Wirkung (Informatik)
In der theoretischen Informatik bezeichnet Wirkung die Veränderung des Zustands, in dem sich eine abstrakte Maschine befindet.[1] Manchmal wird auch von Seiteneffekt gesprochen, eine Bezeichnung, die auf eine Rückübersetzung des englischen side effect (deutsch: Nebenwirkung) zurückgeht.
Spezifizierte Wirkungen
Eine Variable repräsentiert zu jedem Zeitpunkt des Programmablaufes einen ganz bestimmten Wert. Die Gesamtheit aller Variablen und ihrer Werte definiert den Programmzustand einer abstrakten Maschine (siehe operationale Semantik). Operationen mit spezifizierten Wirkungen können ihn verändern.[1]
Von diesen spezifizierten Wirkungen zu unterscheiden sind die unspezifizierten Wirkungen, die außerhalb der Betrachtung des Systems liegen. Dazu kann beispielsweise, je nach Definition, auch die Bildschirmausgabe gehören. Für die abstrakte Maschine werden diese Effekte ggf. nicht berücksichtigt.
Programmiersprachen
In den meisten Programmiersprachen kann die Auswertung eines Ausdrucks eine spezifizierte Wirkung haben. Ausdrücke und Funktionen können entweder wirkungsbehaftet oder wirkungsfrei sein. Zur Gruppe der Funktionen mit Wirkung gehören beispielsweise in der Regel alle, die mit der Ein- oder Ausgabe von Daten zu tun haben. Wirkungsfreie Funktionen in Hochsprachen sind etwa mathematische Funktionen wie Sinus, Kosinus oder Quadratwurzel.
Wirkungsfreiheit in der rein funktionalen Programmierung
In rein funktionalen Programmiersprachen hat die Auswertung eines Ausdrucks im Unterschied zu anderen Programmiersprachen niemals eine spezifizierte Wirkung. Es gibt in solchen Sprachen keine Anweisungen, sondern nur Ausdrücke. Es werden keine Variablen und keine Wertezuweisungen verwendet. Eine Wirkung in Form der Ausgabe eines Ergebnisses ist in diesem Fall keine spezifizierte Wirkung. In der rein funktionalen Programmierung treten deshalb keine Zustandsänderungen im Sinne der obigen Definition und somit auch keine Wirkungen auf.[2] Die Programmiersprache ist zustandslos und wirkungsfrei.[2][3][3]
Diese Eigenschaft einer Programmiersprache wird als referenzielle Transparenz bezeichnet. Sie besagt, dass der Wert eines Ausdrucks nur von seiner Umgebung abhängt und nicht vom Zeitpunkt oder einer bestimmten Reihenfolge der Auswertung.[4] Beispiele für gänzlich wirkungsfreie Sprachen sind die rein funktionalen Programmiersprachen Haskell, Elm oder reines Lisp (pure Lisp).
In anderen funktionalen Programmiersprachen wie etwa Scheme können Prozeduraufrufe die Werte von Variablen verändern oder Bildschirmausgaben auslösen. Die referenzielle Transparenz geht verloren und Scheme ist damit keine rein funktionale Sprache.[4] Um diese Eigenschaft in der für Lehrzwecke eingesetzten Sprache Scheme hervorzuheben, werden mit Wirkungen behaftete Prozeduren mit einem Ausrufezeichen gekennzeichnet, zum Beispiel in der Variablenzuweisung (set! a 2)
.
Beispiel
Das folgende, mit seinen Klammern und der Präfixnotation für eine Sprache wie Lisp oder Scheme typische Beispielprogramm liefert abhängig von einer Bedingung eines von zwei möglichen Berechnungsergebnissen zurück.
(if (= a 0)
(+ a 1)
(* a 2))
Die Zuweisung des Ergebnisses zu einer Variable findet nicht statt. Insbesondere aber hat die Reihenfolge der Auswertung der einzelnen Funktionen (if
, =
, +
und *
) keinerlei Einfluss auf das Ergebnis. Jeder Ausdruck kann an jeder Stelle durch seinen Wert ersetzt werden. Das ist die referenzielle Transparenz.
Einzelnachweise
- Hans-Jürgen Appelrath, Jochen Ludewig: Skriptum Informatik - eine konventionelle Einführung. Version 11. Februar 1999; abgerufen 10. August 2008
- P. Rechenberg, G. Pomberger: Informatik-Handbuch. Carl Hanser Verlag, München/Wien 2006, ISBN 978-3-446-40185-3.
- C. Wagenknecht: Programmierparadigmen. Teubner, Wiesbaden 2004, ISBN 978-3-519-00512-4.
- C. Schiedermeier: Funktionales Programmieren. (Memento vom 22. Mai 2005 im Internet Archive) (PDF) Nürnberg 2002.