Verlag Volk und Welt
Der Verlag Volk & Welt Berlin war der wichtigste Belletristikverlag für internationale Literatur der DDR und ihr zweitgrößter belletristischer Verlag.
Geschichte
1947–1990
Er wurde am 14. März 1947 von Michael Tschesno-Hell und Wilhelm Beier als GmbH in der Sowjetischen Besatzungszone gegründet, um Übersetzungen sowjetischer Literatur und antifaschistische deutsche Literatur zu veröffentlichen. Dafür erhielt er die Lizenz der SMAD. Später wurde der Verlag für internationale Gegenwartsliteratur geöffnet. 1951 wurde der Verlag Rütten & Loening angeschlossen, 1964 jedoch wieder herausgelöst. Stattdessen fusionierte man den Verlag mit Kultur und Fortschritt, einem auf Übersetzungen sowjetischer Bücher spezialisierten Verlag der DSF. Neben den Buchpublikationen von Volk & Welt – rund 100 Titel jährlich – gab es auch die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift der bücherkarren mit Informationen über Neuerscheinungen.
Das Verlagsprogramm unterlag wie bei allen DDR-Verlagen der Zensur. Die Popularität des Verlagsprogrammes war nicht nur auf die DDR begrenzt. In einer Selbstwerbung des Verlags hieß es 1970: „‚Volk und Welt Spektrum‘ macht mit allen Gattungen der modernen internationalen Literatur vertraut. Die Herausgabe von Kurzromanen, Stücken, Reiseskizzen, Krimis, Werkstattberichten, Gedichten und Essays graniert jene farbige Vielfalt, die der Name ‚Spektrum‘ verheißt“[1]
Die Bücher waren, wie in der DDR üblich, preiswert. 1980 wurde der Verlag mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold ausgezeichnet.[2]
1990–2001
Nach 1989 musste die Treuhandanstalt den Verkauf des Verlages zweimal (1991 und 1992) rückgängig machen. Nach ersten verlegerischen Erfolgen – mit Thomas Brussigs Roman Helden wie wir gelang dem Verlag ein Bestseller – wurde Volk & Welt 2000 mit dem Luchterhand Literaturverlag zusammengelegt, 2001 erschienen die letzten Bücher. Die Namensrechte liegen heute bei der Verlagsgruppe Random House. Das Verlagsarchiv befindet sich im Bestand des Archivs der Akademie der Künste in Berlin.
Standorte
Von 1947 bis 1996 befand sich der Verlag im Gebäude Taubenstraße 1–2 bzw. Glinkastraße 13–15 in Berlin-Mitte. 1996 zog der Verlag in die Oranienstraße 164 in Berlin-Kreuzberg.
Verlagsleiter
- 1947: Wilhelm Beier
- 1947–1950: Michael Tschesno-Hell
- 1950–1954: Bruno Peterson
- 1954–1970: Walter Czollek
- 1970–1972: Walter Czollek und Jürgen Gruner
- 1972–1991: Jürgen Gruner
- 1991–1992: Ingo-Eric Schmidt-Braul
- 1992: Stephan Treuleben und Alexander Treuleben
- 1992–2001: Dietrich Simon
Wichtige Verlagsschwerpunkte
- Ausländische Literatur
- Buchreihen
- ad libitum – Sammlung Zerstreuung
- Erkundungen
- ex libris
- Österreichische Bibliothek (1985–1990)
- Seven Seas Publishers (1958–1980)
- Weiße Reihe Lyrik International
- Spektrum
- Dramenreihe
- Volk-und-Welt-Report
- Heftreihen
Literatur
- Heinz Dieter Tschörtner: 35 Jahre internationale Literatur 1947–1981. Eine bibliographische Zusammenstellung, Verlag Volk und Welt, Berlin 1982, 360 S.
- Roland Links, Anja Augustin; Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.): Fenster zur Welt. Die Geschichte des DDR-Verlages „Volk und Welt“. 2. Auflage, Links, Berlin 2005 (Erstausgabe 2003), ISBN 3-86153-300-6 (Begleitband der Wanderausstellung des Dokumentationszentrums Alltagskultur der DDR e. V., Eisenhüttenstadt: Europa im Kopf. beleuchtet die Verlagsgeschichte näher, Rezension von Altenhein in IASL Online 2004).
- Leonhard Kossuth: Volk & Welt. Autobiographisches Zeugnis von einem legendären Verlag., NORA-Verlag, Berlin 2002, ISBN 9783935445641.
Weblinks
- Fritz J. Raddatz: Abgewickelt. Der Verlag Volk und Welt ist tot in Die Zeit.
- Anke Westphal: Reisen ohne Pass in der Berliner Zeitung über die Ausstellung Europa im Kopf.
- Siegfried Lokatis: Ein heimlicher Stalin-Diskurs in der DDR. Die Zensur sowjetischer Kriegsromane beim Verlag „Volk und Welt“ in: Zeitgeschichte-online, Mai 2005.
- Verlagsarchiv Volk & Welt im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
Einzelnachweise
- In: Michael Bulkakow. Das Leben des Herrn de Moliere. 1970. Nach dem Inhaltsverzeichnis.
- Berliner Zeitung, 2. Mai 1980, S. 4.