Victorianischer Goldrausch
Der Victorianische Goldrausch war eine Periode in der Geschichte des australischen Bundesstaates Victoria, die von 1851 bis Ende der 1860er-Jahre dauerte. Innerhalb von nur zehn Jahren verdreifachte sich die Bevölkerung Australiens.[1]
Überblick
In dieser Zeit war Victoria das Gebiet in der Welt, in dem das meiste Gold gefunden wurde. Eine Zeitlang war Ballarat Nummer eins in der Goldproduktion.[2]
Die Entdeckung von Gold in Beechworth, Ballarat und Bendigo führte zu einem Goldrausch ähnlich dem in Kalifornien.[3] Auf dem Höhepunkt dieses Goldrausches flossen ungefähr zwei Tonnen Gold pro Woche in das Schatzamt in Melbourne. Im Goldzeitalter entwickelte sich Victoria von einem reinen Schafzüchterland in ein wachsendes Industrieland mit kleinen Bauernhöfen. Infolge des Goldrausches wuchs die Bevölkerung Victorias sprunghaft an, und das Fehlen von Land für Kleinbauern führte zu massiven sozialen Spannungen. Diese fortwährenden Spannungen und die Landverteilung an Kleinbauern kulminierten 1878 im Kelly Outbreak.[4]
Melbourne war eine wichtige Boomtown während des Goldrausches. Die Stadt wurde zum Zentrum der Kolonie, von der sternförmig neue Eisenbahnlinien zu den kleineren Städten und Häfen gebaut wurden. In der Politik führten Victorias Goldgräber das Wahlrecht für (alle) Männer und geheime Wahlen auf Grundlage chartistischer Prinzipien ein. Mit dem Nachlassen der Goldfunde nahm der Druck zur Durchführung einer Landreform, des Protektionismus und politischer Reformen zu und führten zu sozialen Kämpfen.[5][6] Eine Land Convention im Jahre 1857 in Melbourne forderte eine Landreform. Melbourne wurde zu einer der Großstädte im Britischen Empire und in der Welt. 1854 folgten auch die Chinesen dem großen Goldrausch. Ihre Anwesenheit auf den Goldfeldern um Bendigo, Beechworth und Bright führte innerhalb kürzester Zeit zu Einfuhrzöllen, Diskriminierung, Aufständen wie dem Buckland Riot und Morden und wurde zur Basis der White Australia Policy.[5][7]
Hintergrund
1840 war die Stadt Melbourne im Süden Victorias fast fünf Jahre alt. Der Bevölkerungszuwachs in der Stadt und dem Umland war stetig und die Einwohnerzahl lag bei um die 10.000.
Im Juli 1851 feierten Melbournes 29.000 Einwohner ihre Ablösung von New South Wales und es wurde die Kolonie Victoria geboren. Wochen später fand man Gold in Victoria. Die Entdeckung von Louis Michel und William McKay Aberdeen am Andersons Creek bei Warrandyte, 30 km nordwestlich von Melbourne, wurde von der neuen victorianischen Regierung prämiert, ebenso wie die Entdeckungen von James Esmond in Clunes im Juli 1851 und Thomas Hiscock in Buninyong in der Nähe von Ballarat am 2. August 1851.
Am 20. Juli 1851 fand der Kleinhäusler Thomas Peters auf William Barkers Mount Alexander Station Spuren von Gold im heutigen Specimen Gully. Dieser Fund wurde in der Zeitung The Argus in Melbourne am 8. September 1851 veröffentlicht und führte zu einem Goldrausch am Mount Alexander und am Forrest Creek im Gebiet des heutigen Castlemaine, das zum reichsten flachen alluvialen Goldfeld der Welt wurde.
Diese Entdeckungen wurden bald von weiteren in Ballarat und Bendigo übertroffen. Weitere Funde in Beechworth (1852), Bright, Omeo und Chiltern (1858–1859) sowie in Walhalla folgten.
Jahr | Bevölkerung in Melbourne (ohne Aborigines) |
---|---|
1835 | 0 |
1840 | 10.000 |
1851 | 29.000 |
1854 | 123.000 |
Die Bevölkerung von Melbourne wuchs stetig, als sich der Goldrausch manifestierte. Auch in Victoria nahmen die Einwohnerzahlen zu. 1851 gab es 75.000 Einwohner, zehn Jahre später waren es über 500.000.
Zuerst fand man das alluviale Gold an der Oberfläche. Es gab Berichte, dass die ersten Goldgräber auf dem Goldfeld am Mount Tarrengower Nuggets einfach vom Boden aufhoben, ohne zu graben. Danach wurde das alluviale Gold vorwiegend aus Bächen und Flüssen gewonnen. Die Goldwäscher setzten Pfannen, Buddelkisten und Wiegen ein, um das Gold vom Schlamm und vom Wasser zu trennen.
Als das alluviale Gold erschöpft war, begann der Goldbergbau im Untergrund. Dies war wesentlich anstrengender und auch gefährlich. In Orten wie Bendigo und Ballarat schlossen sich Bergleute zu Teams und Syndikaten zusammen und teuften Schächte ab. Durch eine willkürliche und bösartige Politik und die Überprüfung von Lizenzen nahmen die Spannungen um Beechworth, Bendigo und Ballarat zu. Diese Spannungen führten 1854 schließlich zur Eureka Stockade. In der Folge der Rebellion wurden eine Reihe von Reformen durchgeführt und gaben den Goldgräbern ein größeres Mitspracherecht, indem sie Streitigkeiten vor Bergbaugerichten entscheiden lassen und ein umfangreicheres Wahlrecht ausüben konnten.
Eine Zeltstadt namens Canvas Town wurde in South Melbourne eingerichtet. Die Gegend wurde bald zu einem Slum und beherbergte Zehntausende Einwanderer aus der ganzen Welt, besonders aus Irland und China, die nach Australien gekommen waren, um ihr Glück in den Goldfeldern zu finden. Wichtige Chinatowns wurden in Melbourne, Bendigo und Castlemaine errichtet.
In Walhalla allein erbrachte das Cohens Reef über 50 to. (1,6 Mill. Unzen) Gold in 40 Jahren des Bergbaus.
Vermächtnis
Auf Grund des Goldrausches veränderte sich die Bevölkerungszahl von Australien dramatisch. 1851 gab es 437.635 Australier, wovon nur 77.345 – etwas weniger als 18 % – in Victoria lebten. Ein Jahrzehnt später war Australiens Bevölkerung auf 1.151.947 gewachsen, und die in Victorias auf 538.628 – fast 47 % der Gesamtbevölkerung und eine Versiebenfachung. In einigen kleinen Landstädten wurde Gold in großen Mengen gefunden und die Bevölkerung nahm um über 1000 % in einem Jahrzehnt zu (z. B. Rutherglen mit anfänglich ~ 2000 Einwohnern und 10 Jahre später ~ 60.000 Einwohnern – einer Steigerung von 3000 %). Das enorme Wachstum war vorwiegend eine Folge des Goldrausches.[8]
Der Goldrausch spiegelt sich auch in der Architektur der victorianischen Städte des Goldbooms, wie Melbourne, Castlemaine, Ballarat, Bendigo und Ararat wider. Ballarat hat Sovereign Hill, einen 24 ha großer Nachbau einer Siedlung aus der Zeit des Goldrausches, und ein Goldmuseum, während Bendigo eine große noch in Betrieb befindliche Goldmine besitzt, die auch als Touristenattraktion genutzt wird.
Der Goldrausch hinterließ seltsame Städte in der Touristenregion der Goldfelder, wie z. B. Maldon, Beechworth, Clunes, Heathcote, Maryborough, Daylesford, Stawell, Beaufort, Creswick, St. Arnaud, Dunolly, Inglewood, Wedderburn und Buninyong. Mit Ausnahme von Bendigo und Ballarat waren alle diese Städte damals deutlich größer als heute. Der größte Teil der Bevölkerung zog in andere Landesteile, wenn die Goldadern ausgebeutet waren.[5] Am anderen Ende des Spektrums gibt es heute noch Geisterstädte wie Walhalla, Mafeking und Steiglitz.
Der letzte größere Goldrausch in Victoria fand in Berringa, südlich von Ballarat, in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts statt. Der Goldbergbau in Victoria wurde nicht aufgegeben, weil es kein Gold mehr gegeben hätte, sondern zumindest zum Teil auf Grund der Tiefe und der hohen Kosten der Wasserhaltung in den Bergwerken. Der Erste Weltkrieg zog auch die Arbeitskraft der Bergleute, die Soldaten wurden, aus Australien ab. Noch wirkungsvoller aber war das Verbot des Goldexportes für Australien 1915 und die Abschaffung des Goldstandards im ganzen britischen Weltreich, die zum Tod vieler Goldstädte in Victoria führten.[9] Der Niedergang der Goldproduktion kehrte sich niemals wieder um. Aber seit 2005 der Goldpreis stieg wurde der kommerzielle Bergbau in den beiden großen Goldfeldern von Bendigo und Ballarat wieder aufgenommen. Die Suche nach Gold geht auch an anderen Standorten, z. B. in Glen Wills, einem Inselgebirge bei Mitta Mitta im Nordosten Victorias weiter.
Weblinks
Literatur
- Robyn Annear: Nothing but Gold: The Diggers of 1852. Text Pub. Melbourne (1999). ISBN 1876485078
- G. F. James & C. G. Lee: Walhalla Heyday. Graham Publications. Ringwood (1975). ISBN 0959631135
- John Aldersea & Barbara Hood: Walhalla, Valley of Gold: A Story of its People, Places and its Gold Mines. Walhalla Publishing. Trafalgar (2003). ISBN 097508870X
- James Flett: The History of Gold Discovery in Victoria. Hawthorn Press. Melbourne (1970). ISBN 0725600098
- Vivine McWaters: Beechworth's little Canton. Vivienne McWaters. Beechworth (2002). ISBN 0958045909
- Geoffrey Serle: The Golden Age: A History of the Colony of Victoria, 1851–1861. Melbourne University Press. Carlton (1963/1977). ISBN 0522841430
- Carole Woods: Beechworth: A Titan's Field. Hargreen. North Melbourne (1985). ISBN 0949905259
- Diann Talbot & Andrew Swift: The Buckland Valley Goldfield. Diann Talbot. Bright (2004). ISBN 0975717006
Einzelnachweise
- Robert Whaples: California Gold Rush. Wake Forest University (Memento des Originals vom 9. Juli 2012 auf WebCite) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Weston Bate: Lucky City: The first Generation of Ballarat, 1851–1901. Melbourne University Press. Carlton (1978). ISBN 0522850650
- David Goodman: Gold Seeking: Victoria and California in the 1850s. Stanford University Press. Stanford (1994). ISBN 0804724806
- John McQuilton: The Geographical Dimensions of Social Banditry: Kelly Outbreak 1878–1880. Melbourne (1979)
- Anthony O’Brien: Shenanigans on the Ovens Goldfields. Artillery Publishing. Hartwell (2005). ISBN 0975801309
- I. D. McNaughton & Gordon Greenwood (Herausgeber): Australia: A Social and Political History. Angus and Robertson. Sydney (1955). Colonial Liberalism, 1851–92
- Katerine Cronin: Colonial Casualities: Chinese in Early Victoria. Melbourne University Press. Carlton (1982).ISBN 0522842216
- J. C. Caldwell & Wray Vamplew (Herausgeber): Australians: Historical Statistics. Fairfax, Syme & Weldon Associates. Broadway (1987). ISBN 0949288292. S. 23–26. Kapitel 2: Population
- Marnie Hague-Muir & Joan Beaumont (Herausgeber): Australia's War 1914–18. Allen & Unwin. St. Leonards NSW (1995). ISBN 1863734619. Kapitel: The Economy at War