Wilhelm Langenheim
Ernst Wilhelm Langenheim (23. Februar 1807 in Braunschweig – 4. Mai 1874 in Philadelphia) war ein deutscher Fotograf.
Leben
Wilhelm Langenheim kam in Braunschweig zur Welt.[1] Nach einem juristischen Studium in Göttingen nahm er in Braunschweig eine anwaltliche Tätigkeit auf.[2] 1834 emigrierte er nach Amerika und landete in Baltimore. Von New York ging er ins südliche Texas.[3] Hier schloss er sich 1835 im Texanischen Unabhängigkeitskrieg den texanischen Truppen im Kampf gegen die Mexikaner an. Er kämpfte im Freischärler-Korps der Colonels James Grant (1793–1836) und Francis White Johnson (1799–1884) im Feldzug nach Matamoros im mexikanischen Bundesstaat Tamaulipas. Bei einem Gefecht geriet er in mexikanische Gefangenschaft, sein Mitkämpfer Gustav Bunsen fiel. Nach zehnmonatiger Gefangenschaft kam er frei; im Zweiten Seminolenkrieg schloss er sich 1837 im Kampf gegen die Seminolen dem 2. Dragoner-Regiment als Assistent des Quartiermeisters an.
Im Mai 1840 kam Wilhelm Langenheim nach Philadelphia, wo sein Bruder Friedrich seit kurzem lebte. Von Juli 1841 bis November 1842 war Wilhelm Langenheim Redakteur der in Philadelphia wöchentlich erscheinenden, deutschsprachigen Zeitung Die Alte und Neue Welt.[4] Diese Zeitschrift war das Presseorgan der Deutschen Ansiedlungsgesellschaft Philadelphia. Zu dieser Zeit war Franz Schreiber in der Gesellschaft tätig.[5] Im Jahr 1843 war Franz Schreiber deren Verleger.[6]
1843 hatten Friedrich und Wilhelm Langenheim im Merchants’ Exchange Building in Philadelphia ihr Atelier für Daguerreotypie unter der Firma „W.& F. Langenheim“ eröffnet. Wilhelm war dabei für die administrativen Dinge zuständig. 1843 stieß Alexander Beckers[7] dazu, verließ aber im Frühjahr 1844 das Atelier, um in dem Geschäft von Edward White mit einer Kamera von Voigtländer Daguerreotypien anzufertigen. Edward White betrieb am Broadway in New York ein Geschäft für Materialien (Platten, Chemikalien) für Daguerreotypisten.[8] Im Dezember 1844 gab Beckers seine Tätigkeit dort auf, um ein eigenes Atelier zu betreiben. Wenige Monate später im Mai 1845 eröffnete Beckers mit Friedrich Langenheim am Broadway 201 zusätzlich die Agentur „Langenheim & Beckers“ als Händler für Voigtländer-Kameras und Objektiven. Die gemeinsame Unternehmung hatte bis 1848 Bestand.[9]
Es ist nicht genau geklärt, wie die Verbindung zwischen Langenheim und Voigtländer zustande gekommen war.[10] Allgemein ist, dass man in Amerika an den neuesten Erkenntnissen in Europa sehr interessiert war. Vermutlich ab dem Jahr 1844 arbeitete Franz Schreiber im Atelier und erlernte so zu daguerreotypisieren.
1848 überzeugte Langenheim William Fox Talbot davon, in Amerika Lizenzen zur Herstellung von Kalotypien zu verkaufen. Langenheim hatte sich von diesem Verfahren, das seitenrichtige und wiederholbare Abzüge möglich machte, erhebliche Vorteile gegenüber der Daguerreotypie versprochen. Langenheim lag in seiner Einschätzung falsch und konnte keine einzige Lizenz verkaufen.
In den darauf folgenden Jahren begannen die Langenheims mit der Entwicklung von Lichtbildern, die mit einer Laterna magica projiziert werden konnten. Dies führte zu einem großen geschäftlichen Erfolg. Auf der Industrieausstellung in London 1851, kurz als Great Exhibition bezeichnet, stellten die Brüder ihr Patent vor.[11] Auch der bekannte Architekt Gottfried Semper besuchte die Ausstellung. Er äußerte sich so:
„sie (Bezug: die diaphanische Anwendung) wird vielleicht die nachhaltigste von allen sein, die bisher von der Erfindung Daguerre’s gemacht wurden und in der Baukunst wichtig werden.“
1851 begannen die Brüder eine Zusammenarbeit mit dem Psychiater Thomas S. Kirkbride (1809–1883) in dessen Klinik. Kirkbride hatte seit 1844 Vorführungen mit einer Laterna Magica als Teil seiner therapeutischen Bemühungen eingesetzt. Der Einsatz von Lichtbildern Langenheims ab 1851 war epochemachend und markierte die erste öffentliche Projektion von Lichtbildern außerhalb eines Studios.[13] Am 26. Mai 1854 machten sie die vermutlich ersten Aufnahmen (Daguerreotypien) einer Sonnenfinsternis in Amerika.[14] Alexander Beckers ließ sich ein Betrachungsgerät für die Lichtbilder 1859 patentieren. Nahezu gleichzeitig entwickelten sie Stereophotographien, die mit Erfolg verkauft wurden.
Quellen
- Briefe an Fox Talbot: Search the Letters. In: The Correspondence of William Henry Fox Talbot. De Monfort University, Leicester, University of Glasgow, abgerufen am 14. September 2017.
Literatur
- Carsten Grabenhorst: Voigtländer & Sohn – Die Firmengeschichte von 1756 bis 1914, Appelhans Verlag, Braunschweig, 2002 ISBN 978-3-930292-25-7, (online).
- 6. Innovations from Philadelphia. In: Beaumont Newhall: The Daguerreotype in America, Dover, NY 1975, S. 49f., Digitalisat .
- C[arl] F[riedrich] Huch: Wilhelm Langenheim. In: Mitteilungen des Deutschen Pionier-Vereins von Philadelphia, 22. Heft, 1911, S. 24f., online
- Julius F.[riedrich] Sachse: Philadelphia’s Share in the Development of Photography. In: Journal of the Franklin Institute of the State of Pennsylvania, for the Promotion of the Mechanical Arts, April 1893 PDF
- George F. Schreiber. (Nekrolog) In: Anthony's photographic bulletin. v.23, 1892, S. 56f.
- Obituary. George F. Schreiber, In: Photographic Times, Vol. 22, 1892, S. 26–27.
- Charles Ehrmann: George Francis Schreiber. A Reminiscence. In: Photographic Times, Vol. 22, 1892, S. 40–41.
- Charles Ehrmann: Correspondence. George Francis Schreiber. In: Photographic Times, Vol. 22, 1892, S. 57–58.
- Alexander Beckers: My Daguerreotype Experience. In: Anthony‘s Photographic Bulletin, Vol. 20, 1889, S. 209f.
- Alexander Beckers: Fifteen Year’s Experience of a Daguerreotyper. In: Anthony‘s Photographic Bulletin, Vol. 20, 1889, S. 144f. Unter der gleichen Überschrift erschienen in: The Photographic Times an American Photographer, Vol. XIX, Licoln Adams, New York, 1889, S. 131f.
- Wilhelm Langenheim, im: 18. Kapitel Die Südstaaten. In: Gustav Körner: Das deutsche Element in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 1818–1845, 2. Aufl., E. Steiger & Co., New York, 1884, S. 361–362 online
- Obituary. (Nekrolog) In Editor’s Table. In: The Philadelphia Photographer, XI., Benerman & Wilson, Philadelphia 1874, S. 185 und S. 190.
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Der Autor Gustav Körner benennt in Das deutsche Element in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 1818–1845 Braunschweig als „seine Vaterstadt“. Als Geburtsstadt kommt auch Schöningen infrage, das ca. 40 km von Braunschweig in südöstlicher Richtung entfernt liegt. Der vermutete Vater Friedrich Wilhelm Langenheim lässt sich dort nachweisen. Er war im Jahr 1800 zum Auditor von Schöningen bestellt worden (Quelle: NLA WO 4 Alt 1 Nr. 841). Als Schöningen in Zeiten der französischen Besatzung zum Distrikt Helmstedt des Königreiches Westphalen gehörte, war der Vater von 1808–1813 dort als Kantonmaire (Bezirksbürgermeister) und Notar tätig. Nach Beendigung der Besatzung ließ sich Friedrich Wilhelm Langenheim (1816?) als Rechtsanwalt und Notar in Braunschweig nieder. Die Daten lassen sich aus Akten im Archivinformationssystem Niedersachsen ableiten (Arcinsys).
- C.F. Huch: Wilhelm Langenheim. In: Mitteilungen des Deutschen Pionier-Vereins von Philadelphia.
- Im Nachlass (NLA WO 211 N) von Georg Fein befindet sich eine Reisebeschreibung von New Orleans nach New Braunfels.
- Herbert Jacob (Hrsg.): Grundriss zur Geschichte der Deutsche Dichtung aus den Quellen von Karl Goedeke, 2. Aufl., XV. Bd., Akademie Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-05-005237-3, S. 540.
- William Beck: The German Settlement Society of Philadelphia and its Colony Hermann, Missouri. Americana Germanica Press, Philadelphia, 1907, S. 107.
- OCLC: 32814464.
- Von den Lebensdaten Alexander Beckers ist nur das Sterbejahr 1905 bekannt.
- In einer 1845 erschienenen Anzeige bezeichnet sich Edward White als einziger Agent für die Linsen von Voigtländer (Quelle: Sheldon & Cos, Business or Advertising Directory. John F. Throw, New York 1845, S. 43.)
- Alexander Beckers: Fifteen Year’s Experience of a Daguerreotyper.
- Es gibt familiäre Beziehungen. Voigtländer hatte 1845 Nanny verw. Zinken (1813–1902) geheiratet, deren Vater Friedrich Wilhelm Langenheim war. Der erwähnte „Studienkamerad Johann Bernhard Schneider“ soll ein Schwager Voigtländers gewesen sein (siehe: 6. Innovations from Philadelphia. In: Beaumont Newhall:), (Ehemann von L(o)uise Langenheim). Schneider war in Braunschweig von 1836 bis 1854 Professor für Maschinenlehre am Collegium Carolinum, anschließend bis zu seinem Ruhestand 1882 Professor für Maschinenlehre am königlich-sächsischen Polytechnikum in Dresden. (Quelle: Erwähnung von Johann Bernhard Schneider in Nekrolog für das Jahr 1883. In: Jahrbuch der Erfindungen und Fortschritte auf den Gebieten der Physik, Chemie und chemischen Technologie, der Astronomie und Meteorologie, Bd. 20, Leipzig 1884, S. 412 online).
- § 66 Gemaltes und verziertes Glas. In: Amtlicher Bericht über die Industrie-Ausstellung aller Völker zu London im Jahre 1851. Dritter und letzter Theil, Deckersche Hofdruckerei, Berlin 1853, S. 339 Digitalisat .
- Wissenschaft und Kunst, Friedrich Vieweg, Braunschweig 1852, S. 75, Digitalisat
- George S. Layne: The Kirkbride-Langenheim collaboration: early use of photography in psychiatric treatment in Philadelphia. In: Pennsylvania Magazine Hist. Biogr. 105 (1981) S. 182–202 Digitalisat. Im Archiv des Pennsylvania Hospitals haben sich über 3500 Glasprojektionsbilder erhalten.
- Eclipse of the Sun. The Metropolitan Museum of Art, abgerufen am 28. Januar 2021 (englisch).
Weblinks
- Wilhelm Langenheim in der Datenbank von Find a Grave (englisch)
- William and Frederik Langenheim. In: Librarium. Historic Camera, abgerufen am 14. September 2017 (englisch).
- Markus Haage: Ausstellung über die Familie Langenheim im Heimatmuseum. Markus Haage, 7. Juli 2012, abgerufen am 18. September 2017.
- Abbildungen:
- Eastman Museum, Collections Online. Abgerufen am 14. September 2017 (englisch, Eingabe von „Langenheim“ in ADVANCED SEARCH erforderlich).
- The Library Company of Philadelphia, Search Collections. Abgerufen am 14. September 2017 (englisch, Eingabe von „Langenheim“ erforderlich).
- Ausstellung von 28. September 2009 bis 26. Februar 2010. Abgerufen am 14. September 2017 (englisch).
- Getty Museum, Collection Photographs. Abgerufen am 14. September 2017 (englisch).
- Alex di Giovanni: Deconstructing a Mystery: Rare photo proves to be the earliest ever taken of the Smithsonian Castle. In: The Bigger Picture. Smithsonian Institution Archives, 15. August 2015, abgerufen am 18. September 2017 (englisch).