Sondergut
Als Sondergut bezeichnet die literarkritische Forschung zum Neuen Testament jene Texte der drei synoptischen Evangelien, die nur in einem einzigen Evangelium vorkommen, also ohne Paralleltext sind.
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Sondergut im Markusevangelium
Das markinische Sondergut besteht aus jenen Texten, die gemäß Zweiquellentheorie von Mt und Lk nicht übernommen worden seien (4,9 % des Textes bzw. 549 Wörter).[2] Zum Sondergut gehören:
- Sabbat-Spruch (Mk 2,27 )
- Das Urteil der Verwandten über Jesus (Mk 3,20–21 )
- Gleichnis von der selbstwachsenden Saat (Mk 4,26–29 )
- Heilung eines Taubstummen (Mk 7,31–37 )
- Heilung eines Blinden (Mk 8,22–26 )
- Zitat aus Jesaja 66,24 (Mk 9,48 )
- Vom Salz (Mk 9,49 )
- Notiz vom nackt fliehenden Jüngling (Mk 14,51–52 )
- Verwunderung des Pilatus über den raschen Tod Jesu (Mk 15,44 )
Die Heilung eines Taubstummen und eines Blinden geschehen unter Einsatz von Speichel. Ihre Weglassung bei Mt und Lk wird meist psychologisch – als christologisch anstößig – erklärt. Sie kann mit der Zweiquellentheorie nicht erklärt werden.
Sondergut im Matthäusevangelium
Das matthäische Sondergut umfasst etwa ein Fünftel des gesamten Matthäusevangeliums. Zum Sondergut gehören:
- die Geschichte der Weisen aus dem Morgenland (Mt 2,1–12 )
- die Flucht nach Ägypten (Mt 2,13–15 )
- der Kindermord in Betlehem (Mt 2,16–18 )
- die Rückkehr aus Ägypten (Mt 2,19–23 )
- „Vom Schwören“ (Mt 5,33–37 )
- „Vom Almosengeben“ (Mt 6,1–4 )
- „Vom Beten“ (Mt 6,5–6 )
- „Vom Fasten“ (Mt 6,16–18 )
- Entzweiung um Jesu Willen (Mt 10,34 ff. )
- „Vom Unkraut unter dem Weizen“ (Mt 13,24–30 ) und seine Deutung (Mt 13,36–43 )
- „Vom Schatz im Acker und der kostbaren Perle“ (Mt 13,44–46 )
- „Vom Fischnetz“ (Mt 13,47–52 )
- Vom Zahlen der Tempelsteuer (Mt 17,24–27 )
- „Von den zwei Schuldnern“ (Mt 18,23–35 )
- Zurechtweisung und Gebet in der Gemeinde (Mt 18,15–20 )
- „Von den Arbeitern im Weinberg“ (Mt 20,1–16 )
- „Von den ungleichen Söhnen“ (Mt 21,28–32 )
- „Von den zehn Jungfrauen“ (Mt 25,1–13 )
- vom Weltgericht (Mt 25,31–46 )
- die Geschichte von den Grabeswächtern (Mt 27,62–66 ) samt ihrer Fortsetzung (Mt 28,11–15 )
- Schluss des Evangeliums mit dem Missionsbefehl (Mt 28,16–20 )
Sondergut im Lukasevangelium
Das lukanische Sondergut umfasst etwa ein Drittel des gesamten Lukasevangeliums; zählt man auch einzelne Verse dazu, die inmitten anderer Texte stehen, sind es rund 45 Prozent. Darunter finden sich:
- Die Verheißung der Geburt des Täufers (Lk 1,5–25 ), Der Besuch Marias bei Elisabet (Lk 1,39–56 ), Die Geburt des Täufers (Lk 1,57–80 )
- Reise nach Betlehem, aufgrund einer Volkszählung, Geburt im Stall (Lk 2,1–8 )
- Die Geschichte der Hirten (Lk 2,9–20 )
- Das Zeugnis des Simeon und der Hanna über Jesus (Lk 2,21–40 )
- Der zwölfjährige Jesus im Tempel (Lk 2,41–52 )
- die gegenüber den beiden anderen Evangelisten stark ausgearbeitete Thematik der „Zöllner und Sünder“ (7,34 ; 7,36–50 ; 18,9-14 ; 19,1–10 ; 15,1–2 und die folgenden Gleichnisse vom verlorenen Groschen (Lk 15,8–10 ), vom verlorenen Sohn (Lk 15,11–32 ))
- Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lk 10,30–35 )
- die Episode vom Schächer am Kreuz (Lk 23,39–43 )
- die Emmaus-Erzählung (Lk 24,13–35 )
- das Motiv der verachteten Samaritaner (Lk 10,29–37 ; 17,11–19 )
- aber auch die besondere Rolle der Frau (vgl. die Notizen zu Maria Lk 2,19 ; 2,34 ; 8,1–3 u.ö.)
Anmerkungen
- A. M. Honoré: A Statistical Study of the Synoptic Problem. Nov. Test. 10 (1968), S. 95–147. Probleme dieser Statistik werden diskutiert von John J. O’Rourke: Some Observations on the Synoptic Problem and the Use of Statistical procedures. In: David E. Orton (Hrsg.): The Synoptic Problem and Q: Selected Studies from Novum Testamentum. Brill: Leiden 1999, S. 134, ISBN 90-0411342-8.
- Eta Linnemann: Gibt es ein synoptisches Problem?, VTR, Nürnberg 1999, S. 86.