Take-or-Pay-Vertrag
Der Take-or-Pay-Vertrag (Abkürzung: ToP-Vertrag; deutsch „kaufen oder bezahlen“) ist ein Vertrag, bei dem jemand eine unbedingte Verpflichtung zur Zahlung übernimmt, unabhängig davon, ob er die Waren oder Dienstleistungen, die Vertragsgegenstand sind, tatsächlich abnimmt. Im Gegensatz dazu verpflichtet der Take-and-Pay-Vertrag zur Zahlung und zur Abnahme.
Allgemeines
Es handelt sich um eine vertragliche Verpflichtung zum Kauf und zur Kaufpreiszahlung für eine bestimmte Anzahl hergestellter Produkte, die der Absicherung von Absatzrisiken dient. Beim Take-or-Pay-Vertrag wird durch den Käufer eine Zahlungsgarantie übernommen.[1] Bei Nichtabnahme der vereinbarten Lieferung wird die Bezahlung der nicht abgenommenen Menge dennoch fällig.[2] Hierdurch kann der Verkäufer auch die Absatzrisiken bei Produktionsstörungen absichern.
Beispiel Gaswirtschaft
In der Gaswirtschaft verpflichtet sich der Verkäufer, Gas bis zu einer festgelegten Menge zu liefern und der Käufer, diese Menge zu bezahlen, unabhängig davon, ob er diese Menge auch tatsächlich abgenommen hat. Hiermit wird eine Mindestabnahmeverpflichtung vereinbart, die bei Nichtabnahme dennoch bezahlt werden muss, in der Regel ist der Käufer berechtigt, auch deutlich mehr abzunehmen.
Solche Take-or-Pay-Verträge hatten bei Großabnehmern häufig sehr lange Laufzeiten von bis zu 25 Jahren. Heute sind im Allgemeinen nur noch Verträge über eine Laufzeit von höchstens 4 Jahren kartellrechtlich zulässig. Aufgrund der langen Laufzeit werden in der Regel keine festen Preise vereinbart. Verbreitet sind stattdessen Preisbindungen an öffentlich verfügbare Handelspreise oder Indizes des statistischen Bundesamts beispielsweise HEL-Index Rheinschiene[3].
Preisbindungen an Indizes gehen oftmals mit typischen Preisformeln der Form 6-3-3 einher. Die drei Ziffern haben dabei üblicherweise die Werte 1, 3 oder 6. Dabei bedeutet die letzte Ziffer, im Beispiel eine 3, wielange der Preis gültig ist, hier für 3 Monate, beispielsweise vom 1.7. bis zum 30.09. Die zweite Ziffer, im Beispiel wieder eine 3 bedeutet, dass vom 1.7. 3 Monate rückwärts gegangen wird, um zur Preisbildungsperiode zu gelangen. Diese endet somit am 30.03. Die erste Zahl bestimmt die Länge der Preisbildungsperiode. Somit beginnt die Preisbildungsperiode am 01.10. des Vorjahres. Um den gültigen Preis zu erhalten müssen also die Monatspreise von Oktober bis März gemittelt werden, der resultierende Preis gilt dann für die Monate Juli bis September. Alle 3 Monate gilt ein neuer Preis, der durch die 3 Monate vorher liegende 6-Monatsperiode gebildet wird.
Es ist auch möglich, dass Preisanpassungen vorgenommen oder Bedingungen für Nachverhandlungen spezifiziert werden. Die Bestimmung des Preises kann weiterhin durch eine sogenannte Netback-Rechnung erfolgen. Der Netback-Marktwert für eine spezifische Kundengruppe errechnet sich am Importpunkt durch den niedrigsten Preis eines konkurrierenden Energieträgers (z. B. den Preisen für Rohöl, Heizöl, Kohle) abzüglich der Kosten für Transport, Speicherung, Messung, Steuern etc. Der Entwicklung des gewichteten, durchschnittlichen Netback-Wertes aller Gaskundengruppen ergibt die Preisgleitklausel des Gasimportvertrages.
Durch diese Art der Preisgestaltung, die sich an den Preisen konkurrierender Energieträger orientiert, ist eine möglichst hohe Auslastung der Pipelineinfrastruktur sichergestellt. Zudem führt diese Preisgestaltung zu einer speziellen Risikoallokation zwischen Produzenten und Importeuren. Dabei liegen die Risiken der Gaswirtschaft zum einen in der Entwicklung der Preise von Konkurrenzenergieträgern und zum anderen in einem allgemeinen Marktrisiko, das durch unvorhergesehene Konjunkturschwankungen, Veränderungen der Präferenzen sowie durch technische Entwicklungen und durch die Konkurrenzsituation zwischen den Unternehmen der Gaswirtschaft entsteht.
Durch die Weitergabe von Preisschwankungen der konkurrierenden Energieträger an die Produzenten tragen diese das Preisrisiko, während die Importeure das Mengenrisiko durch veränderte Marktbedingungen tragen. Dieses Mengenrisiko konnte in der Vergangenheit noch zusätzlich reduziert werden, indem der Zugang zu den Transport- und Verteilungsnetzen in einem bestimmten Versorgungsgebiet immer nur einem bestimmten Unternehmen offenstand und Dritten völlig verwehrt werden konnte (Marktschranke). Die Importeure konnten so die langfristig anfallende Nachfrage relativ sicher prognostizieren und ihr Mengenrisiko reduzieren. Durch die Einführung eines Gas-zu-Gas-Wettbewerbs oder eines sog. Third Party Access (d. h. der Öffnung des Zugangs zu den Transportnetzen für Dritte) entfällt diese Möglichkeit jedoch (zumindest teilweise), da dann Dritten der Zugang zu einem Versorgungsgebiet offensteht. Die Existenz von ToP-Verträgen im Gassektor scheint dadurch in Frage gestellt. Zur aktuellen Situation siehe Gasmarkt.
Ähnliche Vereinbarungen sind auch bei Fernwärmelieferungen üblich.
Einzelnachweise
- Wolfgang Breuer/Thilo Schweizer/Claudia Breuer (Hrsg.): Gabler Lexikon Corporate Finance. 2003, S. 507.
- Springer Fachmedien (Hrsg.): Kompakt-Lexikon Marketingpraxis. Wiesbaden 2013, S. 297.
- Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (Inlandsabsatz) Preise für leichtes Heizöl, Motorenbenzin und Dieselkraftstoff, auf destatis.de