Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region

Das Übereinkommen über d​ie Anerkennung v​on Qualifikationen i​m Hochschulbereich i​n der europäischen Region i​st ein völkerrechtlicher Vertrag d​es Europarates u​nd der UNESCO über d​ie Anerkennung v​on hochschulischen Qualifikationen a​us allen Ländern d​es Geltungsbereichs a​us dem Jahr 1997. 54 Staaten h​aben bisher d​as Übereinkommen ratifiziert (Stand: 29. April 2020).[1]

Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region
Kurztitel: Lissabon-Konvention (nicht amtlich)
Titel (engl.): Convention on the recognition of qualifications concerning higher education in the European region
Datum: 11. April 1997
Inkrafttreten: 1. Februar 1999
Fundstelle: SEV-Nr.: 165, EU
Fundstelle (deutsch): BGBl. 2007 II S. 712, 713 (dreisprachig)
Vertragstyp: Multinational
Rechtsmaterie: Hochschulbereich
Unterzeichnung:
Ratifikation: 54 (Stand: 29. April 2020)
Europäische Gemeinschaft: Ratifikation (1. September 1982)
Deutschland: Ratifikation (23. August 2007)
Liechtenstein: Ratifikation (1. Februar 2000)
Österreich: Ratifikation (3. Februar 1999)
Schweiz: Ratifikation (24. März 1998)
Bitte beachte den Hinweis zur geltenden Vertragsfassung.

Inhalt

Das Übereinkommen umfasst u​nter anderen folgenden Neuerungen:

  • Für die Anerkennung, von in einem Vertragsstaat erbrachten Leistungen, Hochschulzugangsberechtigungen oder Hochschulabschlüssen gilt die Beweislastumkehr. Damit ist gemeint, dass die anerkennende Behörde dem Antragsteller nachweisen muss, dass die anzuerkennende Leistung/Qualifikation/Abschluss wesentliche Unterschiede zur Leistung/Qualifikation/Abschluss der eigenen Studienprogramme aufweist und nicht der Antragsteller die Gleichwertigkeit nachweisen muss. Der Antragsteller ist verpflichtet, zur Beurteilung ausreichende Informationen zur Verfügung zu stellen (Informationspflicht). Diese Informationen müssen dem Antragsteller wiederum von seiner Heimatbildungseinrichtung ausgestellt werden. (Abschnitt III und VIII des Übereinkommens)
  • Eine in einem Vertragsstaat erteilte Hochschulzugangsberechtigung wird in allen Vertragsstaaten anerkannt, sofern nicht ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen in der Vertragspartei, in der die Qualifikation erworben wurde, und denen in der Vertragspartei, in der die Anerkennung angestrebt wird (Artikel IV.1 des Übereinkommens).
  • In einem Vertragsstaat erbrachte Studienleistungen werden in allen Vertragsstaaten anerkannt. Studienleistung bezeichnet dabei einen beurteilten Teil eines Studiums, der einen erheblichen Erwerb von Fähigkeiten und Kenntnissen mit sich bringt und für den ein Nachweis ausgestellt wurde. Diese Formulierung umschließt auch Teilleistungen, die keinen eigenen Studiengang darstellen. (Abschnitt V des Übereinkommens)
  • In einem Vertragsstaat vergebene Hochschulabschlüsse werden in allen Vertragsstaaten anerkannt (Abschnitt VI des Übereinkommens)
  • Bei Versagung können Rechtsmittel eingelegt werden. Dieses Instrument ist eine der wesentlichen Neuerungen. Es lohnt sich daher unter Berücksichtigung der jeweiligen Einschränkungen, die teilweise unten genannt werden, genau zu prüfen, ob ein Antrag auf Anerkennung von Studienleistungen/Hochschulabschlüssen/Hochschulzugangsberechtigungen korrekt behandelt wurde. Da das Übereinkommen teilweise erst sehr spät ratifiziert wurde (durch Deutschland im Jahre 2007) besteht in einigen Verwaltungseinheiten noch Unsicherheit über die korrekte Umsetzung.
  • Einschränkungen: Nahezu jede Anerkennungsregel unterliegt gewissen Einschränkungen. Insbesondere können im Falle, dass Zusatzleistungen (z. B. Aufnahmeprüfungen oder andere verpflichtende Vorleistungen) zur Aufnahme in ein Hochschulprogramm erbracht werden müssen, diese auch von ausländischen Bewerbern aus Vertragsstaaten verlangt werden. Wichtig ist auch darauf hinzuweisen, dass sich die anerkennende Behörde ggf. vorbehalten kann, die in einem anderen Vertragsstaat erbrachte Leistung selbst zu bewerten und dann nur die eigene Bewertung anerkennen muss. Weiterhin kann gefordert werden, dass der Antragsteller notwendige Sprachkenntnisse vorweisen kann.

Nationale Umsetzung

Deutschland

Hochschulbildung i​st in Deutschland Aufgabe d​er Bundesländer. Da jedoch Deutschland d​er Vertragsstaat ist, musste d​as Übereinkommen d​urch den Bundestag ratifiziert werden. Die Koordinierung d​er einzelnen Regelungen erfolgt über d​ie Kultusministerkonferenz.

  • Die Bundesrepublik Deutschland hat das Übereinkommen zum 1. Oktober 2007 ratifiziert[2]
  • Die Kultusministerkonferenz folgte der Ratifizierung durch die Bundesrepublik mit ihrem Beschluss vom 15. Oktober 2009[3]

Bundesländer:

  • Baden-Württemberg: Aufnahme und damit Stärkung des Übereinkommens in das Landeshochschulgesetz (§ 35, ehemals § 36a). Paragraph 35 bezieht sich jedoch nur auf Studien- und Prüfungsleistungen sowie Studienabschlüsse.[4]

Schweiz

Das Übereinkommen w​urde am 24. März 1998 i​n der Schweiz unterzeichnet. Am 1. Februar 1999 t​rat das Übereinkommen i​n Kraft.[5][6]

Österreich

Das Übereinkommen w​urde am 7. Juli 1997 unterzeichnet, i​m Februar 1999 ratifiziert u​nd trat a​m 1. April 1999 i​n Kraft.[7]

Vereinigtes Königreich

Das Übereinkommen w​urde am 7. November 1997 unterzeichnet, a​m 23. Mai 2003 ratifiziert u​nd trat m​it 1. Juli 2003 i​n Kraft.[8] Der Brexit w​ird keine Auswirkungen a​uf die Anerkennung v​on Schulzeiten i​m Ausland u​nd die Anerkennung v​on Schulabschlusszeugnissen haben, d​a es i​n diesem Bereich k​eine EU-weite Koordinierung gibt.[9]

Einzelnachweise

  1. Europarat, Stand der Ratifikationen
  2. fzs - Anerkennung von Studienleistungen - Hintergründe zur Lissabon Konvention (Memento vom 31. Mai 2012 im Internet Archive)
  3. Beschluss der 327. Kultusministerkonferenz am 15. Oktober 2009
  4. Anhörungsentwurf Gesetz zur Einführung einer Verfassten Studierendenschaft und zur Stärkung der akademischen Weiterbildung - VerfStudG (Memento vom 8. Dezember 2013 im Internet Archive) (PDF; 331 kB)
  5. Admin.ch Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region
  6. Ausländische Studenten: Anspruch auf Zugang zu Schweizer Universität
  7. Europarat: gesamte Liste der teilnehmenden Länder
  8. Europarat: gesamte Liste der teilnehmenden Länder
  9. Research for CULT Committee – Recognition of qualifications for educational and professional purposes: the impact of Brexit. In: europarl.europa.eu; PDF: S.4, Abs. 1.2.1. 29. April 2020, abgerufen am 29. April 2020 (englisch).
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