Youri Vámos
Youri Vámos (ungarisch György Vámos; * 21. November 1946 in Budapest) ist ein in Deutschland lebender, ungarischer[1] Tänzer und freischaffender Choreograf.
Leben
Vámos absolvierte von 1958 bis 1967 seine Tanzausbildung an der Staatlichen Hochschule für Tanzkunst (ung. Magyar Táncművészeti Főiskola) in Budapest. Nach seinem ersten Engagement als Solist an der Ungarischen Staatsoper (Hauptrollen u. a. in „Der Nussknacker“, „Schwanensee“ und „Spartakus“), wo ihn insbesondere der Choreograf Laszló Seregi prägte, wurde er 1972 als Erster Solist an die Bayerische Staatsoper München verpflichtet (Hauptrollen in Balletten von Choreografen wie John Cranko, Maurice Béjart, George Balanchine, Johann Kresnik, Dieter Gackstetter, Glen Tetley, Eric Walter, Hans van Manen, Jiří Kylián, Sir Frederick Aston, Sir Peter Wright und John Neumeier). 1978 wurde seine erste Choreografie „Paganini“ nach der Musik von S. Rachmaninow an der Bayerischen Staatsoper aufgeführt und fand überregionale Beachtung. Vámos war Ballettdirektor in Dortmund (1985–1988), Bonn (1988–1992), Basel (1991–1996) und an der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg (1996–2008). Seit 2009 ist er freischaffender Choreograf. Vámos ist seit 2002 mit seiner choreografischen Mitarbeiterin, der langjährigen Solo-Tänzerin Joyce Cuoco, verheiratet.
Werk
Es ist Vámos ein Anliegen, abendfüllende Handlungsballette in zeitadäquater Sicht erscheinen zu lassen. Er widmet sich vor allem Neufassungen klassischer Werke, indem er ihnen neue Handlungen unterlegt – so wird „Dornröschen“ zu Anastasia, der letzten Tochter des Romanow-Zaren. Tschaikowskys „Nussknacker“ erzählt Charles Dickens Weihnachts-Geschichte vom geläuterten Geizhals Scrooge. Dieses Ballett wurde bislang mehr als tausend Mal in verschiedenen Kompanien gespielt und ist auch weiterhin Bestandteil ihrer Repertoires. 1993 wurde es von Sony Classical unter der Schirmherrschaft von Sir Peter Ustinow und UNICEF aufgezeichnet.[2]
Das Buch „Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts in einem Band“ (Jochen Schmidt: erschienen 2002 in der arte edition des Henschel-Verlags) betitelte Youri Vámos als den wohl besten choreografische Geschichtenerzähler der Gegenwart.[3]
Ballette seit 1990
(mehr Einzelheiten und ältere Premieren – siehe seine Homepage)
- Premiere: 1990, Tannhäuser (Musik: Richard Wagner, Oper Bonn)
- Premiere: 1990, Die Fledermaus (Musik: Johann Strauß, Oper Bonn)
- Premiere: 1990, Fausts Verdammnis (Musik: Hector Berlioz, Oper Bonn)
- Premiere: 1991, Vathek (Musik: Dmitri Schostakowitsch, Premiere: 1991, Theater Basel)
- Premiere: 1992, Dornröschen – die letzte Zarentochter (Musik: Pjotr Tschaikowski, Theater Basel)
- Premiere: 1993, Studien (Musik: Alfons Grieder, Theater Basel)
- Premiere: 1993, Per Due (Musik: Keith Jarrett, Theater Basel)
- Premiere: 1994, Der holzgeschnitzte Prinz / Der wunderbare Mandarin (Musik: Béla Bartók, Theater Basel)
- Premiere: 1995, Ein Sommernachtstraum (Musik: Felix Mendelssohn Bartholdy, Theater Basel)
- Premiere: 1996, Shannon Rose – eine Liebe in Irland (Musik: Jean Sibelius, Bayerische Staatsoper München)
- Premiere: 1997, Josephs Legende (Musik: Richard Strauss, Oper Bonn)
- Premiere: 1997, Samson und Dalila (Musik: Camille Saint-Saëns, Oper Bonn)
- Premiere: 1999, Romeo und Julia (Musik: Sergej Prokofjew, Deutsche Oper Berlin)
- Premiere: 1999, Quasi una Fantasia (Musik: Henryk Górecki, Deutsche Oper am Rhein Duisburg)
- Premiere: 2000, Der Fall Othello (Musik: Leoš Janáček, Deutsche Oper am Rhein Duisburg)
- Premiere: 2001, Cinderella (Musik: Sergej Prokofjew, Deutsche Oper am Rhein Duisburg)
- Premiere: 2002, Le sacre du printemps (Musik: Igor Strawinsky, Deutsche Oper am Rhein Duisburg)
- Premiere: 2002, West Side Story (Musik: Leonard Bernstein, Deutsche Oper am Rhein Duisburg)
- Premiere: 2005, Erda (Musik: Pēteris Vasks, Deutsche Oper am Rhein Duisburg)
- Premiere: 2006, Tschaikowsky Ballett-Gala (Musik: Pjotr Tschaikowski, Deutsche Oper am Rhein Duisburg)
- Premiere: 2007, Giselle (Musik: Adolphe Adam, Deutsche Oper am Rhein Duisburg)
- Premiere: 2008, La Fermosa – die Jüdin von Toledo (Musik: Irmin Schmidt & Hans Pfitzner, Deutsche Oper am Rhein Duisburg)
Produktionen seit 2009
- »Romeo und Julia« für das Ballett in Perth/Australien
- »Sommernachtstraum« und »Nussknacker« für das Badische Staatstheater Karlsruhe
- »Coppélia am Montmartre« für das Nationaltheater in Brno
- »Carmina Burana« für das Theater Festival Split, das National Ballett Moravia sowie in Tirana
- »Lucidor« für das Mainfranken Theater Würzburg und das Nationaltheater in Brno
- »Sommernachtstraum« für das Opernhaus Riga, das Mainfranken Theater Würzburg, das ungarische Nationaltheater Győr sowie in der slowakischen Hauptstadt Bratislava
- »Dornröschen« für das Opernhaus Prag und das Badischen Staatstheater Karlsruhe
- »Othello« für das Nationaltheater in Prag
Auszeichnungen
- 1993 erhielt Vámos den Stern des Jahres der Abendzeitung (AZ)
- 2001 wurde er zum Ehrenprofessor an der Hochschule für Tanzkunst Budapest ernannt
- 2007 wurde er mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet
- 2016 erhielt er das Ritterkreuz des Ungarischen Verdienstordens[4]
Literatur
- Ursula Pellaton: Youri Vámos. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 3, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 1993 f.
Weblinks
Einzelnachweise
- Youri Vámos im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- SK Stiftung Kultur – Deutsches Tanzarchiv Köln Der Nußknacker: eine Weihnachtsgeschichte Abgerufen am 16. Januar 2011
- Der Nussknacker – Eine Weihnachtsgeschichte Ein Ballett von Youri Vámos nach Charles Dickens und E. T. A. Hoffmann Abgerufen am 16. Januar 2011
- Ritterkreuz des Ungarischen Verdienstordens. Abgerufen am 15. September 2016.