Vulvodynie
Vulvodynie – lat. auch als Vulvodynia benannt – ist die Bezeichnung für Missempfindungen und Schmerzzustände im Bereich der äußeren, primären Geschlechtsorgane einer Frau, für die oft keine erkennbaren Ursachen gefunden werden können.
Klassifikation nach ICD-10-GM | |
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F45.34 | Somatoforme autonome Funktionsstörung des Urogenitalsystems[1] |
ICD-10 online (GM-Version 2021) |
Klinische Erscheinung
Die Beschwerden reichen vom Gefühl des Wundseins über Brennen bis hin zu Schmerzen. Besonders Berührungen können als unangenehm erlebt werden, sodass es den Frauen nicht möglich ist, beispielsweise Unterwäsche zu tragen.[2]
Ursachen
Häufig wird keine Ursache gefunden. In einigen Fällen werden jedoch Hauterkrankungen wie Pilzinfektionen, Feigwarzen (Kondylome) oder auch Reizzustände der Haut beispielsweise durch Seifen, Pflegemittel oder Intimpflegemittel dafür verantwortlich gemacht. Auch Depressionen gelten als mögliche Ursache. Eine Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Inhaltsstoffen der Nahrung kann dazu führen, dass Mastzellen einige Minuten bis hin zu einer halben Stunde nach Genuss beispielsweise oxalat- oder glutamathaltiger Lebensmittel Histamine ausschütten, die einen stechenden Schmerz verursachen. Eine zweiwöchige Diät mit nur wenigen reizarmen Lebensmitteln kann in solchen Fällen zur Aufklärung beitragen.
Diagnose
Die Diagnostik einer Vulvodynie ist meistens eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Es werden Untersuchungen auf einen Infekt durchgeführt. Dazu gehören Pilze, Bakterien und gegebenenfalls auch auf Feigwarzen (Kondylome).
Bei unauffälligem Befund kann eine Gewebsprobe unter kolposkopischer Sicht entnommen werden, um z. B. eine Autoimmunerkrankung des Gewebes auszuschließen. In seltenen Fällen kommt z. B. eine Neurodermitis der Vulva vor.
Anhand der genauen Beschreibung des Schmerzes (dumpf, stechend, ausstrahlend oder nicht, örtlich genau begrenzt oder wandernd, gleichbleibend, pulsend, tageszeitabhängig, zyklusabhängig oder -unabhängig, (un-/)abhängig von körperlicher Belastung, ohne äußere Anzeichen oder mit Rötung/Schwellung/…, psychisch sofort stark belastend oder ignorierbar) kann unter Umständen eingegrenzt werden, um welche Art von Schmerzursache es sich handeln kann.
Therapie
Die Behandlung hängt von der Ursache der Vulvodynie ab.
Sollte ein Pilzinfekt dahinterstecken, wird dieser entsprechend mit Antimykotika behandelt. Bei immer wiederkehrenden Infekten eventuell auch als Tablettenbehandlung, damit die häufig anzuwendenden Cremes nicht durch ihre Inhaltsstoffe zu einer Verschlechterung der Missempfindung der Haut führen.
Sollten bakterielle Infekte die Ursache sein, werden diese gezielt nach Ermittlung des Bakteriums und einer Empfindlichkeitsprüfung durch ein Antibiotikum behandelt. Sollte eine Nervenirritation (z. B. N. Pudendus) die Ursache sein, ist diese entsprechend zu behandeln.
Sollte keine spezifische Ursache zu finden sein, kann eine Therapie mit Trizyklischen Antidepressiva erfolgen. Auch eine Behandlung mit Antikonvulsiva (z. B. Pregabalin) ist möglich. Diese Mittel bewirken eine Herabsetzung der Empfindsamkeit für den Schmerz-/Juckreiz. Muskelverspannungen oder Schmerzen können durch ein Beckenbodentraining gelockert werden, in Einzelfällen durch die zusätzliche Gabe von Muskelrelaxantien (die Muskelspannung herabsetzende Medikamente).
Einzelnachweise
- Paul L. Janssen, Peter Joraschky, Wolfgang Tress (Hrsg.): Leitfaden Psychosomatische Medizin und Psychotherapie: Orientiert an den Weiterbildungsrichtlinien der Bundesärztekammer. 2009, ISBN 978-3-7691-0551-3, S. 269 (google.de [abgerufen am 2. September 2015]).
- R. Paus u. a.: Checkliste Dermatologie: Venerologie, Allergologie, Phlebologie, Andrologie. Georg Thieme Verlag, 2010, ISBN 978-3-13-152626-7, S. 559, books.google.de