Weißbartgibbon
Der Weißbartgibbon (Hylobates albibarbis) ist eine taxonomisch umstrittener Primat aus der Familie der Gibbons (Hylobatidae). Er wurde entweder als Unterart des Grauen Gibbons oder des Schwarzhandgibbons geführt, in jüngeren Systematiken[1] und im Folgenden als eigene Art betrachtet.
Weißbartgibbon | ||||||||||||
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Weißbartgibbon (Hylobates albibarbis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Hylobates albibarbis | ||||||||||||
Lyon, 1911 |
Merkmale
Es sind keine genauen Körpermaße bekannt, Weißbartgibbons erreichen ein Gewicht von 6 kg. Diese Art ähnelt dem Schwarzhandgibbon, hat aber kein schwarzes Fell, sondern das farbenfrohste und kontrastreichste aller Gibbonarten. Dieses ist hell gräulich-braun und wird am Rumpf goldfarben mit schwärzlichen Regionen an Händen und Füßen und am Bauch. Das Kopfhaar ist fächerartig nach hinten gerichtet. Der Scheitel ist dunkel und gelbbraun umrandet. Männchen besitzen außerdem oft ein helles Genitalbüschel.
Verbreitung und Lebensraum
Der Weißbartgibbon ist nur in Südwestborneo (in den Provinzen Westkalimantan und Zentralkalimantan) zu finden.[2]
Primär- und Sekundärwälder, aber auch selektiv abgeholzte tropische, immergrüne Wälder, in einer Höhe von 1200 m und Moor- und Sumpfwälder stellen den Lebensraum dar. Die Populationsdichte nimmt in höheren Lagen ab.
Lebensweise
Der Weißbartgibbon ist ein tagaktiver Baumbewohner. Im Sabangau-Nationalpark, Zentralkalimantan, verbringt er durchschnittlich 29 % des Tages mit Futteraufnahme, 29 % mit Ausruhen, 29 % mit dem Wandern durch das Revier, 9 % mit Singen und 4 % mit sozialen Aktivitäten wie Spielen oder gegenseitiger Körperpflege.
Die durchschnittliche Größe eines Territoriums beträgt 28 bis 47 ha. Generell sind Männchen untereinander sehr aggressiv und verteidigen das Revier der Gruppe. Weibchen dagegen führen die Gruppe und vertreiben andere Weibchen.
Der Weißbartgibbon ist hauptsächlich ein Früchtefresser, der Früchte mit hohem Zuckergehalt bevorzugt, sich aber auch von jungen Blättern und Insekten ernährt, bei Mangel an reifen Früchten auch von unreifen und Lianen.[3]
Die Geschlechtsreife erreichen Männchen und Weibchen mit 6 bis 8 Jahren.
Die große Hybridzone des Weißbartgibbons und des Grauen Gibbon ist in der Nähe von Muarajuloi zwischen dem Busang und dem Murung River an den Oberläufen des Barito und erstreckt sich vermutlich bis zum oberen Teil des Kapuas River. Der bekannte Teil der Zone bedeckt mehrere 1000 km2. Trotzdem ist er mit drei Gruppen pro km² relativ spärlich bewohnt und Tiere, die keine Hybride sind, sind selten oder existieren gar nicht. Die Gesänge liegen zwischen denen der Elternteile.[4]
Bedrohung
Der Weißbartgibbon wird von der IUCN als „endangered“ (stark gefährdet) klassifiziert. Er ist in Indonesien geschützt und ist größtenteils durch die Lebensraumzerstörung durch Feuer, illegales Abholzen und die Ausbreitung von Ölpalmenplantagen gefährdet. Die meisten Weißbartgibbons leben in Sumpfwäldern, ein extrem gefährdeter Lebensraum, der vor allem durch die Trockenlegung, die Abholzung und Feuer immer kleiner wird. Besonders große Waldbrände in den 1990ern und kontinuierliches Roden hatten bzw. haben immer noch die größten Auswirkungen auf die Population. Gejagt werden die Tiere wegen ihres Fleisches und, um als Haustiere verkauft zu werden. Der Weißbartgibbon kommt in sechs Naturschutzgebieten vor und ist in geeigneten Habitaten recht häufig. Eine vorläufige Zählung lässt vermuten, dass ca. 19.000 Individuen in den Sumpfmischwäldern im Sabangau-Nationalpark, der eine der größten Populationen beherbergt, vorkommen. Angaben, wie viele Weißbartgibbons es tatsächlich gibt, sind jedoch nicht bekannt.
Systematik
Die systematische Stellung des Weißbartgibbons ist umstritten, es scheint sich um eine eigenständige Art zu handeln.[1] Aufgrund der äußerlichen Ähnlichkeiten mit dem Schwarzhandgibbon und den Hybridisierungen mit dem Grauen Gibbon wird er in einigen Systematiken als Unterart dem Schwarzhandgibbons (H. agilis albibarbis), in anderen dem Grauen Gibbon (H. muelleri albibarbis) zugeordnet.
Einzelnachweise
- Thomas Geissmann: Status reassessment of the gibbons: results of the Asian primate red list workshop 2006. (Memento vom 28. März 2012 im Internet Archive) (PDF) In: Gibbon Journal 3, 2007, S. 5–15.
- Susan M. Cheyne, Claire J. H. Thompson, Abigail C. Phillips, Robyn M. C. Hill, Suwido H. Limin: Density and population estimate of gibbons (Hylobates albibarbis) in the Sabangau catchment, Central Kalimantan, Indonesia. In: Primates 49, Nr. 1, 2008, S. 50–56, doi:10.1007/s10329-007-0063-0.
- Erin R. Vogel, Livia Haag, Tatang Mitra-Setia, Carel P. van Schaik, Nathaniel J. Dominy: Foraging and ranging behavior during a fallback episode: Hylobates albibarbis and Pongo pygmaeus wurmbii compared. In: American Journal of Physical Anthropology 140, Nr. 4, 2009, S. 716–726, doi:10.1002/ajpa.21119.
- Russell A. Mittermeier, Anthony B. Rylands, Don E. Wilson: Handbook of the Mammals of the World. Band 3: Primates. Lynx Edition, Barcelona 2013, ISBN 978-84-96553-89-7, S. 780–781.
Literatur
- D. E. Wilson & D. M. Reeder: Mammal Species of the World. Johns Hopkins University Press, 2005. ISBN 0-8018-8221-4
- Russell A. Mittermeier, Anthony B. Rylands, Don E. Wilson: Handbook of the Mammals of the World. Band 3: Primates. Lynx Edition, Barcelona 2013, ISBN 978-84-96553-89-7, S. 780–781.
Weblinks
- Informationen des Gibbons Research Lab. (englisch)
- Hylobates albibarbis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: A. Eudey & Members of the Primate Specialist Group, 2000. Abgerufen am 2. August 2007.