Silberfischchen
Das Silberfischchen (Lepisma saccharina) ist ein flügelloses, lichtscheues Insekt, dessen Name auf seinen silbergrau-schuppigen, stromlinienförmigen Körper zurückzuführen ist. Auf die Vorliebe für Kohlenhydrate wie Zucker oder Stärke weisen der wissenschaftliche Name sowie die weitere Bezeichnung Zuckergast hin.
Silberfischchen | ||||||||||||
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Silberfischchen (Lepisma saccharina) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Lepisma saccharina | ||||||||||||
Linnaeus, 1758 |
Es gehört zur urtümlichen Insektenordnung der Fischchen (Zygentoma), die wahrscheinlich seit über 300 Millionen Jahren existiert.
Merkmale
Der ohne Anhänge bis etwa 11 mm lange Körper ist gestreckt spindelförmig und an der Oberseite meist grau beschuppt. Das Fühlerpaar am Kopf ist fadenförmig und lang, jedoch kürzer als der Rumpf. Der nach hinten verjüngte Hinterleib (Abdomen) besitzt – wie der aller Fischchen – drei lange Schwanzanhänge: einen mittigen Endfaden (Terminalfilum) und zwei seitlich abgespreizte Cerci. Sowohl die vorderen Tastfühler als auch die Fadenanhänge am Hinterleib stellen berührungsempfindliche Sinnesorgane dar. Komplexaugen sind nur klein und reduziert vorhanden.
Auch in Mitteleuropa treten mittlerweile noch mehrere andere Fischchen-Arten auf, die vom Menschen eingeschleppt wurden. Zur genauen Abgrenzung von ähnlichen Arten wie etwa dem Ofenfischchen (Thermobia domestica), dem Papierfischchen (Ctenolepisma longicaudata), dem Kammfischchen (Ctenolepisma lineata) oder dem Geisterfischchen (Ctenolepisma calva) ist zum einen auf die Länge der Fühler- und Schwanzanhänge in Relation zum Körper zu achten (bei Silberfischchen im engeren Sinn sind diese Anhänge kürzer als der Rumpf), zum anderen auf Details der Behaarung bzw. Beborstung der Oberseite des Hinterleibs. Bei Lepisma saccharina fehlen dort etwa Borstenkämme und es gibt nur wenige Haare, während beispielsweise das ähnliche Papierfischchen deutlich behaarter wirkt. Letzteres ist außerdem etwas größer und hat auffallend überlange Fühler und Anhänge, die die Länge des Rumpfes jeweils übertreffen können. Ofenfischchen wiederum sind vor allem kontrastreicher schwarzbraun-gelb gezeichnet als die etwas einheitlicher gefärbten Silber- und Papierfischchen.
Lebensraum
Silberfischchen sind weltweit verbreitet und wärmeliebend. In gemäßigten Klimazonen wie in Mitteleuropa kommen sie überwiegend in menschlichen Behausungen vor, in wärmeren Regionen auch in anderen Biotopen. Im Gegensatz zu den eher trockenheitsbedürftigen Papierfischchen bevorzugen sie feuchtwarme Örtlichkeiten. Daher sind Silberfischchen am ehesten in gut geheizten Küchen, Bädern und Waschküchen anzutreffen. Sie sind dunkelheitsaktiv und äußerst lichtscheu; bei Tage halten sie sich in dunklen Ritzen und Fugen, hinter Sockel- und Scheuerleisten und losen Tapeten versteckt. Optimale Bedingungen liegen bei 20 bis 30 °C Temperatur und 80 bis 90 % relativer Luftfeuchte. Bei Störungen, etwa durch eingeschaltetes Licht, können die Tiere sehr flink laufen und versuchen sich zu verbergen.
Nahrung und Fressfeinde
Silberfischchen suchen ihre Nahrung im Dunkeln und bevorzugen stärkehaltige Stoffe oder Dextrin in Klebstoffen, wie sie etwa in Bucheinbänden enthalten sind, außerdem Zucker, Haare, Hautschuppen und Hausstaubmilben. Aber auch Baumwolle, Leinen, Seide, Schimmelpilze, Papier und Kunstfaser verschmähen sie nicht, ebenso wenig wie tote Insekten oder eigene Exuvien (abgestreifte Haut). Silberfischchen gehören zu den wenigen Tiergruppen, die körpereigene Cellulasen besitzen, also zum Verdauen von Cellulose nicht auf Endosymbionten angewiesen sind.[1] Sie können über einen Zeitraum von mehreren Monaten hungern, ohne Schaden zu nehmen.
Als Fressfeind des Silberfischchens ist der Gemeine Ohrwurm (Forficula auricularia) bekannt. Auch Spinnen gelten im häuslichen Bereich als Prädatoren der Art.
Fortpflanzung und Entwicklung
Die Insekten eröffnen im Dunklen das Paarungsritual mit einem Tanz des Männchens; anschließend laufen Männchen und Weibchen erregt umher. Schließlich legt das Männchen ein Spermienbeutelchen (Spermatophore) unter einem selbstgesponnenen Gespinst auf dem Boden ab. Das Weibchen nimmt es auf (indirekte Spermatophorenübertragung) und befruchtet damit die Eier. Das Weibchen legt etwa zwanzig Eier bevorzugt in Spalten und Ritzen ab, wenn dort die Temperatur zwischen 25 und 30 °C liegt. Bei Kälte und Trockenheit ist keine Vermehrung möglich.
Silberfischchen entwickeln sich ohne Metamorphose. Bei Zimmertemperatur wird wohl innerhalb eines Jahres die Geschlechtsreife erreicht, wobei etwa acht Häutungen durchlaufen werden. Auch danach finden noch bis zu vier Häutungen pro Jahr statt, weil das Tier weiter wächst.
Nützling oder Schädling?
Vereinzelt in Bad oder Küche auftretende Silberfischchen sind harmlos. Ein extremer Befall kann jedoch auf ein Feuchtigkeits- und Schimmelproblem hindeuten. Die Silberfischchen sind hier nur ein Warnsignal. Sie mildern sogar den Schimmelbefall, da sie sich von diesen Pilzen ernähren. Außerdem fressen sie Hausstaubmilben, die beim Menschen Allergien auslösen können. Insofern kann man sie auch als Nützlinge betrachten.[2] Sie sind keine Krankheitsüberträger; eine Bekämpfung im Haushalt ist aus hygienischer Sicht nicht erforderlich.
Durch ihren Schabe- und Lochfraß können Fischchen Lederwaren und Kunstfasergewebe beschädigen, aber auch Schäden an Büchern hervorrufen und zum Papierzerfall beitragen.[3] Während das Silberfischchen im engeren Sinn (Lepisma saccharina) aber schon wegen seiner Bindung an feuchte Verhältnisse nur moderat in Erscheinung treten dürfte, wird das verwandte Papierfischchen (Ctenolepisma longicaudata) tatsächlich als Materialschädling in Archiven, Bibliotheken, musealen Sammlungen und ähnlichen Einrichtungen betrachtet.
Silberfischchen und Recht
Das Oberlandesgericht Hamm hat 2017 entschieden, dass in einer verkauften Eigentumswohnung Silberfischchen in geringem Umfang keinen kaufvertraglichen Sachmangel i. S. d. § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB begründen. Ein gewisser Bestand der Tiere sei üblich, und da keine Gesundheitsgefahr bestehe, laufe dieser auch nicht dem vertraglichen Wohnzwecke entgegen. In dem konkreten Fall hatten sich die Tiere nach Übergabe der Wohnung explosionsartig vermehrt. Zurückzuführen war diese Entwicklung aber auf das Streichen der gesamten Wohnung durch den Käufer und dem damit in Gebäuden mit älterer Bausubstanz verbundenen Anstieg der Luftfeuchtigkeit. Rechtlich relevanter Zeitpunkt ist aber der Zustand bei Übergabe der Kaufsache beim Gefahrübergang.[4]
Einzelnachweise
- R. Wehner: Zoologie. 24. Aufl. Thieme, Stuttgart 2007, Kap. 4, S. 327.
- Anneliese Penzendorfer: Tiere, die bei uns im Haus überwintern: Schädling oder Nützling? In: Vorarlberg online. 19. Februar 2009, abgerufen am 14. Juli 2013.
- Wibke Unger, Katrin Schöne: SiLK – SicherheitsLeitfaden Kulturgut, 10. Schädlinge / Schimmel, Welche Insekten befallen welche Materialien? Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen, abgerufen am 18. März 2020.
- OLG Hamm, Urteil vom 12. Juni 2017, Az. 22 U 64/16, Volltext.
Literatur
- Lexikon der Biologie. Band 7, S. 428. Herder, Freiburg 1986. ISBN 3-451-19647-6
- Thomas Meineke, Kerstin Menge: Ein weiterer Fund des Papierfischchens Ctenolepisma longicaudata Escherich, 1905 (Zygentoma, Lepismatidae) in Deutschland. Entomologische Nachrichten und Berichte 58 (2014): 153–154.
Weblinks
- Fauna Europaea - Lepisma saccharina Linnaeus
- Carsten Pusch: Das Ur-Vieh in der Badewanne. schleswig-holstein.nabu.de