Spielmeyer-Vogt-Krankheit
Die Spielmeyer-Vogt-Krankheit, auch Batten-Syndrom ist eine sehr seltene angeborene neurodegenerative Erkrankung mit den Hauptmerkmalen ubiquitärer Lipopigmentablagerung in den Lysosomen. Diese zerebellare Form einer Heredoataxie ist die klassische juvenile Form der Neuronalen Ceroid-Lipofuszinosen als CLN3.[1][2]
Klassifikation nach ICD-10 | |
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E75.4 | Neuronale Zeroidlipofuszinose – Spielmeyer-Vogt-Krankheit |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Synonyme sind: Neuronale Zeroidlipofuszinose Typ Spielmeyer-Vogt; Juvenile NCL; Stengelsche Krankheit; Vogt-Spielmeyer-Stock-Krankheit (VSS); Spielmeyer-Sjögren-Typ der Neuronalen Zeroidlipofuszinose; Juvenile amaurotische Idiotie (veraltet); Juvenile Lipoidose; Stock-Mayou-Krankheit; englisch Batten disease; lateinisch Morbus Batten
Die Namensbezeichnungen beziehen sich auf die Autoren von verschiedenen Beschreibungen, s. unter Geschichte.
Verbreitung
Die Häufigkeit beträgt in Deutschland bei Geburt etwa 1 zu 143.000, in Schweden etwa 1 zu 45.000. Die Vererbung erfolgt autosomal-rezessiv.[2]
Ursache
Der Erkrankung liegen in der überwiegenden Mehrzahl Mutationen im CLN3-Gen am Genort 16p12.1 zugrunde.[3]
Klinische Erscheinungen
Klinische Kriterien sind:[1]
- Manifestation im 6.–7. Lebensjahr
- Sehstörung in 70 %, zunehmende Erblindung mit Optikusatrophie, Makuladegeneration und Pigmentablagerungen
- Verlust erworbener intellektueller und motorischer Funktionen
- Haltungsschwäche, Gangunsicherheit, Athetose
- Später Krampfanfälle
- Überlebensdauer 6–20 Jahre
Diagnose
Im Blutausstrich finden sich Lymphozyten mit großen Vakuolen, eine Diagnosesicherung erfolgt durch Humangenetik.[2]
Differentialdiagnose
Im Anfangsstadium umfasst die Differentialdiagnose die Retinitis pigmentosa, im späteren Krankheitsverlauf andere Ursachen von Demenz und Krampfanfällen im Schulalter wie Mitochondriopathien und Subakute sklerosierende Panenzephalitis.[2]
Geschichte
Die Erstbeschreibung dieser Erkrankung stammt vermutlich aus dem Jahre 1826 durch den deutschen, in Norwegen tätigen Arzt Christian Stengel.[4]
Von Frederick Eustace Batten stammt ein Bericht aus dem Jahre 1903.[5] Walther Spielmeyer berichtete im November 1905 über drei Säuglinge, auf einem Kongress in Karlsruhe,[4] Wolfgang Stock berichtete 1908 über dieses Krankheitsbild[6] und Torsten Sjögren veröffentlichte im Jahre 1931 eine ausführliche Dokumentation.[7]
Einzelnachweise
- Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
- Ceroid-Lipofuszinose, neuronale, juvenile. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
- Ceroid lipofuscinosis, neuronal, 3. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
- Stengel‘s Syndrome
- F. E. Batten: Cerebral degeneration with symmetrical changes in the maculae in two members of a family. In: Transactions of the Ophthalmological Societies of the United Kingdom, Bd. 23, 1903, S. 386–390
- W. Stock: Über eine bis jetzt noch nicht beschriebene Form der familiär auftretenden Netzhautdegeneration bei gleichzeitiger Verblödung und über Pigmentdegeneration der Netzhaut. In: Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde, Stuttgart, 1908, Bd. 5, S. 225–244
- K. G. T. Sjögren: Die juvenile amaurotische Idiotie. Klinische und erblichkeitsmedizinische Untersuchungen. In: Hereditas, Bd. 14, 1931, S. 197–426