Xavier Dolan
Xavier Dolan-Tadros (* 20. März 1989 in Montreal, Québec) ist ein frankokanadischer Autorenfilmer, Schauspieler, Regisseur, Filmproduzent, Drehbuchautor und Synchronsprecher.
Leben und Karriere
Xavier Dolan-Tadros ist der Sohn der Lehrerin Geneviève Dolan und des ägyptischstämmigen Sängers und Schauspielers Manuel Tadros, der Gastauftritte in manchen von Dolans Filmen hat (I Killed My Mother, Laurence Anyways und Sag nicht, wer du bist!). Seine ersten Auftritte als Schauspieler hatte Dolan mit vier Jahren in einer Serie von Werbespots für eine Apothekenkette. Einige Jahre später trat er in Fernsehserien wie Miséricorde, Omertà II und L’Or auf. Darüber hinaus spielte er in Kurz- und Spielfilmen wie J’en suis! (1997), Le marchand de sable (1999), Die geheime Festung (La Forteresse suspendue, 2001), Miroirs d’Été (2006), Martyrs (2008) und Good Neighbours (2010). 2014 spielte Dolan in Daniel Grous Spielfilm Miraculum erstmals eine Hauptrolle, ohne dass er selbst die Regie übernahm. Außerdem stand er 2014 unter der Regie von Charles Binamé für den Film Elephant Song, einer Adaption des gleichnamigen Stücks von Nicolas Billon, neben Bruce Greenwood, Catherine Keener und Carrie-Anne Moss vor der Kamera.[1]
Dolan arbeitet auch als Synchronsprecher; er spricht beispielsweise Ron Weasley in der Québec-französischen Version der Harry-Potter-Filme und Jacob Black in den Twilight-Filmen. I Killed My Mother (2009) ist sein Regiedebüt als Spielfilm. Premiere feierte der Film am 18. Mai 2009 bei den Filmfestspielen von Cannes in der Filmreihe junger Regisseure (Quinzaine des réalisateurs); er wurde in über 20 Länder verkauft. Sein zweiter Film, Herzensbrecher, wurde am 16. Mai 2010 bei den Filmfestspielen von Cannes in der Sektion Un Certain Regard gezeigt. Auch sein dritter Film, Laurence Anyways, feierte am 18. Mai 2012 bei den Filmfestspielen von Cannes in dieser Kategorie Premiere.
2013 drehte er das Musikvideo zum Song College Boy der französischen New-Wave-Band Indochine, das wegen seiner exzessiven Gewaltdarstellung in Zusammenhang mit der Verwendung christlicher Symbolik kritisiert wurde. Dolans vierter Film ist eine Adaption von Michel Marc Bouchards Theaterstück Tom à la ferme. Er wurde am 2. September 2013 im Wettbewerb der 70. Internationalen Filmfestspiele von Venedig uraufgeführt und mit einem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet.[2] Darin spielt er erneut eine der Hauptrollen. Der deutsche Kinostart unter dem Titel Sag nicht, wer du bist! fand am 21. August 2014 statt. Sein fünfter Film, Mommy, wurde im Herbst 2013 gedreht und am 22. Mai 2014 im Wettbewerb um die Goldene Palme bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes uraufgeführt und mit dem Preis der Jury ausgezeichnet, der zu gleichen Teilen an den Film Adieu au Langage von Jean-Luc Godard ging. Dolan stellte mit Mommy bereits zum vierten Mal eine Regiearbeit in Cannes vor, jedoch erstmals im Hauptwettbewerb.
Als sechsten Film mit dem Titel Einfach das Ende der Welt, der unter anderem mit Vincent Cassel, Léa Seydoux, Marion Cotillard und Gaspard Ulliel besetzt war, realisierte Dolan das Theaterstück Juste La Fin Du Monde von Jean-Luc Lagarce. Dieser kleinere Film sollte die großen Genreunterschiede zwischen Mommy und seinem siebten Film The Death and Life of John F. Donovan überbrücken und Dolan so auf das anstehende größere Filmprojekt vorbereiten.[3] Einfach das Ende der Welt brachte ihm 2016 seine zweite Einladung in den Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes ein, wo er mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde.
The Death and Life of John F. Donovan, den er zusammen mit Jacob Tierney geschrieben hat, wurde sein erster englischsprachiger Film.[4] Der Drehstart war im Herbst 2015, die Premiere fand am 10. September 2018 beim Toronto International Film Festival statt. In einem Interview mit der Montreal Gazette erwähnte Dolan, dass er außerdem plane, den Hitchcock-Film Cocktail für eine Leiche in einer modernen Fassung zu adaptieren; vorher wolle er aber eine kreative Pause einlegen und Kunstgeschichte studieren, da er aufgrund seiner enormen Produktivität in den Jahren zuvor erschöpft sei.[5]
Am 29. Juni 2016 wurde bekannt, dass Dolan mit weiteren 682 Persönlichkeiten von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences als neues Mitglied eingeladen wurde.[6] Bei den Juno Awards 2016 wurde er mit einem Juno für sein Video zu Adeles Lied Hello ausgezeichnet.
2019 hatte sein achter Film Matthias & Maxime, eine schwule Liebesgeschichte, Premiere in Cannes.[7]
Dolan lebt offen homosexuell[8] und beschreibt den Film I Killed My Mother, der sich um den homosexuellen Hubert und die Beziehung zu seiner Mutter dreht, als semi-autobiographisch. Der Schriftsteller Edouard Louis widmete sein Buch Wer hat meinen Vater umgebracht (2018) Xavier Dolan.[9]
Filmografie (Auswahl)
- Regisseur und Drehbuchautor
- 2009: I Killed My Mother (J’ai tué ma mère)
- 2010: Herzensbrecher (Les amours imaginaires)
- 2012: Laurence Anyways
- 2013: College Boy (Musikvideo von Indochine)
- 2013: Sag nicht, wer du bist! (Tom à la ferme)
- 2014: Mommy
- 2015: Hello (Musikvideo von Adele)[10]
- 2016: Einfach das Ende der Welt (Juste la fin du monde)
- 2018: The Death and Life of John F. Donovan
- 2019: Matthias & Maxime
- Filmproduzent
- 2009: I Killed My Mother (J’ai tué ma mère)
- 2010: Herzensbrecher (Les amours imaginaires)
- 2012: Laurence Anyways
- 2013: Sag nicht, wer du bist! (Tom à la ferme)
- 2014: Mommy
- 2016: Einfach das Ende der Welt (Juste la fin du monde)
- 2019: Matthias & Maxime
- Schauspieler
- 1994: Miséricorde (Fernsehserie)
- 1997: Omertà II (Fernsehserie)
- 1997: J’en suis!
- 1999: Le marchand de sable (Kurzfilm)
- 2001: Die geheime Festung (La forteresse suspendue)
- 2001: L’Or (TV-Serie)
- 2005: Attitudes (Kurzfilm)
- 2006: Miroirs d’Été (Kurzfilm)
- 2008: Martyrs
- 2009: Suzie
- 2009: I Killed My Mother (J’ai tué ma mère)
- 2010: Les journaux de Lipsett
- 2010: Herzensbrecher (Les amours imaginaires)
- 2010: Good Neighbours
- 2012: Laurence Anyways
- 2013: Sag nicht, wer du bist! (Tom à la ferme)
- 2014: Miraculum
- 2014: Elephant Song
- 2018: Der verlorene Sohn (Boy Erased)
- 2018: Bad Times at the El Royale
- 2019: Es Kapitel 2 (It Chapter Two)
- 2021: Illusions perdues
Literatur
- Xavier Dolan im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Weblinks
- Xavier Dolan in der Internet Movie Database (englisch)
- Literatur von und über Xavier Dolan im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- „Les amours imaginaires“: Interview mit Xavier Dolan auf ARTE
- „Der Ausprobierer“ – Porträt von Volker Sievert in U mag (Juli 2011)
Einzelnachweise
- Lise Millette: Quebec director Xavier Dolan takes prize in Venice, film to screen at TIFF (Memento vom 27. Juni 2015 im Internet Archive) in: The Globe and Mail, 7. September 2013, abgerufen am 9. September 2013.
- Brendan Kelly: Xavier Dolan’s Tom à la ferme wins critics’ prize at Venice Film Festival (Memento vom 9. September 2013 im Internet Archive) in: Montreal Gazette. 6. September 2013. Abgerufen am 8. September 2013.
- Moze Halperin: Xavier Dolan’s New Film, ‘It’s Only the End of the World,’ Will Star Marion Cotillard and Léa Seydoux (Memento vom 1. Mai 2015 im Internet Archive) in: Flavorwire, 28. April 2015, abgerufen am 5. Mai 2015.
- Kee Chang: Catch-Up: Xavier Dolan (Memento vom 7. April 2014 im Internet Archive) in: Anthem Magazine, 30. Mai 2013, abgerufen am 10. August 2013.
- The Gazette Videos: Extended version: Conversation with Xavier Dolan (Memento vom 13. Dezember 2016 im Internet Archive) auf: YouTube. 27. März 2014. Abgerufen am 5. April 2014.
- Emma Thrower: Tom Hiddleston, Emma Watson, Idris Elba, John Boyega and more join the Academy (Memento vom 30. Juni 2016 im Internet Archive) In: empireonline.com, 30. Juni 2016.
- Bekenntnisse einer Drama-Queen. In: Der Tagesspiegel. Abgerufen am 29. Juli 2021.
- Frank Noack: „I killed my mother“ – bejubelter Debütfilm von Xavier Dolan (Memento vom 23. März 2014 im Internet Archive) in: Siegessäule.de, abgerufen am 27. Juni 2013.
- Wer hat meinen Vater umgebracht. Frankfurt a. M. 2019. S. 5.
- Kaever, Oliver: Video zur neuen Adele-Single: Die Leidensfrau ist zurück (Memento vom 17. Februar 2016 im Internet Archive). In: SPIEGEL online.