Sunny Afternoon
Sunny Afternoon ist der Titel eines von der britischen Rockgruppe Kinks im Jahr 1966 veröffentlichten Hits.
Entstehungsgeschichte
Seit Juni 1965 war Ray Davies der Auffassung, das Management der Gruppe[1] und der Musikverlag[2] würden mehr an den Kinks verdienen als die Gruppe selbst. Daraufhin hatte er im November 1965 einen Vertrag mit dem Musikverlag Belinda Music Ltd. unterschrieben, obwohl er noch rechtswirksam mit Kassner Music verbunden war.[3] Diese verklagte ihn wegen Vertragsbruchs, sodass seine Autorentantiemen zunächst auf ein Treuhandkonto flossen, wo sie bis zur Beendigung des Rechtsstreits im November 1970 gesperrt blieben. Dann wurden am 2. September 1965 Dokumente dem Gericht eingereicht, die letztlich zur Beendigung des Managervertrages mit Larry Page führten. Am 10. November 1965 erreichte Kassner Music ein gerichtliches Verbot für das am 27. November 1965 zur Veröffentlichung vorgesehene 'Till The End of the Day. Pye Records entschloss sich kurzfristig, die Single entgegen dem Urteil sogar am 19. November 1965 zu veröffentlichen. Am 5. Juni 1967 beendete ein Gerichtsurteil im Prozess Denmark Productions gegen Boscobel Productions den Managementvertrag mit den Kinks. Parallel lief eine Klage von Ray Davies gegen seinen Musikverlag Ed Kassner Music wegen zu geringer Autorentantiemen.
Diese Anhäufung von Rechtsstreitigkeiten, das intensive Tourneeprogramm und der auf Ray Davies als Komponist lastende hohe Druck führten bei ihm zu einem Nervenzusammenbruch Anfang März 1966, der ihn sogar ab 7. März 1966 bettlägerig machte.[4] Bei der anstehenden Belgien- und Frankreich-Tournee (letztere begann am 17. März 1966) wurde Ray Davies durch Mick Grace ersetzt. Während seiner Zwangspause schrieb er zwei Songs, I’m Not Like Everybody Else und Sunny Afternoon. Trotz der nervlichen Probleme befand sich Davies in seiner produktivsten und textlich markantesten Phase.
Sunny Afternoon wurde morgens schnell während einer stimmungsvollen Session mit dem vielgefragten Sessionmusiker Nicky Hopkins an Piano und an einer Hohner-Melodica beim Solopart komplettiert.[5] Während Ray Davies am Klavier seine Komposition abrundete, meinte Produzent Shel Talmy zu Nicky Hopkins: „Mach‘ genau das, was Ray macht“; am nächsten Morgen, dem 13. Mai 1966 im Pye-Tonstudio #2, spielte Hopkins bei zwei oder drei Takes den Pianopart perfekt.[6] Durch die von der Melodica getragene Melodie wird der Song letztlich zum Ohrwurm.[7]
Der satirische Text handelt von einem reichen jungen Mann des Establishments, der die Steuerpolitik der Regierung beklagt, weil ihm das Finanzamt das gesamte Vermögen konfisziert, ihm aber sein Herrenhaus übrig lässt. Er kann auch nicht mehr mit seiner Yacht segeln, seine Freundin ist mit seinem Wagen durchgebrannt und erzählt ihren Eltern Märchen über Saufgelage und Grausamkeiten. Im Refrain wünscht er, von dieser Geldnot befreit zu werden, denn er hat eine mächtige Mutter, die nur darauf wartet, ihn kleinzukriegen. Der überwiegend negative Texteindruck wird durch den Refrain wieder ausgeglichen, denn der so geplagte Protagonist liebt das Luxusleben, an einem sonnigen Nachmittag faulenzend am eiskalten Bier zu schlürfen. Sunny Afternoon ist das ironische Meisterstück der Kinks.[8]
Veröffentlichung und Erfolg
Die Single Sunny Afternoon / I’m Not Like Everybody Else (Pye 7N 17125) kam am 3. Juni 1966 auf den Markt. Nach ihrer Veröffentlichung verdrängte sie den Beatles-Hit Paperback Writer vom ersten Platz in Großbritannien. Als die Single am 7. Juli 1966 den ersten Rang der britischen Hitparade für 2 Wochen erreicht hatte, fanden gerade die Gruppenspiele der Fußball-Weltmeisterschaft 1966 mit England an einem sonnigen Nachmittag statt. Sunny Afternoon war der letzte Nummer-eins-Hit der Kinks. In den US-Charts war die Rezeption mit einem Rang 14 dagegen gering.
Das Album Face to Face wurde ab April 1966 nach der Genesung von Ray Davies aufgenommen. So ist denn dieses Album gefüllt mit Texten über finanzielle Schwierigkeiten, insbesondere im Versteigerungsdrama Most Exclusive Residence for Sale, A House in the Country und Sunny Afternoon, dem letzten großen Hit der Gruppe für viele Jahre. Diese Songs weisen die lyrischsten Texte im Repertoire der Kinks auf, die Autor Ray Davies zur Gruppe der großen Pop-Komponisten aufsteigen ließen.
Sunny Afternoon wurde nur selten gecovert, Coverinfo zufolge 21 Mal.[9] Darunter befanden sich Versionen von den Stereophonics, Standells (1967), Bob Geldof (1992), Jimmy Buffett (1994), Brian Bennett (2000), Haley Reinhart (2017) und Wolfgang Ambros' deutsche Version Herumlieg’n in der Sunn (2004) sowie Günter Galls plattdeutsche Nachdichtung "Op Sommerdag" (2006).
Einzelnachweise
- seit 12. Februar 1964 bestand ein Managementvertrag mit Robert Waces Mananagementfirma Boscobel Productions
- Ed Kassner Music
- die Verlagsrechte an Sunny Afternoon wurden von Belinda, einer dem amerikanischen Musikverleger Freddy Bienstock gehörenden Gesellschaft, wahrgenommen
- Neville Marten/Jeffrey Hudson, Kinks – Well Respected Men, 1996, S. 65
- Rolling Stone, Interview mit Ray Davies am 10. November 1969
- Julian Dawson/Kristian Lutze, Nicky Hopkins: Eine Rock-Legende, 2010, S. 110
- Neville Marten/Jeff Hudson, The Kinks, 2001, S. 77
- Thomas M. Kitts, Ray Davies: Not Like Everybody Else, 2007, S. 72
- Coverinfo über Sunny Afternoon