Würzburger Schule
Die Würzburger Schule bezeichnet eine Richtung der Psychologie, die aus Arbeiten von Oswald Külpe und Karl Marbe, August Messer,[1] Narziß Ach, Karl Bühler und Otto Selz auf der Grundlage der Denkpsychologie in der Gründungszeit der ersten psychologischen Forschungseinrichtungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand. Die Themenschwerpunkte ihrer Forschung waren das Denken, Urteilen, Wollen sowie die Aufmerksamkeit.
Die eigene Erfahrung in der Form der systematischen Selbstbeobachtung wird in der Lehre der Würzburger Schule als Grundquelle psychologischer Erkenntnisse angesehen. Wesentliche Methode war die experimentelle Erfassung kognitiver Prozesse mit Hilfe der Retrospektion (rückschauende Introspektion). Unter anderem wurden Assoziationen und Gedankenprozesse untersucht, die durch vorgegebene Reize ausgelöst wurden. Eine wichtige Erkenntnis war die determinierte und zum Teil unbewusste Steuerung menschlichen Denkens. Wegen der Einbeziehung höherer geistiger Prozesse wurde das methodische Vorgehen der Würzburger Schule von Wilhelm Wundt als unwissenschaftlich kritisiert. Trotzdem haben die Würzburger Schule und die Denkpsychologie wichtige Grundlagen für die spätere Kognitive Wende geschaffen. Ihre Methoden wurden u. a. in der Attributionsforschung wiederentdeckt.
An die Würzburger Schule wird seit 2005 mit der Verleihung des Oswald-Külpe-Preises erinnert, der herausragenden Wissenschaftlern verliehen wird, die höhere geistige Prozesse experimentell erforscht haben.
Literatur
- Wilhelm Janke: Hundert Jahre Institut für Psychologie und Würzburger Schule der Denkpsychologie. Hogrefe, Göttingen 1999, ISBN 3-8017-1310-5, S. 508.
- Lois Madison: The Würzburg School and the Function versus Content Debate. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 12, 1994, S. 315–322.
Weblinks
- Spektrum: Würzburger Schule.
Einzelnachweise
- Gernot Huppmann, Reinhold Ahr: Erich Stern (1889–1959) und die Medizinische Psychologie: eine ergobiographische Skizze. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015, S. 137–155, hier: S. 139.