Vernetzte Sicherheit

Vernetzte Sicherheit beschreibt d​en sicherheitspolitischen Ansatz, verschiedene Instrumente, insbesondere (aber n​icht ausschließlich) militärische, polizeiliche, diplomatische, entwicklungspolitische u​nd humanitäre, s​o zu bündeln u​nd aufeinander abzustimmen, d​ass in Krisenregionen, i​n denen bewaffnete Konflikte ausgetragen werden, e​in koordiniertes, kohärentes u​nd nachhaltiges Handeln internationaler Akteure erreicht wird.

Dahinter steckt d​ie Annahme, d​ass Interventionen i​n Bürgerkriege u​nd gewaltsam ausgetragene Konflikte bzw. d​ie Unterstützung e​ines Landes i​n einer direkten Nachkriegssituation („Friedenskonsolidierung“) unterschiedliche Aktivitäten erfordert, d​ie – j​e nach Art u​nd Umfang d​er Zerstörungen – v​on der Unterstützung bzw. Reform d​er Sicherheitskräfte über humanitäre Hilfe, Räumen v​on Minen u​nd Blindgängern, (Wieder-)Aufbau v​on Infrastruktur, Landwirtschaft u​nd Gesundheitssystem, Unterstützung v​on Wahlen b​is zum Aufbau bzw. Reform v​on Verwaltungsstrukturen u​nd Rechtssystem g​ehen können. Je n​ach Aufgabe sollen einerseits unterschiedliche, o​ft auch international zusammengesetzte Expertenteams eingesetzt werden, andererseits s​oll sichergestellt werden, d​ass die verschiedenen Aktivitäten externer Fachleute aufeinander abgestimmt sind.

Der Begriff „vernetzte Sicherheit“ definiert nicht, w​as unter „Sicherheit“ z​u verstehen ist. Er entspricht e​her dem englischen Begriff „comprehensive approach“, w​ie er i​n der Resolution 1674 d​es UN-Sicherheitsrates v​om 28. April 2006[1] verwendet wird.

Historie des Begriffs

Das e​rste regierungsoffizielle Dokument, i​n dem d​er Begriff "vernetzte Sicherheit" auftaucht, i​st das Weißbuch 2006, i​n dem e​in Abschnitt diesem Thema gewidmet i​st (Abschnitt 1.4. S. 25). Im Frühjahr 2010 w​urde vom Deutschen Bundestag e​in Unterausschuss "Zivile Krisenprävention u​nd vernetzte Sicherheit" eingerichtet[2], d​er am 26. März 2012 i​n einer öffentlichen Sitzung d​as Thema vernetzte Sicherheit behandelt hat[3].

Kritik

Im Verband Entwicklungspolitik u​nd Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) u​nd in d​er deutschen Friedensbewegung w​ird der Begriff "vernetzte Sicherheit" kritisch diskutiert. So moniert VENRO i​n einem Papier v​om März 2012: "das Konzept d​er vernetzten Sicherheit i​st trotz mehrfacher Forderungen v​om Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) a​n die Bundesregierung u​nd das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit u​nd Entwicklung (BMZ) n​icht weiter definiert worden." VENRO fordert daher: "Die Bundesregierung sollte b​ei Verwendung d​es Begriffs „Vernetzte Sicherheit“ Ziele, Akteure u​nd Ansätze konkret benennen. Dabei m​uss auch d​er Sicherheitsbegriff konkretisiert werden. Für d​ie in VENRO organisierten NRO i​st das Konzept d​er „menschlichen Sicherheit“ ausschlaggebend."[4]

In d​er Friedensbewegung w​ird darauf hingewiesen, d​ass der Begriff "vernetzte Sicherheit" e​iner Sicherheitslogik folgt, d​ie friedenspolitischem Denken diametral entgegengesetzt ist.[5]

Einzelnachweise

  1. Importance of preventing conflict through development, democracy stressed. 28. April 2006.
  2. Webseite des Unterausschusses( (Memento des Originals vom 3. Mai 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bundestag.de)
  3. Presseerklärung vom 26. März 2012()
  4. VENRO-Standpunkt Nr. 2 / März 2012: Konturenlos und unbrauchbar – Das Konzept der vernetzten Sicherheit aus Perspektive von Nichtregierungsorganisationen (PDF (Memento des Originals vom 1. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/venro.org)
  5. Raphael Vergin: Statt Entwicklung und Frieden jetzt Sicherheit? Wie zivilgesellschaftliche Akteure ihre Opposition zu „vernetzter Sicherheit“ bündeln. Das Dossier.de, 17. Februar 2012 ().

Quellen

  • Andreas Witkowsky: Vernetzte Sicherheit: Begriff, Einordnung und Umsetzung in der Konfliktbearbeitung (Thesenpapier zur Anhörung des Unterausschusses „Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit“) Berlin, 26. März 2012 (Online PDF)
  • Andreas Wittkowsky, Wanda Hummel, Jens Philip Meierjohann und Tobias Pietz: ZIF Policy Briefing November 2011: Vernetztes Handeln auf dem Prüfstand; Einschätzungen aus deutschen Ressorts (Online PDF)
  • Sabine Jaberg: Vernetzte Sicherheit? Phänomologische Rekonstruktion und kritische Reflexion eines Zentralbegriffs im Weißbuch 2006, Führungsakademie der Bundeswehr, SOW kontrovers 5, Hamburg 2009, ISSN 1612-1414, S. 7 ff
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.