Superminister
Superminister ist die inoffizielle Bezeichnung für einen Minister, der mehrere große oder wichtige Ressorts verwaltet, zumeist Wirtschaft und Finanzen. Die Bezeichnung wird mindestens seit den 1930er-Jahren verwendet, als Alfred Hugenberg sowie Albert Speer als Superminister bezeichnet wurden. Es gab jedoch auch vorher schon Minister mit mehreren Ressorts, wie beispielsweise Maximilian von Montgelas im frühen 19. Jahrhundert.
Eine genaue Definition gibt es nicht. Ein Superminister mag zwei Ministerien leiten oder aber ein neues Ministerium mit vielen Aufgaben zugeschnitten bekommen, oder ein bestehendes Ministerium wird durch Aufgaben aufgewertet, die bislang in anderen Ministerien angesiedelt worden waren. Oftmals handelt es sich um Ministerien oder Abteilungen, die ähnliche Themen von verschiedenen Ausgangspunkten behandeln.
Die Bedeutung des Wortes liegt in erster Linie darin, dass der betreffende Amtsträger mit viel Macht ausgestattet wird. Er soll zum Beispiel ein größeres gesellschaftliches Problem wie hohe Arbeitslosigkeit oder Rückstände in der Infrastruktur angehen.
Ein anderer Aspekt ist es, dass manchmal Ministerien betroffen sind, die bewusst voneinander getrennt sind:
- Ein Wirtschaftsminister soll die Wirtschaft fördern, unter anderem mit Subventionen und Steuererleichterungen. Der Finanzminister hingegen muss auch auf die Staatseinnahmen achten.
- Das Justizministerium kümmert sich um Bürgerrechte und die menschenwürdige Unterbringung und Resozialisierung Straffälliger, das Innenministerium hingegen ist für die innere Sicherheit samt repressiver Maßnahmen zuständig.
Gerade solche Kombinationen werden normalerweise vermieden.
Bekannte Superminister
- in Deutschland
- Karl Schiller (1911–1994), Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen von 1971 bis 1972 unter Willy Brandt, nach dem Rücktritt von Finanzminister Alex Möller
- Helmut Schmidt (1918–2015), Nachfolger von Karl Schiller, bis das Ministerium nach der Bundestagswahl 1972 wieder geteilt wurde
- Georg Leber (1920–2012), bis 1969 bis 1972 gleichzeitig Bundesverkehrsminister und Bundespostminister im Kabinett Brandt I
- Lauritz Lauritzen (1910–1980), von Juli bis Dezember 1972 gleichzeitig Bundesbauminister, Bundespostminister und Bundesverkehrsminister im Kabinett Brandt I
- Horst Ehmke (1927–2017), 1972 bis 1974 gleichzeitig Bundesminister für Forschung und Technologie und Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen im Kabinett Brandt II
- Kurt Gscheidle (1924–2003), 1974 bis 1980 gleichzeitig Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen und Bundesminister für Verkehr in den Kabinetten Schmidt I und Schmidt II
- Wolfgang Clement (1940–2020), Bundesminister für Wirtschaft und für Arbeit von 2002 bis 2005 im Kabinett Schröder II
- Sigmar Gabriel (* 1959), im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2013 bis 2017 im Kabinett Merkel III
- Horst Seehofer (* 1949), im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat 2018 bis 2021 im Kabinett Merkel IV
- Robert Habeck (* 1969), im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz seit 2021 im Kabinett Scholz
- in Frankreich
- Claude Antoine de Valdec de Lessart (1741–1792), hatte, oft zeitgleich, 1790 bis 1792, vier der sechs Ministerien unter Ludwig XVI. inne
- Édouard Balladur[1](* 1929), französischer Staatsminister für Wirtschaft, Finanzen und Industrieprivatisierungen von 1986 bis 1988
- Jack Lang (* 1939), französischer Staatsminister für Bildung und Kultur von 1992 bis 1993 im Kabinett Bérégovoy
- Dominique Strauss-Kahn (* 1949), französischer Staatsminister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie von 1997 bis 1999 im Kabinett Jospin
- Nicolas Sarkozy (* 1955), 2004 als französischer Staatsminister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie
- in Polen
- Mateusz Morawiecki (* 1968), im Ministerium für Wirtschaft und Finanzen im Kabinett Szydło, 16. November 2015 bis zum 11. Dezember 2017
- in Ungarn
- In den Kabinetten Orbán II und Orbán III (2010 bis 2018) gab es zahlreiche Superminister. Im Kabinett Orbán IV (seit 2018) gibt es nur noch ein Superministerium, das Ministerium für Humanressourcen (Bildung, Gesundheit, Kultur, Hochschulen)
Einzelnachweise
- Edouard Balladur. In: Der Spiegel. Nr. 42, 1987 (online – 12. Oktober 1987).
Siehe auch
- Ministerium für Wirtschaft und Finanzen (Frankreich)
- Kultusministerium (Bildung und Kultur)