Vittorio Alfieri
Vittorio Alfieri (* 16. Januar 1749 in Asti; † 8. Oktober 1803 in Florenz) war ein italienischer Dichter und Dramatiker im Zeitalter der Aufklärung[1].
Leben
Vittorio Alfieri war Sohn reicher und vornehmer Eltern. Sein Vater, Graf Antonio Alfieri, starb früh, woraufhin er bis 1758 von seiner Mutter aufgezogen wurde. Sein Onkel schickte ihn dann auf die Militärakademie zu Turin, wo er indessen nur eine mangelhafte Bildung erhielt. Ab 1766 unternahm er bis 1772 ausgedehnte Reisen durch Europa. Nach der Rückkehr nach Turin lebte er in dieser Stadt als adliger Müßiggänger, verfolgte aus Hass gegen jeden Zwang auch nicht die militärische Laufbahn. Dann wandte er sich literarischer Beschäftigung zu und verfasste 1774 seine erste Tragödie, Antonio e Cleopatra[1]. Der Erfolg seiner dramatischen Versuche bestärkte ihn im Glauben an seine dichterische Bestimmung. Er holte versäumte Schulbildung nach, lernte Latein und begab sich 1776 in die Toskana, um reines Italienisch zu lernen. In Florenz lernte er 1777 Luise Stolberg, Gräfin von Albany, Gemahlin des englischen Thronprätendenten Charles Edward Stuart, kennen und empfand für sie eine tiefe Zuneigung.
Um völlig unabhängig zu sein und in Florenz bleiben zu können, überließ Alfieri sein Vermögen und seine Güter in Turin gegen eine Rente seiner Schwester, der Gräfin Cumiana. 1780 verließ die Gräfin von Albany ihren Gatten, der sie angeblich gewalttätig behandelt hatte und wohnte einige Zeit in einem Kloster in Rom. Dorthin folgte ihr Alfieri und lebte nun mit ihr zusammen. In Rom vollendete er auch 14 Tragödien, zu denen später noch einige hinzukamen. Aus Rücksicht auf den Ruf seiner Freundin verließ er Rom wieder und reiste 1783 in Italien herum. Nach seiner Rückkehr von einer Reise nach England begab er sich 1785 zur Gräfin von Albany nach Colmar im Elsass, wohin diese übersiedelt war. Anschließend lebte er mit ihr abwechselnd im Elsass und in Paris, aber ab 1787 nur noch in der französischen Hauptstadt.
Beim Ausbruch der Französischen Revolution 1789 war Alfieri in England und kehrte nach Paris zurück. Als glühender Republikaner begrüßte er die Revolution anfangs enthusiastisch und feierte die Einnahme der Bastille in einer Ode. Die Ereignisse der nächsten Jahre jedoch, insbesondere der Tuileriensturm vom 10. August 1792, änderten seine Ansichten, und er verließ noch 1792 nicht ohne Gefahr Frankreich. Zunächst suchte er Belgien auf, begab sich dann aber mit seiner Lebensgefährtin zurück nach Florenz, wo er mit ihr sein letztes Lebensjahrzehnt verbrachte. Sein in Paris zurückgelassenes Vermögen wurde vom Konvent konfisziert, und außerdem verlor er auch einen großen Teil seines übrigen Vermögens, das in französischen Fonds angelegt war. Seither hegte er gegen die Franzosen einen unversöhnlichen Hass, der durch die nachfolgenden Ereignisse in seinem Vaterland noch gesteigert wurde und dem er in seinem erst zehn Jahre nach seinem Tod erschienenen Misogallo beredten Ausdruck gab. Er schrieb noch mancherlei und bemühte sich mit gutem Erfolg, die griechische Sprache zu erlernen. Übermäßiges Arbeiten zog ihm ein Siechtum zu und er verlebte die letzten Jahre, an der Gicht leidend, in finsterer Gemütsstimmung abgeschieden von der Welt. 1803 starb er im Alter von 54 Jahren in Florenz. Dort wurde seine Asche in der Kirche Santa Croce unter einem prächtigen, von Canova geschaffenen Grabmal beigesetzt. Ein Standbild von Bini wurde ihm 1862 in Asti errichtet.
Seine streng formalen, klassischen Tragödien waren durchdrungen von den republikanischen Freiheitsgedanken des späten 18. Jahrhunderts und seiner Abscheu gegenüber jeder Form von Tyrannei. Dadurch hatten die Werke dieses Aufklärers großen Einfluss auf die italienische Freiheitsbewegung des 19. Jahrhunderts, das Risorgimento. Er gilt als Erfinder der Tramelogödie.
Werke
- 22 Tragödien, u. a. Antonio e Cleopatra (1775), Filippo (1783) und Sofonisba (1789)
- Vita di Vittorio Alfieri. Rizzoli, Mailand 1987 ISBN 88-17-16593-X (Autobiographie)
- Vita. Mein Leben. Übers., mit Anmerkungen, einem Nachwort und einer Bibliographie versehen von Gisela Schlüter, Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2010 ISBN 978-3-87162-072-0
- Opere. Casa d’Alfieri, Asti 1981 ff. (40 Bde.).
- Von der Tyranney. Übers. Heinrich Schweitzer, Zwickau 1822 (erste dt. Üb.; erstmals 1789 in Kehl gedruckt), 2 Bändchen
- Lettere Inedite Di Vittorio Alfieri Alla Madre, a Mario Bianchi, E a Teresa Mocenni (online auf Archive.org); übersetzt etwa: Unveröffentlichte Briefe von V. A. an seine Mutter, an Mario Bianchi und an Teresa Mocenni, veröffentlicht 1923
Literatur
- M. Fubini: Alfieri, Vittorio. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 2: Albicante–Ammannati. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1960.
- Arnaldo di Benedetto: Il Dandy e il sublime. Nuovi studi su Vittorio Alfieri. Olschki, Florenz 2003, ISBN 88-222-5206-3
- Edoardo Costadura: Der Edelmann am Schreibpult. Zum Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution. Niemeyer, Tübingen 2006 ISBN 3-484-55046-5
- Paola Luciani: L'autore temario. Studi su Vittorio Alfieri. Fiorentina Books, Florenz 2005 ISBN 88-87048-81-9
- Rosanna Maggio Serra (Hrsg.): Vittorio Alfieri. Aristocratio ribelle. Electa, Mailand 2003 ISBN 88-370-2425-8
- Daniel Winkler: Körper, Revolution, Nation. Vittorio Alfieri und das republikanische Tragödienprojekt der Sattelzeit. Wilhelm Fink, Paderborn 2016 ISBN 978-3-7705-6129-2
Weblinks
- Literatur von und über Vittorio Alfieri im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Vittorio Alfieri in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Werke von Vittorio Alfieri: Text, Konkordanzen, Wortliste und Statistik
- Daniel Winkler: Der Golf von Neapel als Bühne eines doppelt bewegten Ich. E/motions in Vittorio Alfieris "Vita scritta da esso" 1808. PhiN 85, 2018, 62ff (mit engl. Resüme)