Wissenschaftslektorat
Das Wissenschaftslektorat ist eine Sonderform des Lektorats. Im Wissenschaftslektorat werden Texte sowohl auf formale wie auf stilistische Aspekte optimiert. Der Fokus der Tätigkeit liegt auf wissenschaftlicher Präzision in Bezug auf Forschungslage und Terminologie, da das Wissenschaftslektorat auch Diplom- und Doktorarbeiten betreut, bei der die Einhaltung der wissenschaftlichen Standards gewährleistet sein muss.[1] Die Aufgabenfelder des Wissenschaftslektorats sind vorwiegend in den Organisationsformen des Lektorats in einem Verlag oder eines privaten Dienstleisters zu finden. Wissenschaftslektoren können sowohl in einem Angestelltenverhältnis als auch als Selbständige arbeiten.
Abgrenzung zu anderen Lektoratsformen
Das Wissenschaftslektorat erfordert eine höhere Qualifikation als das allgemeine Lektorat. „Wissenschaftliche Werke werden […] zumeist von Fachlektoren bearbeitet, die mit Forschungslage, Problemfeldern und Terminologie des Fachs zumindest in den Grundzügen vertraut sind.“[2] Zusätzliche Qualifikationen und eine höhere Spezialisierung der Lektoren sind im Wissenschaftslektorat die Regel. Daher sollten Wissenschaftslektoren ein abgeschlossenes Studium aufweisen.[3]
Qualifikation
Das Wissenschaftslektorat ist kein Lehrberuf. Die geforderten Voraussetzungen für die Tätigkeit im wissenschaftlichen Lektorat sind in der Regel ein abgeschlossenes Studium der Germanistik oder einer Fakultät, die zum Tätigkeitsbereich gehört. Zusätzliche Qualifikationen liegen in den Feldern der Textformatierung und werden zumeist während eines Volontariats erworben. Wissenschaftslektoren verfügen in der Regel über eine sehr hohe formale Qualifikation.[4]
Aufgabengebiete/Tätigkeitsfelder
Verlag
Im Wissenschaftslektorat des Verlagswesens werden Sachbücher und Texte für die Fachzeitschriften der Verlage lektoriert. Der Fokus liegt gleichermaßen auf sachlichen und formalen Kriterien. Aspekte der Typografie gehören ebenso zu den Aufgaben wie die Recherche von Quellen. Lektoren in wissenschaftlichen Verlagen prüfen Manuskripte auch dahingehend, inwiefern das Manuskript neue Erkenntnisse oder besonders interessante Sachverhalte für das Fachpublikum enthält. Das ist ein wesentlicher Aspekt, um zu entscheiden, ob der Text im Programm des Verlages veröffentlicht wird. „Des Weiteren ist der sichere Umgang mit der deutschen Sprache ebenso wichtig wie die Fähigkeit, Kontakte zu knüpfen sowie Netzwerke zu überregionalen Printmedien und der Fachpresse aufzubauen und zu pflegen.“[5] Die Tätigkeit im Wissenschaftslektorat der Verlage erfolgt zumeist im Rahmen des Angestelltenverhältnisses, es werden aber ebenfalls Soloselbstständige engagiert.
Akademisches Wissenschaftslektorat
Das akademische Wissenschaftslektorat befasst sich zumeist mit akademischen Abschlussarbeiten. Auch hier liegen die Aufgabenschwerpunkte auf fachlichen und formalen Aspekten. Daher gehören zu den Aufgaben die stilistische Überarbeitung, wobei der Fokus auf Terminologie, Syntax und der Struktur des Textes liegt. Bei einem Fachlektorat müssen zudem fehlende inhaltliche Zusammenhänge hergestellt werden.[6]
Bei Lektoraten von Bachelor- oder Masterarbeiten, die als Teil der Ausbildung gesehen werden können, kann das Wissenschaftslektorat um Aspekte der Lehre ergänzt werden. Der Studierende bekommt dann neben Vorschlägen zu den Verbesserungen von formalen Aspekten auch Tipps, beispielsweise zum roten Faden und zu seinem Forschungsansatz. Der Studierende wird auf Fehler hingewiesen und erhält Anregungen vom Lektor. Das didaktische Ziel dabei ist, dass der Studierende aus seinen Fehlern lernen und diese zukünftig vermeiden soll. Mithilfe der Anregungen von außen soll der Studierende seine Arbeit reflektieren, vertiefen und sich verbessern. Nach dieser Methode arbeiten beispielsweise die etwa 100 Wissenschaftslektoren des Netzwerkes studi-coach e.V.
Abschlussarbeiten sind auch Leistungsnachweise innerhalb eines Studiums. Form und Inhalt werden vom Prüfer im Rahmen eines Gutachtens bewertet, aus dem die Note abgeleitet wird. Korrekturen des Lektors verbessern die Arbeit. Benotet werden soll aber die Eigenleistung des Studierenden. Deshalb ist es notwendig, dass ein Wissenschaftslektor nur Anregungen gibt, die zum Lernen einladen, aber keine fertigen Lösungen oder gar Textteile anbietet, sonst wäre er ein Ghostwriter.[7] Als Richtschnur für die Arbeit von Wissenschaftslektoren können die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis diesen. Diese sind von der Deutschen Gesellschaft für Forschung und anderen Forschenden und Lehrenden erarbeitet worden.
Kritik
Die oftmals fehlende deutliche Abgrenzung zum Ghostwriting betrifft vor allem das akademische Wissenschaftslektorat, wenn hier inhaltliche Modifikationen vorgenommen wurden.
Einzelnachweise
- Der Lektor: Berufsbild, Gehalt und Wege in den Beruf. Abgerufen am 24. April 2017.
- Günther Fetzner: Berufsziel Lektorat: Tätigkeiten-Basiswissen-Beruf. Narr Francke Attempto Verlag, Tübingen 2015, ISBN 978-3-8252-4220-6.
- Ernst Fischer: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert: Die Weimarer Republik 1918 – 1933. Hrsg.: Stephan Füssel. 1. Auflage. Teil 2. Walter de Gruyter, Berlin 2012, ISBN 978-3-598-24809-2.
- Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL): Wissenschaftslektorat. Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren e.V., abgerufen am 24. April 2017.
- Jobs in Verlagen | Wissenschaftsladen Bonn. Abgerufen am 24. April 2017.
- Marcel Kopper: Das Wissenschaftslektorat – Was darf ich und was darf ich nicht? In: JE Juraexamen.info. 30. Mai 2015, abgerufen am 24. April 2017.
- Wissenschaftslektorat. In: Lektorat Stolarz. Abgerufen am 6. Februar 2019.
Literatur
- Fetzner, Günther: Berufsziel Lektorat: Tätigkeiten-Basiswissen-Beruf, Narr Francke Attempto Verlag, Tübingen 2015, ISBN 978-3-8252-4220-6.
- Fischer, Ernst; Füssel, Stephan (Hrsg.): Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert: Die Weimarer Republik 1918–1933, Teil 2. 1. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2012, ISBN 978-3-598-24809-2
- Leitfaden Freies Lektorat, 10., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren e. V., Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-9808876-3-2