Wolfgang Bortlik

Wolfgang Bortlik (* 8. Juni 1952 i​n München) i​st ein deutscher Schriftsteller u​nd Musiker, d​er in d​er Schweiz l​ebt und arbeitet.

Wolfgang Bortlik, Buchhandlung Paranoia City, Zürich 2019.

Leben

Wolfgang Bortlik kam in München auf die Welt, 1965 zog die Familie in die Schweiz. Von 1972 bis 1980 studierte er Geschichte, Soziologie und Publizistik an den Universitäten München und Zürich. In den 1980er Jahren war Bortlik eine der Figuren der Aargauer Untergrundszene: Er trommelte und sang von 1980 bis 1990 in der Punk-Ska Band Bermuda Idiots, betrieb die Buchhandlung/Galerie «zum Goldenen Kalb» in Aarau und war einer der Köpfe des Aargauer Untergrundblatts Alpenzeiger (1975–1995).[1][2] Bortlik gründete 1981 die Edition Moderne mit, bei der er bis 1989 das literarische Programm betreute. Daneben ist er tätig als Lektor und Übersetzer etwa der Romane von Stewart Home. 1993 zog Bortlik nach Basel, heute lebt er in Riehen.[3]

Literarische Karriere

1998 erschien Bortliks erster Roman Wurst & Spiele, d​er voller Anspielungen a​uf Populärkultur u​nd Musik ist, weshalb i​hn das Nachrichtenmagazin Facts d​en Schweizer Hornby nannte. Der Roman kreist u​m die rebellische Jugend d​er 1980er, d​eren Leben Bortlik s​o zusammenfasst: «gute Konzerte, w​ilde Kunst, seltsame Filme, zusammen Herumsitzen o​hne Konsumzwang.»[1]

2000 erschien Halbe Hosen, e​ine Satire m​it dem Personal, d​as einen Großteil v​on Bortliks Romanen bevölkern wird. Politische u​nd kulturelle Rebellen v​on gestern, d​ie sich i​n ihrem Scheitern einrichten.[4] Hektische Helden v​on 2002 konfrontiert e​inen von Bortliks Anti-Helden m​it der reaktionären u​nd extremen Rechten d​er Schweiz, über d​ie Bortlik v​iel recherchiert hat. Mittelpunkt dieses patriotischen Pandämoniums i​st ein Poltergreis namens Hallauer, d​er eine Zeitschrift für abendländische Werte m​it dem Namen „Okzident“ herausgibt[...]. Selbstverständlich s​ind alle Personen i​m Roman e​her fiktiv, a​lle Inhalte, Zitate u​nd Ideologien a​ber authentisch.[3]

2009 begann m​it Fischer h​at Durst Bortliks Krimiserie m​it Amateurdetektiv Melchior Fischer, d​er zehn Jahre später i​n Uferschnee seinen vierten Fall lösen muss. Wobei Fischer Bortliks Alter Ego s​ein könnte. Mit Punk- u​nd Rock’n’ Roll- Zitaten verortet Bortlik d​as Gemüt seiner Ermittler i​n den wilden 1970ern, gespickt m​it Kulturbetriebskritik.[5] So kreist Spätfolgen, d​er zweite Fall v​on Melchior Fischer, u​m die 1970er Jahre u​nd thematisiert d​ie Anti-AKW-Bewegung u​nd ihre Folgen.

Arme Ritter v​on 2014 spielt streckenweise i​n den Siebzigerjahren, d​ie Wolfgang Bortlik politisch geprägt h​aben und beginnt m​it einem politisch motivierten Bankraub. Bortlik sagt: Ich h​abe sogar m​it dem Gedanken gespielt, selbst e​ine Bank z​u überfallen. Das w​ar ganz einfach i​n den 70er-Jahren; i​ch hatte Bekannte, d​ie das g​etan haben.[6]

Neben seinen Romanen schreibt Bortlik über s​eine Leidenschaft Fußball u​nd hat m​it dem Mundartdichter Pedro Lenz einige Hörbücher z​um Thema aufgenommen. Als Kolumnist d​er NZZ a​m Sonntag verfasst e​r wöchentlich Sportgedichte, e​r rezensiert regelmäßig für 20minuten u​nd für d​ie Comic-Zeitschrift Strapazin.

Wolfgang Bortlik w​urde vom Literaturkredit Basel 2000, 2002, 2009 u​nd 2013 gefördert.

Werke

  • Wurst & Spiele. Roman. Nautilus, Hamburg 1998, ISBN 3-89401-293-5.
  • Halbe Hosen. Roman. Nautilus, Hamburg 2000, ISBN 3-89401-355-9.
  • Hektische Helden. Roman. Limmat Verlag, Zürich 2002, ISBN 3-85791-409-2.
  • Am Ball ist immer der Erste: Gedichte von Fussball und so. Gedichte. Limmat Verlag, Zürich 2006, ISBN 3-85791-498-X.
  • A hard day's night: Weihnachten in den 60er Jahren. Herder Verlag, Freiburg 2007, ISBN 978-3-45129731-1.
  • Hopp Schwiiz!: Fußball in der Schweiz oder die Kunst der ehrenvollen Niederlage. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, ISBN 3-462-03995-4
  • Fischer hat Durst. Krimi. Salis, Zürich 2009, ISBN 978-3-905801-28-6.
  • Der Ball ist aufgegangen: Gedichte und Texte vom Fussball. Knapp, Olten 2014, ISBN 978-3-905848-91-5.
  • Arme Ritter. Roman. Nautilus, Hamburg 2014, ISBN 978-3-89401-789-7.
  • Spätfolgen. Krimi. Gmeiner Verlag, Messkirch 2015, ISBN 978-3-8392-4605-4.
  • Blutrhein. Krimi. Gmeiner Verlag, Messkirch 2017, ISBN 978-3-8392-2021-4.
  • Uferschnee. Krimi. Gmeiner Verlag, Messkirch 2019, ISBN 978-3839223659.
  • Allzumenschliches. Friedrich Nietzsche ermittelt, Gmeiner Verlag, ISBN 978-3-8392-2551-6.

Anthologien; Mitarbeit

  • Drahtlose Phantasie. Auf- und Ausrufe des Futurismus. Herausgeber mit Hanna Mittelstädt und Lutz Schulenburg. Nautilus, Hamburg und Edition Moderne, Zürich 1985, ISBN 3-89401-121-1.
  • Dinner for One auf schwyzerdütsch. Ins Berndeutsche übertragen von Pedro Lenz mit einer Rahmenhandlung von Wolfgang Bortlik. Nautilus, Hamburg 2005, ISBN 978-3-89401465-0.
  • Allerseelenwalzer: neue Totentänze. Gedichte. Herausgegeben von Margrit Manz. Waldgut Verlag, Frauenfeld 2007, ISBN 978-303740382-2.
  • Spiegeleier: Memo und Eierkrimi. Krimi. Mit Martin Walker. Walkwerk, Zürich 2007, ISBN 978-3-90586308-6.
  • Das Chancenplus war ausgeglichen: Perlenreihe. Herausgeber. Knapp Verlag, Olten 2012, ISBN 978-3-8392-4605-4.
  • Vier verrückte Fußballgeschichten. Anthologie. kwasi verlag, Bern 2013, ISBN 978-3-906183-13-8.
  • Der Zug ist voll. Die Schweiz im Dichtestress. Herausgegeben von Thomas Haemmerli. Kein & Aber, Zürich 2014, ISBN 978-3-03695696-1.

Übersetzungen

  • Stewart Home: Stellungskrieg. Roman. Nautilus, Hamburg 1995, ISBN 978-3-89401248-9.
  • Stewart Home: Purer Wahnsinn. Roman. Nautilus, Hamburg 1999, ISBN 978-3-89401343-1.
  • Stewart Home: Blow Job. Roman. Nautilus, Hamburg 2001, ISBN 978-3-89401365-3.

Hörbücher und CDs

  • Hit recordings 1980–1990. Bermuda Idiots, A Gogo Dust Track Production, 199z
  • Aufwasch. Spoken Word-CD, MusicMail, Kölliken 1999.
  • Chez Heico. Spoken Word-CD. MusicMail, Kölliken 2001.
  • Blutgrätsche. Spoken Word-CD mit Pedro Lenz, MusicMail, Kölliken 2004.
  • Blind & Blau. Lieder und Gedichte. CD, MusicMail, Kölliken 2004.
  • Die Schwalbenkönige. Spoken-Word-CD mit Pedro Lenz. MusicMail, Kölliken 2006
  • Heimvorteil. Spoken Word-CD zusammen mit Pedro Lenz und Tim & Struppi. MusicMail, Kölliken 2008.
  • Kick off. Spoken Word-CD zusammen mit Pedro Lenz und Tim & Struppi. MusicMail, Kölliken 2010.
  • Die Schwalbenkönige. Ersatzbank. Spoken Word-CD zusammen mit Pedro Lenz und Tim & Struppi. Verlag der gesunde Menschenversand, Luzern 2014, ISBN 978-3-905825-79-4.[7]

Einzelnachweise

  1. Thomas Haemmerli: Ruth Metzlers verpasste Jugend. in der SonntagsZeitung vom 28. März 1999, zitiert nach www.haem.ch, abgerufen am 15. Februar 2015.
  2. Wolfgang Bortlik befragt von Thomas Haemmerli 1: Über seine Vita, Politik, Aarau, den Alpenzeiger & die Bermuda Iditots Video auf youtube vom 4. März 2015, abgerufen am 20. August 2019.
  3. Ein Pandämonium patriotischer Poltergeister. Wolfgang Bortlik. Thomas Haemmerli (Hrsg.): Der Zug ist voll. Die Schweiz im Dichtestress. Kein & Aber, Zürich 2014, S. 65 f.
  4. Martin Zingg: Halbe Hosen, alte Träume. Wolfgang Bortliks Zeit- und Lokalsatire. In: Neue Zürcher Zeitung, 6. März 2001, abgerufen am 15. Februar 2015.
  5. Koks aus der IKEA-Tasche. in: Alexandra Riffel, Badische Zeitung vom 1. März 2019, zitiert nach www.wolfgangbortlik.ch, abgerufen 20. August 2019.
  6. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, eine Bank zu überfallen. in: Baselandschaftliche Zeitung vom 14. März 2014, abgerufen 8. Februar 2015.
  7. Gisela Feuz: Bier, Bratwurst und Tigerbalsam. Rezension, in Der Bund vom 3. Juli 2014, abgerufen 8. Februar 2015.
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