Sinnbild (Musik)

Ein Sinnbild i​st in d​er Musik e​ine durch bestimmte Kompositionstechniken ermöglichte Darstellung e​ines außermusikalischen Sinngehaltes.

Arten

Aus Monteverdis Marienvesper:
Der Text Et hi tres (Und die Drei) wird durch den Dreiklang, die Textstelle unum sunt (sind eins) durch den Einklang der Gesangsstimmen dargestellt.
Urentsprechung
Wörter des Textes werden durch ihre unmittelbare musikalische Entsprechung dargestellt („laut“ – „leise“, „schnell“ – „langsam“, „steigen“ – „fallen“, „schreiten“ – „springen“, „rennen“ – „schleichen“). Beispiel: Claudio Monteverdi: Marienvesper, VII. Concerto Duo Seraphim
Rhetorische Figur
siehe Figurenlehre
Allegorie
Die Allegorie ist ein Gleichnis oder eine Personifikation von Begriffen, die nicht durch musikalische Mittel hörbar gemacht werden kann. Sie treten als Satzüberschriften, Werktitel oder als allegorische Figuren in dramatisierten Werken auf. Beispiele im Werk Johann Sebastian Bachs: der Titel Musikalisches Opfer (BWV 1079), Auftritt von Pleiße, Donau, Elbe und Weichsel als Personen im Dramma per musica „Schleicht, spielende Wellen“ (BWV 206).
Symbol
Ein Symbol steht für einen unanschaulichen Begriff. Er wird dadurch anschaulich, dass an seine Stelle ein Gegenstand tritt, der auch musikalisch dargestellt werden kann. Ein Symbol besitzt zumindest innerhalb eines Kulturkreises Allgemeingültigkeit. Beispiel: Das Symbol „Kreuz“ steht für die „Kreuzigung“ und „Erlösung“. Symbolisiert wird das Kreuz in der Musik durch Kreuzmotive oder auch durch Stimmkreuzungen, die allerdings nur auf dem Papier sichtbar werden und nicht unmittelbar hörbar sind
Zur Verdeutlichung der Stimmkreuzung sind beide Stimmen auch in einem System dargestellt.
Hörbar ist auch hier nur die Abfolge große Terz – Quarte – verminderte Septime
Anmerkung: Die beiden ineinander verschränkten Linien sind farbig hinterlegt.
Numerologie / Zahlensymbolik
Auch musikalische Gestaltungen nach zahlensymbolischen Gesichtspunkten (Taktzahl, Zahl der Noten) ist nicht unmittelbar hörbar.
Beispiele:
Choralvorspiel Dies sind die heiligen zehn Gebote von Johann Sebastian Bach (BWV 679). Hier tritt das Fugenthema zehn Mal auf.
Das Thema des zweiten Kyrie eleison aus Bachs h-Moll-Messe hat 14 Noten, die dem numerologischen Wert von BACH entsprechen: B = 2, A = 1, C = 3, H = 8.
Die zahlensymbolische Interpretation einzelner Werke ist in der Musikwissenschaft oft umstritten.
Soggetto cavato
Soggetto cavato = italienisch soggeto, Thema; italienisch cavare, herausziehen, herausnehmen
Ein Thema entsteht auf Grund außermusikalischer Überlegungen. Beispiel: Die Tonfolge B-A-C-H stellt den Namen „Bach“ in Noten dar. Johann Sebastian Bach verwendete dieses Motiv unter anderem in der Kunst der Fuge (BWV 1080, unvollendete Tripelfuge).

Geschichte

Entsprechend d​en aristotelischen Kategorien v​om Denken, Tun u​nd Hervorbringen teilte m​an in d​er Musiktheorie s​eit dem 16. Jahrhundert d​ie Musik i​n Musica theoretica (Musiktheorie), Musica practica (Musikpraxis, Aufführungspraxis) u​nd Musica Poetica (Komposition) ein.

Die Musica poetica s​ah in d​er gesprochenen Sprache u​nd in d​er Musik Analogien, d​ie in d​en musikalischen Elementen d​er Sprache (Melodie u​nd Rhythmus) begründet s​ind und fasste deshalb d​ie Musik a​ls Tonsprache auf.

Im 16. u​nd 17. Jahrhundert wurden d​ie Mittel d​er Tonsprache i​n der Figurenlehre u​nd in d​er Affektenlehre d​urch Musiktheoretiker w​ie Nikolaus Listenius (Rudimenta musicae i​n gratiam studiosae iuventutis diligenter comportata, 1533), Heinrich Faber (Musica poetica, 1548), Joachim Burmeister, (Musica poetica, 1606), Johann Andreas Herbst[1] (Musica poetica, 1643), Johann Jakob Walther (1708), systematisiert.

In d​er Kompositionslehre b​ezog sich d​ie Lehre v​on den musikalischen Sinnbildern a​uf die (oft formelhafte) Erfindung (inventio) e​ines Motivs, a​uf den Gesamtaufbau dispositio, d​ie Ausführung (elaboratio) u​nd die Ausschmückung (decoratio) d​es Stückes.

Siehe auch

Literatur

  • Lothar Hoffmann-Erbrecht: Von der Urentsprechung zum Symbol – Versuch einer Systematisierung musikalischer Sinnbilder. In: Bachiana et alia musicologica – Festschrift Alfred Dürr zum 65. Geburtstag. Bärenreiter, Kassel 1983, ISBN 3-7618-0683-3
  • Ulrich Michels: dtv-Atlas zur Musik. Band 2: Historischer Teil: Vom Barock bis zur Gegenwart. Deutscher Taschenbuchverlag, München 1985, ISBN 3-423-03023-2

Anmerkungen

  1. Geboren am 9. Juni 1588 in Nürnberg, gestorben am 26. Januar 1666 in Frankfurt am Main. Kapellmeister in Butzbach, Darmstadt, Frankfurt/M. Nürnberg und abermals in Frankfurt/M. Musiktheoretische Werke: Musica practica 1642 (Grundlagen- und Gesangslehre), Musica poetica 1643 (Kompositionslehre, Verbot der verdeckten Quinten und Oktaven), Arte prattica e poetica 1653 (Kontrapunktlehre).
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