Tiermehl
Tiermehl (auch Tierkörpermehl, Kadavermehl oder Fleischmehl) entsteht durch Zermahlen von Tieren und ist somit ein Produkt der Tierkörperverwertung. Es dient als Futtermittel für Nutz- oder Heimtiere sowie Pelz- und Zootiere und darf unter Auflagen als Dünger in der Landwirtschaft genutzt werden. Darüber hinaus wird es in energetischer Nutzung verbrannt.
Herstellung
In einer Tierkörperbeseitigungsanlage werden die Kadaver von verendeten und erkrankten Tieren, Schlachtabfälle und tierische Nebenprodukte mittels mechanischer und chemischer Aufarbeitung zu Tiermehl und anderen Produkten verarbeitet. Die biologische Wertigkeit des Tiermehlproteins ist abhängig von den Mengenverhältnissen der Ausgangsmaterialien, insbesondere von dem Anteil an Fleisch bzw. kollagen- und keratinreichen Körperbestandteilen sowie Blut.
Verwendung
Futtermittel
Das als Reaktion auf die Rinderkrankheit BSE verhängte Tiermehlverbot ist nach zwölf Jahren am 1. Juni 2013 ausgelaufen.[1] Damit ist laut EU-Kommission Tiermehl aus nicht-wiederkäuenden Tieren wie Schweinen oder Hühnern wieder als Futtermittel für Fische und andere auf Aquafarmen gezüchtete Tiere zulässig.[2] In der Schweiz war Tiermehl von Nichtwiederkäuern für die Fischfütterung nie verboten.[3]
Die Verfütterung von Tiermehl an Wiederkäuer ist seit 1994 EU-weit verboten, 2001 wurde das Verbot auf alle Nutztiere ausgeweitet. Futter aus kontaminiertem tierischem Eiweiß für Rinder gilt als der wichtigste Übertragungsweg des Erregers der Rinderkrankheit BSE.[4] Zuvor wurde Tiermehl als Eiweiß-Futtermittel besonders in der Tiermast eingesetzt. 2011 prüften die EU und das Schweizer Bundesamt für Veterinärwesen eine Lockerung des generellen Verfütterungsverbots unter restriktiven Bedingungen, um die Abhängigkeit von Soja zu senken.[4][5]
Tiermehl kann zur Herstellung von Futtermitteln für Heimtiere sowie für Pelz- oder Zootiere verwendet werden. Zulässig sind ausschließlich Produkte der Kategorie 3 der Tierkörperverwertung.[6] Laut einer freiwilligen Vereinbarung der Heimtierfuttermittelindustrie werden jedoch nur Rohstoffe von Schlachttieren verwendet, die als tauglich für den menschlichen Verzehr beurteilt wurden.[7]
Risiken der Verfütterung
Zu den möglichen Risiken der Verfütterung an Schlachtvieh und der Verbreitung von Krankheiten beim Menschen liegen gründliche wissenschaftliche Untersuchungen vor.[8][9] Auch zur Verfütterung an Hühner wurden Untersuchungen durchgeführt.[10]
Nachweis der Beimischung von Tiermehl
Für den Nachweis der Beimischung von Tiermehl zu regulärem Tierfutter wurden sensitive und spezifische immunologische Nachweisverfahren auf der Basis von Osteocalcin als Biomarker entwickelt. Es gelingt mit diesem ELISA-Test, 0,1 % Tiermehl in pflanzen- bzw. fischmehlbasierten Futtermitteln nachzuweisen.[11]
Dünger
Tiermehl kann wegen seines hohen Stickstoff- und Phosphatgehalts als organischer Dünger eingesetzt werden. Es darf ausschließlich auf unbestelltem Ackerland ausgebracht werden und muss am gleichen Tag eingearbeitet werden. Nutztiere dürfen für einen Zeitraum von 21 Tagen keinen Zugang zu Flächen haben, auf denen Tiermehl als Dünger verwendet wird.[12]
Verbrennung
Heute wird ein erheblicher Anteil des Tiermehls verbrannt. Es wird in Braun- und Steinkohlekraftwerken der Kohle beigemischt oder in Zementfabriken zur Prozesswärmegewinnung eingesetzt.[13]
Siehe auch
- Blutmehl: getrocknetes Blut aus dem Schlachtvorgang
- Fleischfuttermehl, Fleischknochenmehl: unterscheidet sich von Tiermehlen durch den höheren Anteil an Knochen
- Futterknochenschrot: zerkleinerte, entfettete Knochen, dient in erster Linie als Mineralstoffträger
- Knochenmehl
- Fischmehl
Weblinks
Einzelnachweise
- Fische dürfen wieder mit Tiermehl gefüttert werden. In: Augsburger Allgemeine. 14. Februar 2013.
- Theresa Zimmermann: EU kippt Tiermehl-Verbot: Aus Fleisch soll wieder Fisch werden. In: Taz. 26. Februar 2013.
- Dominik Balmer: Schweine und Co. sollen wieder Tiermehl fressen. In: Berner Zeitung. 14. November 2012.
- Anne Luginbühl: Tierische Eiweisse wieder an Hühner und Schweine verfüttern? (Memento vom 19. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) Blogeintrag vom 19. September 2011 beim Schweizer Bundesamt für Veterinärwesen
- EU prüft Lockerung von Tiermehl-Verbot. In: Rheinische Post. 4. November 2011.
- Dunkle Geschäfte mit Tiermehl und Schlachtabfällen. auf: foodwatch. 29. Mai 2008.
- Fragen und Antworten zu BSE: Tierfutter (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Webseite des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, abgerufen am 7. Januar 2013.
- M. Kadohira, M. A. Stevenson, H. R. Høgåsen, A. de Koeijer: A quantitative risk assessment for bovine spongiform encephalopathy in Japan. In: Risk Anal. 32(12), Dez 2012, S. 2198–2208. PMID 22642297
- E. Ryan, G. McGrath, H. Sheridan, S. J. More, I. Aznar: The epidemiology of bovine spongiform encephalopathy in the Republic of Ireland before and after the reinforced feed ban. In: Prev Vet Med. 105(1-2), 1. Jun 2012, S. 75–84. PMID 22385779
- J. Moore, S. A. Hawkins, A. R. Austin, T. Konold, R. B. Green, I. W. Blamire, I. Dexter, M. J. Stack, M. J. Chaplin, J. P. Langeveld, M. M. Simmons, Y. I. Spencer, P. R. Webb, M. Dawson, G. A. Wells: Studies of the transmissibility of the agent of bovine spongiform encephalopathy to the domestic chicken. In: BMC Res Notes. 4, 17. Nov 2011, S. 501. doi:10.1186/1756-0500-4-501. PMID 22093239
- G. Kreuz, J. Zagon, H. Broll, C. Bernhardt, B. Linke, A. Lampen: Immunological detection of osteocalcin in meat and bone meal: a novel heat stable marker for the investigation of illegal feed adulteration. In: Food Addit Contam Part A Chem. 29(5), 2012, S. 716–726. PMID 22300169
- Merkblatt Tiermehl als Dünger Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Februar 2009.
- Richard Bolwerk, Andreas Richter: Energetische Verwertung von Tiermehl. Genehmigung, Überwachung, EU-Recht, Nationale Regelungen. Erich Schmidt Verlag, Immissionsschutz digital 2/2004.