St. Nikolaus (Kleinkötz)
St. Nikolaus ist eine dem Heiligen Nikolaus von Myra geweihte katholische Pfarrkirche[1] in Kleinkötz, einem Ortsteil der Gemeinde Kötz im bayerischen Landkreis Günzburg. Sie gehört zum Dekanat Günzburg im Bistum Augsburg.
Lage
Das Kirchengebäude steht auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel, welcher einst den Ortsfriedhof beherbergte. Die Kirche ist von Norden her über eine behindertengerechte Rampe oder von Süden her über eine Freitreppe, welche auf das örtliche Kriegerdenkmal zuführt, erreichbar. Der Eingang befindet sich auf der Südwestseite.
Geschichte
Vermutlich gab es schon früh eine Pfarrei im Ort. Ein Widumhof (heute Schlossstraße 25), welcher sich seit Beginn der Aufzeichnungen im Besitz des Pfarrers von St. Martin in Günzburg befand, deutet hierauf hin. Der Günzburger Pfarrer besaß von diesen Höfen über ein Dutzend in den Dörfern im Umkreis der Stadt. Die Forschung deutet den Umstand dergestalt, als dass in einer Notzeit die vakanten Pfarrhöfe nach Günzburg inkorporiert wurden, um sie vor dem Zugriff der Ortsherrschaft zu schützen. Der Hof wurde später nicht zur (Wieder-)Errichtung einer Pfarrei bzw. eines zugehörigen Pfarrhofs benutzt, sondern verblieb im Eigentum von Günzburg. Der neue Pfarrhof wurde auf dem heutigen Platz vor der Kirche errichtet (Abbruch um 1970).
Schriftlich nachweisbar ist die Stiftung einer „ewigen Messe“ durch die damaligen Ortsherren, die Ulmer Patrizierfamilie Günzburger, im Jahre 1463. Der Kaplan hatte fünfmal in der Woche die Messe zu lesen.
Ein vermutlich spätgotischer Vorgängerbau bestand an Ort und Stelle. Der Turm war vermutlich mit einem Satteldach, ähnlich wie heute noch die benachbarte Bubesheimer Kirche eines trägt, ausgestattet. Dieses Bauwerk ist 1653 auf einer Karte des Ulmer Stadtmalers Johann Stöltzlin abgebildet, ebenso auf der sog. „Burgauer Landtafel“ von 1612 des Kartographen Johann Andreas Rauch. 1692 wird der Bau in den Akten des Bistums Augsburg als „ruinös und einer starckhen Reparatur bedürfftig“ bezeichnet.
1692 bis 1711 wurde daraufhin der alte Bau vollständig abgetragen und vom Fundament auf eine neue Kirche im Stil der Auer Zunft – auch als Vorarlberger Barock bekannt – von dem Baumeister Valerian Brenner errichtet. Die Grundsteinlegung erfolgte am 13. Mai 1692. Infolge des Spanischen Erbfolgekriegs und daraus resultierenden Material- und Geldmangels verzögerte sich die Fertigstellung. Derweil wurde der Bauherr der Kirche und Inhaber der Ortsherrschaft, Franz Ignaz v. Holzapfel, von den Bayern als Geisel in München festgehalten, nachdem man ihn, der Statthalter des Königs von Spanien in Apulien und Kalabrien war, für ein wertvolles Faustpfand hielt. Die Weihe der neuen Kirche erfolgte am 24. Oktober 1711 durch den Weihbischof Johann Kasimir Röls.
1972 wurde die Kirche umfassend renoviert und erhielt eine markante Außenfarbgebung in weiß-grau-ocker. In den Jahren 2006 bis 2012 erfolgte bis dato die jüngste Renovierung; dabei erhielt diese ihre entstehungszeitlich-originale Farbigkeit, wie sie ein restauratorischer Befund an vorhandenen Farbpartikelresten aus der Bauzeit feststellte, zurück.
Ausstattung
Den Betrachter empfängt ein heller, lichtdurchfluteter Saal, gegliedert durch Wandpfeiler in toskanischer Ordnung. Die Farbigkeit wird von weiß, gold und blau dominiert. Das tonnengewölbte Langhaus zieren Deckenbilder aus der Entstehungszeit der Kirche auf denen Cherubim und Serafinen in Wolkenrondellen die Monogramme von Jesus, Maria und Josef umgeben.
Die Altäre stammen ebenfalls, wenn auch immer wieder verändert und farblich umgestaltet, aus der Entstehungszeit der Kirche. Leider ist die wertvolle ursprüngliche Fassung der Altäre in Lapislazuli nicht erhalten – sie wurde 1972 frei rekonstruiert.
Chor
Im Hochaltar, einem Altare Privilegiatum, findet sich eine Kreuzigungsgruppe aus der Zeit um 1700, das Kreuz eingebettet in ein Gemälde mit der Darstellung Jerusalems. Links und rechts die meisterlich gearbeiteten Figuren von Maria und Johannes. Oben im Altar das Gemälde des Kirchenpatrons, des Heiligen Nikolaus’ von Myra, gemalt 1839 vom Nazarener Florian Kurringer.
Im Chor finden sich linkerhand ein spätgotisches Kruzifix (um 1490), ein Totentanz (mittleres bis späteres 18. Jahrhundert) sowie zwei Grabmäler der Familie v. Holzapfel. Rechts in der Oratorienbrüstung eine spätnazarenische Madonna (um 1900) sowie ein Bildwerk des Heiligen Antonius von Padua (barock, 18. Jh.).
Langhaus
Ebenfalls aus der Entstehungszeit datieren die der Familie Jesu gewidmeten Seitenaltäre. Links über Reliquienschreinen Maria mit dem Jesuskind (um 1480) – das Gnadenbild der Skapulierbruderschaft – darunter die Armen Seelen im Fegefeuer. Oben im Altar der Heilige Joachim. Im rechten Seitenaltar über Reliquienkästchen die künstlerisch herausragende Heilige Familie in kaschierten Gewändern (Augsburg, um 1773, vermutlich von Placidus und Ignatz Verhelst). Oben die Heilige Anna.
Die bauzeitliche Kanzel wird gekrönt durch den Salvator mundi, welcher der gleichen Werkstatt zu entstammen scheint wie die Kreuzigungsgruppe im Hochaltar. Im Korb die Statuetten der vier Evangelisten mit ihren vielgestaltigen Faltenflüssen und den typischen Attributen. Unter der Kanzeltreppe die Figur des Heiligen Sebastians (Anfang 18. Jh.).
Auf der linken Seite der Langhauswand finden sich Statuen der besonders vom Landvolk verehrten Heiligen Vitus im Kessel und Wendelin mit den Schafen (beide um 1770) sowie der Leonhard in Mönchstracht und der Josef mit der Lilie (beide Anfang des 18. Jhs.). Rechts im Langhaus schirmt Johannes Nepomuk als Wahrer des Beichtgeheimnisses die Kanzel, daneben wacht als Helfer gegen alle Krankheiten Kajetan von Thiene (beide um 1720/1730).
Eine Besonderheit, welche fast nur im Bistum Augsburg gelegentlich aufzufinden ist, weist der barocke Kreuzweg auf: er umfasst 15 Stationen, die letzte bildet die Kreuzauffindung durch die Heilige Kaiserin Helena.
Die Wangen des Laiengestühls entstammen z. T. auch noch der Zeit um 1700 bzw. wurden nach altem Vorbild ergänzt. Der Beichtstuhl wurde im Zuge der letzten Renovierung neu eingefügt, der Schnitzaufsatz ist original. Der in barocker Manier gestaltete Taufstein datiert aus dem 20. Jh.
Orgel
Die Orgel befindet sich über dem Eingangsbereich im oberen Geschoss der zweigeschossigen Empore. Josef Zeilhuber aus Altstädten baute in den Jahren 1937/1938 die heutige Orgel, den Prospekt hierzu entwarf der Münchner Bildhauer Hans Miller.
Gruft
Unter dem Kirchenbau befindet sich eine heute nicht mehr zugängliche Gruft der Familie v. Holzapfel.
Außenbereich
Außen, an der Ostseite des Chors, findet sich in kleinem Häuschen ein Kerkerheiland, daneben das Missionskreuz. Auf dem Vorplatz wacht Christophorus (geschaffen 2011) über die parkenden und fahrenden Besucher.
Kriegerdenkmal
Auf der Südseite des Kirchengebäudes befindet sich am Ende des Treppenaufgangs ein Kriegerdenkmal, das an die Toten des Ortes in zwei Kriegen erinnern soll. Der Toten des Deutsch-Französischen Kriegs gedenkt eine derzeit nicht öffentlich ausgestellte Holztafel.
Sage
Bei der örtlichen Überlieferung, es gäbe einen geheimen unterirdischen Gang vom Schloss Kleinkötz zur Kirche, dürfte es sich um eine Wandersage handeln.
Skapulierbruderschaft
Eine Skapulierbruderschaft „Unserer lieben Frau vom Berge Karmel“ ist schriftlich seit 1661 nachweisbar. Diese besaß früher mit mehreren Tausend Mitgliedern Bedeutung weiter über das Dorf hinaus. Das Fest wird noch heute um den 16. Juli herum begangen. Der linke Seitenaltar enthält als Hinweis auf die Bruderschaft in dem Kerker unter der Madonna „Arme Seelen“, welche das „kleine Skapulier“ tragen.
Denkmalschutz
Die Kirche St. Nikolaus ist in der Denkmalliste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege als Baudenkmal mit dem Aktenzeichen D-7-74-148-10 enthalten.
Literatur
- Bernt von Hagen, Angelika Wegener-Hüssen: Landkreis Günzburg (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band VII.91/1). Karl M. Lipp Verlag, München 2004, ISBN 3-87490-589-6.
- Katholische Kirchenstiftung St. Nikolaus, Kleinkötz (Hrsg.): 300 Jahre St. Nikolaus in Kleinkötz. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2013, ISBN 978-3-89870-833-3.
- Bruno Merk und Gemeinde Kötz (Hrsg.): Chronik der Gemeinde Kötz. Gemeinde Kötz im Eigenverlag, München 1997.
- Josef Weizenegger: Festschrift zum Abschluss der Renovierung 1972.