1Malaysia Development Berhad
1Malaysia Development Berhad (1MDB; malaiisch: [ˈsatu maˈlajʃa dɛˈvɛlɔpmɛn(t) bərˈɦad]) ist ein im Juli 2009 gegründetes, insolventes malaysisches strategisches Entwicklungsunternehmen (Staatsfonds), das sich zu 100 % im Besitz des Finanzministers (Incorporated) befindet.
1MDB wurde gegründet, um strategische Initiativen für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung des Landes voranzutreiben, indem globale Partnerschaften geschmiedet und ausländische Direktinvestitionen gefördert werden. Berhad ist ein malaiischer Begriff, der eine Aktiengesellschaft bezeichnet. 1MDB konzentriert sich auf strategische Entwicklungsprojekte in den Bereichen Energie, Immobilien, Tourismus und Agrarindustrie. 1MDB war an mehreren öffentlichkeitswirksamen Projekten beteiligt, wie der Tun Razak Exchange, dem Schwesterprojekt der Tun Razak Exchange, Bandar Malaysia und dem Erwerb von drei unabhängigen Stromerzeugern.
Durch missglückte Spekulationen büßte der Fonds bis Ende 2013 umgerechnet 11 Milliarden US-Dollar ein.[1] Seit 2015 steht das Unternehmen wegen verdächtiger Geldtransaktionen und Beweisen, die auf Geldwäsche, Betrug und Diebstahl hindeuten, stark unter Beobachtung. In einer vom US-Justizministerium (DOJ) eingereichten Klage wird behauptet, dass mindestens 3,5 Milliarden US-Dollar aus dem staatlichen malaysischen Fonds 1MDB gestohlen wurden.
Finanzskandal
Jho Low
Ab 2015 eröffneten Justizbehörden in mehreren Ländern Strafuntersuchungen gegen Jho Low u. a. wegen des Verdachts auf Veruntreuung und Geldwäsche in Höhe von ungefähr 4 Milliarden Dollar im Zusammenhang mit dem Staatsfonds 1MDB.
2017 leitete das US-Justizministerium die Beschlagnahmung von Vermögenswerten in der Höhe von ungefähr 540 Millionen Dollar ein. U. a. musste Leonardo DiCaprio ein von Low erhaltenes Gemälde von Pablo Picasso in Wert von 3,2 Millionen Dollar und eine Collage im Wert von 9 Millionen Dollar von Jean-Michel Basquiat den US-Behörden ausliefern.[2][3]
The Wolf of Wall Street
Im Frühjahr 2016 tauchten Indizien auf, dass die Finanzierung des Films The Wolf of Wall Street zu einem großen Teil aus dem malaysischen Staatsfonds 1Malaysia Development Berhad abgezweigt wurde. Im Zentrum des Betrugs um den Staatsfonds steht Premier Najib Razak, der zugleich auch den Fonds präsidiert. Ermittler wiesen nach, dass Hunderte Millionen Dollar aus dem Fonds auf seine persönlichen Bankkonten umgeleitet wurden. 1MDB gab 2012 in zwei Tranchen Obligationen heraus, um in Malaysia in Kraftwerke investieren zu können. Ein Arm eines Staatsfonds aus Abu Dhabi, die Aabar Investment PJS, bürgte für die Rückzahlung des aufgenommenen Geldes. Im Gegenzug sollte 1MDB 1,4 Milliarden Dollar an Aabar zahlen. Diese Summe floss allerdings nicht nach Abu Dhabi, sondern an eine Offshore-Firma auf den Britischen Jungferninseln mit ähnlichem Namen: Aabar Investments PJS Ltd. Von dort wurde das Geld an verschiedene Empfänger weitergeleitet, davon zirka 150 Millionen Dollar an die Produktionsfirma Red Granite, die einen Teil dieses Geldes vermutlich in The Wolf of Wall Street investierte.[4]
Sarawak Report
Der Enthüllungs-Blog Sarawak Report veröffentlichte am 12. Juli 2016 Dokumente, die nachweisen, dass im Jahr 2014 rund 1,9 Milliarden US-Dollar aus dem Umfeld des malaysischen Staatsfonds 1MDB auf ein UBS-Konto in Singapur abgezweigt wurden. Damit sollte die UBS in eine der größten Geldwäsche-Affären der Geschichte verwickelt sein, wie auch die Privatbanken BSI, Falkon, Coutts und Rothschild. Der malaysische Premier Najib Razak und einige seiner Vertrauten werden verdächtigt, insgesamt bis zu 4 Milliarden US-Dollar aus dem Staatsfonds 1MDB in die eigenen Taschen umgeleitet zu haben. Die neue Schätzung des Wall Street Journal beläuft sich auf bis zu 6 Milliarden US-Dollar. Die UBS realisierte nachträglich selbst, dass mit den Transaktionen etwas nicht stimmte, und erstattete Meldung an die Behörden. Die Schweizerische Bundesanwaltschaft eröffnete nach aktuellem Stand kein Strafverfahren gegen die UBS.[5]
Goldman Sachs
Im Dezember 2018 geriet Goldman Sachs in die öffentliche Berichterstattung, aufgrund des Finanzskandals um den malaysischen Staatsfonds 1MDB.[6] Zwischen 2012 und 2013 hatte Goldman Sachs die Emissionen von drei Anleihen im Wert von insgesamt 6,5 Milliarden US-Dollar für den Staatsfonds begleitet. Die Bank kassierte dabei Gebühren in Höhe von rund 600 Millionen US-Dollar.[7]
Im Zentrum der Korruptionsaffäre stand der ehemalige Top-Manager Tim Leissner, der, den Worten von Goldman-Sachs-Chef David Solomon zufolge, die Bank in die Irre geführt habe.[8] Malaysia forderte 7,5 Milliarden Dollar (rund 6,6 Milliarden Euro) Entschädigung von der Investmentbank.[8]
Im Oktober 2020 teilte das US-Justizministerium mit, Goldman werde im Rahmen eines Vergleichs mit Behörden in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Singapur und anderen Ländern insgesamt 2,9 Milliarden Dollar zahlen. Goldman Sachs wurde beschuldigt, unter anderem Regierungsvertreter in Malaysia und Abu Dhabi mit Schmiergeldern von mehr als einer Milliarde Dollar bestochen zu haben. Anwälte der Bank hatten zuvor bei Gericht in New York ein Schuldbekenntnis im Namen von Goldman Malaysia wegen Verstößen gegen das Antikorruptionsgesetz, „Foreign Corrupt Practices Act“, abgegeben.[9]
Najib Razak
Am 28. Juli 2020 wurde der ehemalige Premierminister von Malaysia, Najib Razak, im Zusammenhang mit dem 1MDB-Skandal für schuldig befunden. Er wurde zu 12 Jahren Gefängnis und 49 Millionen Dollar Geldstrafe verurteilt. Razak erhielt zusätzlich 10 Jahre Gefängnis für jede der sechs Anklagen, darunter 3 Anklagen wegen krimineller Untreue und 3 Anklagen wegen Geldwäsche.[10][11]
Weblinks
Einzelnachweise
- James Chin: A Decade Later: The Lasting Shadow of Mahathir. In: James Chin, Jörn Dosch (Hg.): Malaysia post-Mahathir. A decade of change? Marshall Cavendish Editions, Singapore 2015, ISBN 978-981-4677-16-5, S. 16–40, hier S. 20.
- Leonardo DiCaprio muss seinen Picasso abgeben – BILANZ, abgerufen am 28. Februar 2021
- Leonardo DiCaprio Surrenders Picasso and Basquiat to Feds | artnet News, abgerufen am 28. Februar 2021
- Schwindel mit dem Schwindler-Film Basler Zeitung, 13. April 2016
- UBS in historischen Geldwäscherei-Skandal verstrickt Tages-Anzeiger vom 13. Juli 2016
- Spiegel.de: Malaysia verklagt Goldman Sachs im 1MDB-Skandal, abgerufen am 13. Januar 2019
- Handelsblatt.de: Malaysia fordert von Goldman Sachs Schadensersatz in Milliardenhöhe, abgerufen am 13. Januar 2019
- Frank Stocker: Goldman Sachs: Die Gier ist zurück. In: DIE WELT. 21. Januar 2019 (welt.de [abgerufen am 21. Januar 2020]).
- Goldman Sachs zahlt fast drei Milliarden wegen Korruptionsskandal. 1MDB-Skandal in Malaysia. SPON, 22. Oktober 2020 (abgerufen am 23. Oktober 2020)
- Najib Razak: Malaysian ex-PM gets 12-year jail term in 1MDB corruption trial. In: BBC News. 28. Juli 2020 (bbc.com [abgerufen am 23. April 2021]).
- Malaysia's Najib sentenced to over a decade in jail in 1MDB trial – reuters.com, abgerufen am 28. Februar 2021