Verkehrsfunk
Der Verkehrsfunk (auch Verkehrsdienst) ist ein fester Bestandteil im Programm vieler Hörfunksender. Der Verkehrsfunk informiert Autofahrer in regelmäßigen Abständen über die aktuelle Verkehrslage oder bei Bedarf mit Verkehrsmitteilungen wie Stau- oder Falschfahrerinformationen.
Entstehung
Deutschland
UKW-West, das erste UKW-Programm des Westdeutschen Rundfunks informierte am 23. April 1961 erstmals die Hörerschaft über Verkehrsstaus in der Nähe von Erholungsgebieten und auf Autobahnen. Ein regelmäßiger regionaler Verkehrsfunk mit stündlichen Verkehrsinformationen wurde in Deutschland Anfang der 1970er-Jahre geschaffen. Vorreiter war der Bayerische Rundfunk mit dem ab 1. April 1971 als Servicewelle gestarteten Programm Bayern 3. Der Deutschlandfunk führte 1974 mit dem „Verkehrspiepser“ (amtlich: Hinz-Triller) die ARI-Kennung in Deutschland ein.[1] Im 21. Jahrhundert hat der Verkehrsfunk durch die flächendeckende Verfügbarkeit mobiler Navigationssysteme und Apps allgemein an Bedeutung verloren. So stellte der Deutschlandfunk seinen Verkehrsfunk zum 1. Februar 2020 ein.[2]
Österreich
In Österreich ist die Ö3-Verkehrsredaktion zuständig, die bereits seit den späten 1970er Jahren den österreichweiten Verkehrsfunk sendet. Vorgänger war bereits die Autofahrersendung Autofahrer unterwegs, die allerdings nur während der Sendung laufende Verkehrsnachrichten ausstrahlte. Seit 2005 hat Ö3 auch ein eigenes Studio in der Zentrale der ASFINAG, sodass die Nachrichten noch zeitnäher gebracht werden können.[3]
Form
Bei den meisten Sendern ist es üblich, jeweils etwa um fünf Minuten nach der vollen und halben Stunde eine vollständige Übersicht aller Verkehrsstörungen zu senden. Bei Geisterfahrermeldungen und Unfällen, vor denen möglichst zeitnah gewarnt werden muss, wird das laufende Programm unterbrochen oder über einen Musiktitel gesprochen. Bei manchen Radiosendern, die ihr Programm in einem größeren Gebiet senden, werden die Meldungen nur in dem zutreffenden Gebiet durchgegeben.
Aufbau des Verkehrsfunks
Der Verkehrsfunk gibt die Gefahrstellen und Staus im Sendegebiet des Senders nach einer gewissen Sortierung aus. Bei den meisten Radiosendern ist er folgendermaßen sortiert:
- Gefahrenstellen auf der Autobahn
- Gefahrenstellen auf Bundesstraßen
Dabei wird nach Nummern aufsteigend sortiert. Dafür ist oft die erste Ziffer maßgeblich, zum Beispiel A1, A3, A5 und so weiter. Dadurch kann man sich besser vorbereiten, wann die Autobahn, auf der man fährt, an die Reihe kommt.
Die Ortsangabe, welche dazu gesagt wird, gibt auf der Autobahn die Anschlussstellennamen oder Parkplätze an. Auf der Bundesstraße werden die nächstgrößeren Städte genannt. Damit kann auch die Richtung der Behinderung erkannt werden. Nach Autobahn und Bundesstraße folgen:
- Gefahrstellen auf Landstraßen
- Gefahrstellen in Großstadtgebieten
Gefahrstellen sind zum Beispiel ungesicherte Unfallstellen, Gegenstände auf der Fahrbahn oder extrem schlechtes Wetter. Wenn die Gefahrstellen fertig sind, wird die gleiche Reihenfolge auf Staus oder stockenden Verkehr übertragen:
- Staus auf der Autobahn nach Autobahnnummern aufsteigend sortiert
- Staus auf Bundesstraßen nach Bundesstraßennummer aufsteigend sortiert
- Staus auf Landstraßen
- Staus in Großstadtgebieten
Anschließend werden noch Meldungen aus angrenzenden Bundesländern oder Ländern genannt. Besonders in der Ferienzeit werden beispielsweise im Süden Deutschlands auch die Österreichischen oder Schweizer Pässe genannt.
Sollte es zum Beispiel keine Bundesstraßen mit Problemen geben, werden diese ausgelassen und direkt ins Stadtgebiet gewechselt.
Manche Radios haben neben der Anzeige einer Liste der digitalen Textmeldungen von TMC- und TMC-Pro auch die Möglichkeit, die Durchsage noch mal abzuspielen, da sie aufgezeichnet wurde. Z. B. beim Navigationsgerät des Modells Audi A3 8P.
In Regionen mit allgemein hohem Verkehrsaufkommen werden oft nur die Autobahnstaus ab einer gewissen Länge angesagt, um das Radioprogramm nicht zu lang zu stören. Beim Radiosender 1Live wird beispielsweise auf die App des Senders hingewiesen, die alle Staus enthält.
Meldequellen
Die aktuellen Meldungen kommen von verschiedenen Stellen zu den Rundfunksendern. So melden Polizei, Leitstellen von Feuerwehr, Rettungsdiensten oder Automobilclubs Behinderungen oder Straßensperren. In den letzten Jahren haben die Rundfunkanstalten oft auch bestimmte Telefonnummern als Hotlines eingerichtet, wo jeder Autofahrer kostenlos seine Meldungen hinterlassen kann.
Technik
Mit dem 1974 eingeführten „Verkehrspiepser“ (amtlich: Hinz-Triller) wurde in den Sendestationen das unhörbare Steuersignal ein- und ausgeschaltet, welches wiederum in geeigneten Endgeräten (z. B. Autoradios) das Umschalten von Kassette auf den Verkehrsfunk bzw. ein Erhöhen der Lautstärke auslöste. Seit 1988 wurde diese Funktion auch im RDS realisiert, das veraltete ARI wurde von allen ARD-Hörfunkketten nach über 10 Jahren Übergangszeit am 28. Februar 2005 abgeschaltet. Ältere, nicht RDS-fähige Autoradios können daher keine automatische Umschaltung auf Verkehrsfunksendungen mehr durchführen.
Autoradios haben heute je nach Ausstattung spezielle Einrichtungen, um Verkehrsfunk-Nachrichten an den Benutzer zu übermitteln:
- Das Abspielen einer CD oder einer Kassette wird durch eine nicht hörbare RDS-Programmkennung unterbrochen und die Verkehrsdurchsage ertönt. Einige Sender spielen zusätzlich am Anfang und Ende der Durchsage den hörbaren Hinz-Triller.
- Für Durchsagen kann die Lautstärke separat eingestellt werden, so dass man leichter aufmerksam wird. Zur besseren Verständlichkeit werden sie bei manchen Geräten monophon wiedergegeben.
- EON (Enhanced other network): Wenn man einen Sender ohne Verkehrsdurchsagen hört (dies ist vor allem bei Kultur- und Klassikwellen der Fall) und diese Funktion aktiviert ist, so schaltet das Radio während einer Verkehrsdurchsage automatisch auf einen Verkehrsfunksender um.
- TIM (Traffic Information Memo): Das Radio speichert im abgeschalteten Zustand die Meldungen und gibt sie beim Einschalten wieder. Hierbei ist stets eine entsprechende Programmierung des Autoradios erforderlich, etwa eine Stunde vor Beginn der geplanten Inanspruchnahme.
- TMC (Traffic Message Channel): Dieser digitale Radio-Datendienst, der zur Verbreitung RDS nutzt, wird von Navigationssystemen (z. B. Radio/PDA) zur automatischen Umfahrung von Staus und Behinderungen verwendet (dynamische Zielführung).
Verkehrsschilder
Von 1974 bis 2003 standen an den Autobahnen ca. 10.000 Hinweisschilder entsprechend dem Zeichen 368 (Anlage 3 zu § 42 Absatz 2 StVO, umgangssprachlich „Radio-Hinweistafeln“). Sie zeigten die Frequenzen des UKW-Rundfunks mit ARI an.[4] Als Grund für die Abschaffung wurde angegeben, dass moderne Autoradios die Verkehrsfunksender automatisch finden und daher ein manuelles Umschalten nicht mehr nötig sei.[5]
Auch entlang der österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen werden laufend Verkehrsschilder mit Programmen, die Verkehrsinfos ausstrahlen, und der entsprechenden Sendefrequenz aufgestellt.
- Deutsches Verkehrszeichen 368
- Hinweiszeichen in Österreich
- Zeichen 4.90 Radio-Verkehrsinformation in der Schweiz
Verkehrsnachrichten vor der Hörfunkära
Verkehrsnachrichten gab es schon lange vor dem Rundfunk in Zeitungen, da jedoch nur zu besonderen Anlässen, denn das Medium Print konnte nie so aktuell berichten wie der Rundfunk. So druckte die Berliner Volks-Zeitung am Morgen des 2. Februar 1922 auf ihrer Titelseite eine Verkehrseinschätzung wegen des Streiks der Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahnbeamten und -anwärter. Das Blatt vermutete aufgrund der Informationen vom Vorabend einen langsamen Streikbeginn und relativ normalen Verkehr am Vormittag.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Die ARD schaltet das Autofahrer Informations-System (ARI) ab. In: deutschlandfunk.de. Deutschlandradio, 26. Februar 2005, abgerufen am 19. Juli 2017.
- Verkehrsfunk wird abgeschafft – Keine Staus mehr im Deutschlandfunk. In: deutschlandfunk.de. 30. Januar 2020, abgerufen am 9. Juli 2020.
- Die Ö3-Verkehrsredaktion stellt sich vor. In: oe3.orf.at. Abgerufen am 4. August 2020.
- Der deutsche Schilderwald schrumpft. In: autobild.de. 13. November 2002, abgerufen am 2. Januar 2020.
- Zeichen 368 ade! in www.spiegel.de vom 14. November 2002