Ulrich Hoyer

Ulrich Hoyer (* 4. Juni 1938 i​n Weimar; † 21. Juli 2020) w​ar ein deutscher Philosoph.

Leben

Ulrich Hoyer studierte v​on 1958 b​is 1965 Physik a​n der Universität Mainz u​nd der Universität Wien u​nd legte 1965 d​as Examen a​ls Diplomphysiker ab. 1969 w​urde er i​n Mainz m​it der Arbeit „Der atomare Bremsquerschnitt verschiedener Gase für Alphateilchen i​m Umladungsgebiet“ z​um Dr. rer. nat. promoviert. 1973 habilitierte e​r sich für Geschichte d​er Naturwissenschaften a​n der Universität Stuttgart, 1975 erhielt e​r einen Ruf a​uf die Professur für Philosophie, u​nter besonderer Berücksichtigung d​er Wissenschaftstheorie, a​n der Westfälischen Wilhelms-Universität i​n Münster. 2003 w​urde er emeritiert. Er h​atte eine Gastprofessur für Naturphilosophie a​n der privaten Gustav-Siewerth-Akademie inne.

Hoyers Arbeitsgebiete u​nd Hauptforschungsgebiete w​aren die Geschichte u​nd die Grundlagen d​er Physik, insbesondere d​er Quanten- u​nd der Relativitätstheorie. Sein besonderes Forschungsinteresse g​alt dem Problem d​er Interpretation d​er Quantenmechanik, für d​as er e​ine Lösung a​uf stochastischer Grundlage suchte.[1][2][3][4][5] Zur modernen Relativitätstheorie, v​on deren wissenschaftlicher Endgültigkeit e​r mit Dingler u​nd anderen Skeptikern n​icht überzeugt war, unterbreitete e​r Gegenvorschläge, u​nd er forderte e​ine Rückkehr z​ur rationalen analytischen Methode d​er klassischen Physik.[6][7][8][9] Er vertritt d​en Standpunkt, für galileische Bezugssysteme s​ei die Galilei-Transformation i​m Gegensatz z​ur Lorentz- o​der Voigt-Transformation uneingeschränkt gültig.[10] Auf d​em Gebiet d​er Kosmologie stellt e​r die Richtigkeit d​er Urknall-Hypothese i​n Frage.[11]

Hoyer war langjähriger Stiftungsratsvorsitzender der Hugo-Dingler-Stiftung, Aschaffenburg, und förderte als solcher die Drucklegung wissenschaftlicher Sachbücher auf den Gebieten Philosophie, Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte. Anlässlich der Jahresversammlung des Stiftungsrats am 8. März 2019 trat er aus Altersgründen von diesem Amt zurück wie auch als Mitglied des Kuratoriums der Stiftung.

Werke (Auswahl)

  • Die Geschichte der Bohrschen Atomtheorie – Weinheim : Physik Verlag, 1974. – ISBN 3-87664-022-9.
  • Wellenmechanik auf statistischer Grundlage -- Ein neuartiger Zugang zum wellenmechanischen Atommodell mittels eines Diskontinuitätspostulats ohne widersprüchliche Konsequenzen. Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel, IPN-Arbeitsberichte, Kiel 1983, 110 Seiten.
  • Kampf zweier Weltanschauungen: Metaphysik zwischen Naturwissenschaft und Religion im Werk Gideon Spickers. Herausgegeben von Ulrich Hoyer und Harald Schwaetzer. – Hildesheim ; Zürich : Olms, 1999 – ISBN 3-487-10935-2.
  • Philosophie und Wissenschaftstheorie, Beiträge: Ulrich Hoyer, Klaus Mainzer, Werner Strombach. – Schwerte, 198.
  • Eine Religion in philosophischer Form auf naturwissenschaftlicher Grundlage: Gideon Spickers Religionsphilosophie im Kontext seines Lebens, seines Werkes, seiner Zeit. Zweites Gideon-Spicker-Symposion, herausgegeben von Ulrich Hoyer et al. Hildesheim; Zürich: G. Olms, 2002 – ISBN 3-487-11589-1.
  • Synthetische Quantentheorie – Hildesheim, Zürich: Olms, 2002, ISBN 3-487-11762-2
  • Hugo Dinglers Methode der Physik. Zur 50. Wiederkehr des Todestages Dinglers in Wissenschaft und Leben: Philosophische Begründungsprobleme in Auseinandersetzung mit Hugo Dingler Herausgeber Peter Janich, transcript Verlag, 31. Juli 2015 - 274 Seiten
  • zusammen mit Hans H. Sallhofer: Fallstrick Kopenhagener Deutung: Gespräche über die Quantentheorie. Wien: Universitas, 2007 – ISBN 978-3-8004-1477-2
Als Herausgeber
  • Niels Bohr: Work on atomic physics (1912–1917) / ed. by Ulrich Hoyer. Amsterdam: North-Holland, 1981. (Collected works / Niels Bohr; vol. 2) – ISBN 0-7204-1802-X.
  • Mitherausgeber der Fachzeitschrift Existentia: An International Journal of Philosophy, Szeged, Budapest, Frankfurt am Main, Münster und Miami.

Literatur

  • Philosophie ist Kritik: zur Methodologie von Physik und Metaphysik: Festschrift für Ulrich Hoyer, hrsg. von August Herbst und Harald Schwaetzer. – Regensburg : Roderer, 1998 – ISBN 3-89073-255-0

Einzelnachweise

  1. Ulrich Hoyer: Über eine rationale statistische Grundlegung der Wellenmechanik. In: Philosophia naturalis. Band 18, 1981, S. 356–367.
  2. Ulrich Hoyer: Die statistischen Grundlagen der Wellenmechanik. In: Veröffentlichungen der Katholischen Akademie Schwerte, Band 9, 1982, S. 27–43.
  3. Ulrich Hoyer: Das Grundlagenproblem der Quantentheorie. In: Veröffentlichungen der Katholischen Akademie Schwerte, Band 9, 1982, S. 9–26.
  4. Ulrich Hoyer: Quantentheorie und Kausalität. In: Hōrin -- Vergleichende Studien zur japanischen Kultur, Band 6, 1999, S. 211–222, ISBN 3-89129-515-4.
  5. Ulrich Hoyer: Über Induktion, Korrespondenz und Quantenmechanik. In: Existentia - An International Journal of Philosophy, Vol. XII, 2002, Fasc. 1–2, pp. 55–62.
  6. Ulrich Hoyer: Euklidische versus Nicht-Euklidische Geometrie. In: Existentia - An International Journal of Philosophy, Vol. XXVII, 2017, Fasc. 1–2, pp. 139–145.
  7. Ulrich Hoyer: Klassische Naturphilosophie und moderne Physik. In: Existentia, Vol. III--IV, 1993–94, Fasc. 1–4, pp. 57–83.
  8. Ulrich Hoyer: Philosophie naturwissenschaftlicher Prognosen. In: Universitas -- Zeitschrift für interdisziplinäre Wissenschaft, Band 47, 1992, S. 896–903.
  9. Ulrich Hoyer: Verallgemeinerte Gravitationstheorie. In: Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie, Band XX, 1989, S. 287–302.
  10. Ulrich Hoyer: Die Grundlagen der Speziellen Relativitätstheorie. In: Existentia - An International Journal of Philosophy, Vol. XXIX, 2019, Fasc. 1–2, pp. 117–125.
  11. Ulrich Hoyer: Hat der Urknall wirklich stattgefunden?. In: Existentia - An International Journal of Philosophy, Vol. XXVIII, 2018, Fasc. 1–2, pp. 1–7.
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