Stuhlsatzenhaus
Das Stuhlsatzenhaus war eine Traditionsgaststätte im Wald bei Saarbrücken nahe dem Universitätsgelände. Der Name erinnert an den Zaunknecht Nikolaus Stuhlsatz (1747–1793).[1]
Geschichte
Die ehemalige Gaststätte und Gartenwirtschaft entstand auf der Gemarkung von Scheidt an der Banngrenze zu St. Johann und Dudweiler. Nach 1750 errichtete hier der Landesherr, Fürst Wilhelm Heinrich ein Wildgatter und beauftragte einen Zaunknecht, Holz- und Wildfrevel zu verhindern. Das Gebäude auf der „Scheidterfrön“ hieß zunächst „Torhaus auf dem Scherberg“ oder „Scherberger Torhaus“. Zaunknecht war nach 1781 Nikolaus Stuhlsatz, von Beruf Ziegelbrenner, der aus Differten stammte.[1]
Mit der Französischen Revolution verlor unter Wilhelm Heinrichs Sohn Ludwig auch das Wildgatter seine Bedeutung. Nach dem Tod Nikolaus' bewohnte dessen Sohn Johann Peter (1772–1815) das Gebäude. Mit dessen Tod taucht in den Chroniken jetzt der Name Johann Friedrich Huber auf, dessen Nachkommen bis 2018 das Stuhlsatzhaus bewirtschafteten. Diese Linie endete mit der letzten Besitzerin, einer Tochter von Franz Huber (1898–1939).
Johann Friedrich Huber stammte aus Dudweiler und heiratete 1815 die von der Witwe Stuhlsatz adoptierte Dienstmagd Magdalena Huy (1794–1858) aus Scheidt. 1819 wurde zwischen der Witwe und dem jungen Paar ein „Pacht-Contract“ über das „königliche Land in der Scheidter Fröhn“ geschlossen. Darin werden 10 Morgen Wiesen und Feldland genannt, die für zwei Taler jährlich und auf unbestimmte Zeit genutzt werden können. Nach dem Tod der Witwe wurden die Eheleute Friedrich Huber und seine Frau am 19. Mai 1832 mit einer Regierungsverfügung zu den rechtmäßigen Nachkommen der verstorbenen Eheleute Stuhlsatz als neue Pächter bestimmt. Nach genaueren Vermessungen wurde die Fläche auf 13 Morgen festgelegt, die Grundsteuer betrug ein Taler, vier Groschen und zehn Pfennig. Weiter hieß es: „aus dem Vertrag erwachsen keine Eigentumsrechte an Grund und Boden“.
1852 verstarb Johann Friedrich Huber, vier Jahre später seine Frau Magdalena. Sie hinterließen sechs Kinder, Erbe von Stuhlsatzenhaus wurde der Erstgeborene Johann Huber. Am 27. Juni 1870 erhielt er die Erlaubnis, „für seine Person die Gartenwirtschaft zu betreiben“. Dieser Vertrag wurde 1881 auf seinen Sohn Friedrich Huber übertragen. Erst 1936, 117 Jahre nach dem „Pacht-Contract“, wurde ein Mitglied der Familie Eigentümer des ehemaligen Forstbezirkes.
Für Generationen von Saarbrückern war die Waldschenke Stuhlsatzenhaus bis nach dem Zweiten Weltkrieg ein beliebtes Ausflugsziel bei Sonntagsspaziergängen.[2] Legendär waren die „Maikuren“, bei denen ganz St. Johann an Himmelfahrt nach dem Stuhlsatzenhaus wanderte. Die Maiwanderung nahm den ganzen Tag in Anspruch.[3] Bis zur Schließung galt es zusätzlich als eine Einkehrmöglichkeit für die nahe gelegene Universität.
Nach dem Haus ist auch die dort vorbeiführende Straße „Stuhlsatzenhaus“ (früher: „Stuhlsatzenhausweg“) benannt.
Im Oktober 2017 wurde bekannt, dass das Saarland das Grundstück käuflich erworben hat. Hier entstehen Erweiterungsbauten für das Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit (CISPA)[4].
Seit Ende September 2018 ist die Gaststätte geschlossen, Juli bis September 2019 erfolgte der Abriss.
Literatur
- Walter Petto: Stuhlsatzenhaus, vom herrschaftlichen Torhaus zur Waldgaststätte. In: Saarheimat. Band 20, 1976, S. 123ff.
- Helmut Ballas: Die Waldgaststätte Stuhlsatzenhaus – einst fürstliches Torhaus in der Scheidter Fröhn. Dudweiler Geschichtswerkstatt, Band 5. Dudweiler 1998, Seite 61–77.
Weblinks
Belege
- Heidelinde Jüngst-Kipper; Karl Ludwig Jüngst: Einwohner von Dudweiler und Jägersfreude vor 1815, Saarbrücken 1990, S. 503f
- Walter Petto: Der St. Johanner Stadtbann im Spiegel der Grenzbeschreibungen und modernen Wandels. In: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend, Bd. 47, Saarbrücken 1999, S. 202, Anm. 139
- Ernst Christmann: Flurnamen zwischen Rhein und Saar, Verlag der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Speyer 1965, S. 111
- Printausgabe der Saarbrücker Zeitung vom 25. Oktober 2017, Seite B1, "Helmholtz-Zentrum kommt an die Uni"