere Aufgaben gibt es mehrere mögliche Notationen.
- Signifikanz von Leerzeichen: Unterschied zwischen '
+
' und '+
' (Plus und Blank-Plus)
- Beispiel:
DATA myvar(3) TYPE N VALUE '123'.
. - '
myvar+1
' (ohne Leerzeichen) ergibt '23
' (Offset einer Zeichenkette), 'myvar + 1
' (mit Leerzeichen) ergibt '124
' (Addition). - Diese ähnliche Schreibweise für sehr unterschiedlich wirkende Operationen ist eine potenzielle Fehlerquelle.
Vor Release 7.1 / 7.02
Insbesondere vor Release 7.1 sind Details erkennbar, die den Umgang mit der Sprache erschweren.
- Ausdrücke wurden nur bei Zuweisung zu einer Variablen ausgewertet, aber weder in einer IF-Bedingung noch in einer WRITE-Anweisung noch bei der Parameterübergabe an eine Funktion.
- Beispiel:
IF A * B < 15.
muss ersetzt werden durchDATA C TYPE xxx. C = A * B. IF C < 15.
.
- Das Ergebnis eines Funktionsaufrufes ist nicht unmittelbar in einem Ausdruck verwendbar.
Seit Release 7.1 / 7.02
Mit Netweaver 7.1 sind eine Reihe von Vereinfachungen der Sprache, insbesondere verkettete Ausdrücke, verfügbar. Diese Änderungen wurden später in das Enhancement Package 2 (7.02) für Release 7.0 herunterportiert.
- Beispiel:
IF A * B < 15.
- Beispiel:
IF X->NEXT( )->NEXT( )->GET_RESULT( Y->GET_TYPE( ) ) > 20.
Seit Release 7.40
- Seit Netweaver 7.40 ist es möglich, viele Schreibweisen, die vorher nur als vollständige Anweisungen möglich waren, als Ausdrücke an Operandenpositionen zu notieren.
- Beispiel vorher:
DATA oref TYPE REF TO class. CREATE OBJECT oref TYPE class EXPORTING p = 222.
- Beispiel ab Release 7.40:
DATA(oref) = NEW class( 222 ).
- Beispiel vorher:
Literatur
- Horst Keller: ABAP, Die offizielle Referenz. Rheinwerk 2016, ISBN 978-3-8362-4109-0.
- Horst Keller: ABAP-Schnellreferenz. Galileo Press, 2005, ISBN 3-89842-680-7.
- Sascha Krüger, Jörg Seelmann-Eggebert: ABAP Best Practices. Galileo Press, 2005, ISBN 3-89842-354-9.
- Horst Keller, Sascha Krüger: ABAP Objects – ABAP-Programmierung mit SAP NetWeaver. Galileo Press, 2006, ISBN 3-89842-358-1.
- Horst Keller, Wolf Hagen Thümmel: ABAP-Programmierichtlinien. Galileo Press, 2009, ISBN 978-3-8362-1286-1.
- Andreas Wiegenstein, Markus Schumacher, Sebastian Schinzel, Frederik Weidemann: Sichere ABAP-Programmierung. Galileo Press, 2009, ISBN 978-3-8362-1357-8.
- Hermann Gahm: ABAP Performance Tuning Galileo Press, 2009, ISBN 978-3-8362-1211-3.
- Bernd Matzke: ABAP / 4. Addison – Wesley, ISBN 3-8273-1372-4.
- Stephan Kaleske: Query-Reporting mit SAP ERP. Galileo-Press, Bonn 2009, ISBN 978-3-8362-1433-9 (SAP PRESS).
Weblinks
- Einführende Übersicht über die Programmiersprache ABAP
- ABAP — Schlüsselwortdokumentation
- ABAP Programmierumgebung im Release NetWeaver 7.0 Enhancement Pack 1
- ABAP beim SAP Developer Network
- Tricktresor.de Redaktionell aufbereitete Tipps & Tricks zur ABAP-Programmierung
- 4ap.de alles für ABAP-Programmierer
- ABAPforum.com deutschsprachiges Expertenforum rund um ABAP
- Enterprise Resource Planning/SAP/ABAP/ Linkkatalog zum Thema ABAP bei curlie.org (ehemals DMOZ)
- erp-up.de Wertvolle Tipps und Tricks rund um SAP ERP, SAP S/4HANA und ABAP-Programmierung
Einzelnachweise
- ABAP — Release-Specific Changes: Changes in Releases 7.5x
- ABAP Namensräume und Namenskonventionen (Memento vom 1. April 2013 im Internet Archive) – (PDF; 245 kB).