Synagoge Illingen (Saar)

Die Synagoge Illingen befand s​ich in d​er Hauptstraße 11 i​n Illingen i​m Saarland. Sie w​urde während d​er Novemberpogrome 1938 niedergebrannt u​nd 1949 abgerissen. Auf d​em Grundstück w​urde dann e​in Geschäftshaus errichtet.

Aufnahme der Synagoge Illingen vor 1938

Geschichte

Torbogen der Synagoge Illingen
Hinweistafel am Torbogen der Synagoge Illingen
Mahnmal auf dem jüdischen Friedhof in Illingen

Bereits im Jahr 1798 wurde in Illingen eine erste Synagoge in der Judengasse errichtet. Da deren baulicher Zustand Ende der 1830er Jahre sehr schlecht war, wurde 1842 durch den zuständigen Trierer Oberrabbiner Joseph Kahn der Neubau einer Synagoge angeregt und von der jüdischen Gemeinde beschlossen. Bis 1856 wurde allerdings weder mit den Planungen noch mit dem Neubau begonnen. Erst nachdem die Synagoge im Jahr 1856 wegen Einsturzgefahr von den Behörden geschlossen wurde, begannen die Planungen. Ein passendes Baugrundstück wurde dann im April 1856 in der Hauptstraße gefunden.[1] Der genaue Baubeginn ist unklar. Ein Bericht in der Allgemeinen Zeitung des Judentums legt nahe, dass mit dem Bau erst nach August 1857 begonnen wurde.[2] Im Jahr 1859 fand dann die Einweihung der Synagoge statt. Die Synagoge war ein zweigeschossiger Bau mit Satteldach. Neben dem Betsaal beherbergte sie noch eine Schule und eine Wohnung für den Lehrer. Während der Novemberpogrome wurde die Synagoge geplündert und in Brand gesetzt. Da sich die Löscharbeiten der Feuerwehr lediglich darauf beschränkten, die angrenzenden Wohnhäuser vor einem Übergreifen der Flammen zu schützen, brannte die Synagoge vollständig aus. Am 17. Juni 1940 kaufte die Gemeinde Illingen das Grundstück inklusive der Ruine für 1500 Reichsmark von der jüdischen Gemeinde. Der geringe Kaufpreis rührt daher, dass die Gemeinde Illingen die Abrisskosten, die von der jüdischen Gemeinde nicht aufgebracht werden konnten, mit dem Kaufpreis des Grundstückes verrechnete. Der Abriss erfolgte dann allerdings erst nach dem Krieg im Jahr 1949. An der Stelle der Synagoge wurde ein Geschäftshaus errichtet. Der erhaltene Torbogen des Eingangs wurde auf den jüdischen Friedhof verbracht, wo im selben Jahr ein Mahnmal zur Erinnerung an die Synagoge aufgestellt wurde.[1] Seit einem Kunstwettbewerb zum Gedenken an die Illinger Juden im Jahr 1996/97 steht der Torbogen, auf zwei Marmorstelen gelagert, auf einer Grünfläche vor dem Pfarrheim der katholischen Kirchengemeinde St. Stephan.[3]

Jüdische Gemeinde Illingen

Die Ansiedlung v​on Juden g​eht auf d​ie Freiherren v​on Kerpen zurück. Diese hatten d​ie sich ansiedelnden Juden g​egen ein Schutzgeld aufgenommen u​nd ihnen g​egen einen kleinen Erbzins Parzellen zwischen d​em Schloss Kerpen u​nd dem Dorf z​ur Verfügung gestellt. Bereits i​m Jahr 1747 w​urde ein eigener Begräbnisplatz angelegt. Seit d​en 1760er Jahren h​atte die jüdische Gemeinde e​inen eigenen Rabbiner, d​er die Gottesdienste abhielt u​nd Religionsunterricht erteilte. Bis z​um Bau d​er ersten Synagoge (um 1798) fanden d​ie Gottesdienste i​n einem Privathaus i​n der h​eute noch existierenden Judengasse statt.[3] Zum ersten Mal erwähnt w​ird ein jüdischer Bürger i​m Jahr 1717.[1] Nachdem d​ie Juden a​uf Beschluss d​es Landesfürsten d​ie Städte Saarbrücken u​nd St. Johann verlassen mussten, siedelten s​ich viele v​on ihnen i​n Illingen u​nd Ottweiler an.[4] Von diesem Zeitpunkt a​n stieg d​ie Zahl d​er Gemeindemitglieder stetig a​n und erreichte 1855 i​hren Höchststand. 1855 stellte d​ie jüdische Gemeinde ca. 25 % d​er Einwohner v​on Illingen. Im Laufe d​er nächsten Jahre n​ahm die Zahl allerdings i​mmer weiter ab. Bereits i​m Jahr 1930, a​lso noch v​or dem Volksentscheid 1935 u​nd dem d​amit verbundenen Anschluss d​es Saargebietes a​n das Deutsche Reich, k​am es z​u ersten Ausschreitungen g​egen die jüdische Gemeinde. Nach d​en Novemberpogromen lebten 1939 n​och 32 Mitglieder d​er jüdischen Gemeinde i​n Illingen. 1941 w​eist die Statistik k​eine in Illingen m​ehr lebenden Juden aus. Damit w​ar die jüdische Gemeinde erloschen.

Das Gedenkbuch d​er Opfer d​er Verfolgung d​er Juden u​nter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft i​n Deutschland 1933–1945 n​ennt 62 u​nd die Datenbank d​er Gedenkstätte Yad Vashem 133 namentlich bekannte u​nd in Illingen geborene Mitglieder d​er jüdischen Gemeinde, d​ie während d​er Zeit d​es Nationalsozialismus ermordet wurden o​der den Freitod wählten.[5][6][7]

Entwicklung d​er jüdischen Einwohnerzahl

JahrJudenJüdische Familien
1763 9
1790 12
1824 145
1843 198
1855 256
1895 ca. 220
1919 182
1925 ca. 200
1933 107
1939 32
1941 0

Quelle: jüdische-gemeinden.de[3]

Literatur

  • Otto Nauhauser: Die jüdische Gemeinde zu Illingen. Gemeinde Illingen, Illingen 1980.
  • Robert Kirsch: Die Juden in der Herrschaft Illingen: die Kerpische Judengemeinde im 18. Jahrhundert. Gemeinde Illingen, Illingen 1989.
  • Die Synagoge in Illingen auf der Website von Alemannia Judaica – Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Illingen (Kreis Neunkirchen, Saarland). alemannia-judaica.de. Abgerufen am 27. Oktober 2019.
  2. Allgemeine Zeitung des Judentums : ein unpartheiisches Organ für alles jüdische Interesse in Betreff von Politik, Religion, Literatur, Geschichte, Sprachkunde und Belletristik (= Allgemeine Zeitung des Judenthums : ein unpartheiisches Organ für alles jüdische Interesse in Betreff von Politik, Religion, Literatur, Geschichte, Sprachkunde und Belletristik . Nr. 35). Leipzig 1857, S. 474. (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fsammlungen.ub.uni-frankfurt.de%2Fcm%2Fperiodical%2Fpageview%2F3245173~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D)
  3. Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum: Illingen (Saarland). jüdische-gemeinden.de. Abgerufen am 27. Oktober 2019.
  4. Cilli Kasper-Holtkatte : Juden im Aufbruch. Zur Sozialgeschichte einer Minderheit im Saar-Mosel-Raum um 1800 . In: Helmut Castritius (Hrsg.), Alfred Haverkamp (Hrsg.), Franz Irsigler (Hrsg.), Stefi Jersch-Wenzel (Hrsg.) Forschungen zur Geschichte der Juden (= Forschungen zur Geschichte der Juden. Band 3). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1996, ISBN 978-3-7752-5612-4, S. 56. (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fubt.opus.hbz-nrw.de%2Fopus45-ubtr%2Ffrontdoor%2Fdeliver%2Findex%2FdocId%2F778%2Ffile%2FFGJA3_Kasper_Holtkotte.pdf~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D)
  5. Die unterschiedlichen Angaben zu den Zahlen rühren daher, dass in der Datenbank der Gedenkstätte Yad Vashem zu einzelnen Personen mehrfache Einträge vorhanden sind obwohl es sich um dieselbe Person handelt, da die Eingaben aus unterschiedlichen Quellen stammen aber alle dort aufgeführt sind. So sind zu einzelnen Personen bis zu fünf Einzeleinträge zu finden.
  6. Namensverzeichnis der Onlineversion des Gedenkbuches für die Opfer der NS-Judenverfolgung. Auf: www.bundesarchiv.de, abgerufen am 9. November 2018
  7. Yad Vashem – Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer. Auf: yvng.yadvashem.org, abgerufen am 9. November 2018

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