Shalabhasana
Shalabhasana (Sanskrit: शलभासन, IAST: śalabhāsana) oder Salabhasana, deutsch Heuschrecke, ist eine klassische Übung des Yoga. Der Sanskritname śalabhāsana bildet sich aus den Wörtern śalabha „Heuschrecke“[1] und āsana „Sitz“ oder allgemeiner übersetzt „Körperhaltung“.[2]
Shalabhasana ist Teil der Rishikesh-Reihe, der Yoga Vidya Grundreihe[3] sowie der zweiten und dritten Serie im Ashtanga (Vinyasa) Yoga.[4][5]
Körperliche Ausführung
In der Hathapradipika ist Shalabhasana nicht erwähnt, wohingegen die Gherandasamhita in Vers II, 39 die Ausführung dieser Stellung beschreibt: „Liege auf dem Boden mit dem Gesicht nach unten, beide Hände sind auf Höhe der Brust platziert und berühren den Boden mit den Handflächen, hebe die Beine einen Cubit hoch in die Luft. Dies nennt man die Stellung der Heuschrecke.“[6]
Diese ursprüngliche Beschreibung der Stellung wurde weiter entwickelt und heute unterscheidet man in den Yogatraditionen zwischen Ardha Shalabhasana, von ardha „halb“,[7] bei der abwechselnd ein Bein gehoben wird, Shalabhasana, bei der beide Beine in der Luft sind und Purna Shalabhasana, purna bedeutet „ganz“,[8] bei der Beine und Rumpf vertikal zu einem großen Halbmond aufgerichtet sind.
Ardha Shalabhasana
Das Sivananda Yoga Vedanta Zentrum empfiehlt, für die Ausführung der Halben Heuschrecke in die Seitenlage zu gehen, die zu den Beinen gestreckten Hände zu Fäusten zu ballen, die Daumen parallel aneinander zu legen und sich dann in die Bauchlage zu drehen. Die Ellbogen sollen möglichst nah zusammen sein. Dann das rechte Bein hochheben und dabei die Arme als Hebel benutzen. Mit dem linken Bein wiederholen.[9]
Die Dynamik des abwechselnden Anhebens der Beine wird bei André van Lysebeth ausdifferenziert. Beim Heben beispielsweise des linken Beines solle man sich „von der Idee durchdringen lassen, daß nur die linke Seite des Körpers arbeitet und die andere soweit wie möglich entspannt bleibt.“ Er legt Wert darauf, dass sich das Becken weder seitlich bewegen noch heben dürfe. Auch solle man vermeiden, sich auf das entgegengesetzte Knie zu stützen, um das Bein weiter in die Höhe zu bekommen. Die Hände sind nach seiner Anleitung mit den Handflächen nach unten nahe der Oberschenkel.[10] Im Bikram-Yoga findet sich ebenfalls der Hinweis, mit dem Heben eines Beines die Hüfte nicht zu drehen oder zu heben.[11]
Heinz Grill macht darauf aufmerksam, dass bei Ardha Shalabhasana ein fließendes Gefühl erzeugt werden könne, das besonders dem zweiten Zentrum entspreche, „wenn das Bein, nachdem es angehoben ist, wieder zum Kreuzbein hin angezogen wird.“[12]
Shalabhasana
Swami Vishnudevananda lehrt, zum Heben beider Beine den Körper zu versteifen und die Beine bei gestreckten Knien langsam hochzuheben.[13]
Bei Swami Sivananda finden wir den Hinweis: „Auch das Kreuzbein wird mit den Beinen ein wenig angehoben. Brust und Hände fühlen jetzt die ganze Last der Beine.“[14]
Purna Shalabhasana
Die vollständige Heuschrecke erfordert eine in allen Bereichen vollkommen bewegliche Wirbelsäule. Bei Heinz Grill finden wir zur Ausführung folgendes Bild: „Wie die Heuschrecke auf der Wiese mit einem lebendigen, blitzschnellen Satz einen ganzen Meter springt, so nimmt der Übende in einem federleichten Schwung die Bewegung und steht in der großen Bogenform der Endstellung.“[15] Er schlägt vor, die Finger zu verschränken und die Daumen parallel aneinander gelegt auf dem Boden aufzulegen, um die Arme kräftig als Hebel einsetzen zu können.
Varianten von Shalabhasana
B. K. S. Iyengar lässt für Shalabhasana die Arme nach hinten ausstrecken und sie dann zusammen mit Kopf, Brust und Beinen gleichzeitig vom Boden heben.[16] Der Körper gestaltet die Form einer Schale. Die Tradition des Ananda-Yoga, der von Swami Kriyananda nach den Lehren von Yogananda entwickelt wurde, kennt ebenfalls für die Heuschrecke diese Art der Ausführung.[17] Diese Stellung ist auch Teil der zweiten Serie des Ashtanga (Vinyasa) Yoga. Im Bikram-Yoga bezeichnet man diese Ausführung mit dem Namen Poorna-Shalabhasana.[11]
Wenn in der vollständigen Heuschrecke die Beine gebeugt und auf oder neben dem Kopf platziert werden, nennt B. K. S. Iyengar diese Stellung Ganda Bherundasana. Im Sanskrit bedeutet ganda „Wange“ und bherunda „schrecklich, furchtbar“.[18]
Bei Viparita Shalabhasana werden die Beine über den Kopf hinaus geführt und berühren möglichst gestreckt mit den Füßen den Boden. Viparita bedeutet „umgedreht“ und spielt auf Halasana an, weil die Bewegungen im Vergleich zum Pflug genau die umgekehrten sind.[19] Ganda Bherundasana und Viparita Shalabhasana sind Übungen in der dritten Serie des Ashtanga (Vinyasa) Yoga. Siehe zu diesen beiden Asana auch Beispielvideos unter Weblinks.
Seelische Bedeutung der Übung
„Indem der Übende nun mit einem kräftigen Einsatz, der eine außergewöhnliche Anstrengung einfordert, ein Bein oder auch beide Beine zugleich hochhebt, muss er sich gewissermaßen in einer Art Unabhängigkeit gegenüber seiner eigenen Körperlichkeit bewegen. Dieser außerordentlich dynamische und im Zusammenwirken der Arme, Schultern und des Rückens getätigte kräftige Einsatz […] wirkt naturgegeben stärkend auf das Willensleben und gleichzeitig aber führt er zu einer feinen Empfindung der Unabhängigkeit. […] Die Bedeutung dieser Stellung liegt in der Entwicklung dieser ersten, elementaren Unabhängigkeit. Die Unabhängigkeit ist ein Zeichen der Heuschrecke.“[12]
Wirkungen
Erling Petersen berichtet, dass Shalabhasana eine kräftigende und zusammenziehende Übung sei, „welche die Muskeln von Gesäß, Lenden und Rücken und bis zu einem gewissen Grad auch die des Beckens trainiert.“[20]
Swami Sivananda erwähnt die Erfahrung, dass diese Haltung alle Arten von Muskelschmerzen der Lendengegend beseitige. Da die Übung das Rückgrat nach hinten krümme, sei sie „ein Gegenmittel gegen Paschimottanasana oder Padahasthasana. Bhujangasana entwickelt die obere Körperhälfte, während Salabhasana den Unterleib und die unteren Extremitäten kräftigt.“[14]
Weblinks
Einzelnachweise
- Suchergebnisse für "zalabha". In: learnsanskrit.cc. Abgerufen am 23. April 2021 (englisch).
- Suchergebnisse für "Asana". In: learnsanskrit.cc. Abgerufen am 24. April 2021.
- Yoga Vidya Verlag (Hrsg.): Das große Yoga Vidya Hatha Yoga Buch. 1. Auflage. Yoga Vidya Verlag, 2016, ISBN 978-3-943376-16-6.
- Nadi Shodhana (Sodhana): die zweite Serie des Ashtanga Yoga. Abgerufen am 24. April 2021.
- Fortgeschrittenes Yoga: Ashtanga Yoga Advanced A, Sthira Bhaga. Abgerufen am 24. April 2021.
- Gheranda Samhita, Sanskrit-English. Sri Satguru Publications, SSP Edition, Delhi 1979, S. 19.
- Suchergebnisse für "ardha". Abgerufen am 24. April 2021.
- Suchergebnisse für "pUrNa". Abgerufen am 24. April 2021.
- Sivananda Yoga Zentrum (Hrsg.): Yoga für alle Lebensstufen. 11. Auflage. Gräfe und Unzer Verlag, 1997, ISBN 3-7742-6200-4, S. 52.
- André van Lysebeth: Yoga für Menschen von heute. Mosaik Verlag, TB Ausgabe Nr. 1690, ISBN 3-442-16164-9, S. 199.
- Bikram Choudhury & Bonnie Jones Reynolds: Bikram Yoga, Das Praxisbuch. 1. Auflage. Lotos Verlag, TB, 2005, ISBN 3-7787-8179-0, S. 135 f.
- Heinz Grill: Die Seelendimension des Yoga. 5. erweiterte Auflage. Lammers-Koll-Verlag, 2018, ISBN 978-3-941995-48-2, S. 226 ff.
- Swami Vishnudevananda: Das große illustrierte Yoga-Buch. 6. Auflage. Aurum Verlag, 1997, ISBN 3-591-08183-3.
- Swami Sivananda: Hatha Yoga. 2. Auflage. Heinrich Schwab Verlag, Gelnhausen, S. 47.
- Heinz Grill: Die Vergeistigung des Leibes, Ein künstlerisch-spiritueller Weg mit Yoga. 2. Auflage. Lammers-Koll-Verlag, 2004, ISBN 978-3-935925-93-8, S. 86.
- B. K. S. Iyengar: Licht auf Yoga. 7. Auflage. Nikol Verlag, 2017, ISBN 978-3-86820-175-8, S. 88 f.
- Jayadev Jaerschky: Yoga des Yogananda, Klassische Texte und Übungen für heute. 1. Auflage. Verlag Via Nova, 2019, ISBN 978-3-86616-442-0, S. 176 f.
- B. K. S. Iyengar: Licht auf Yoga. 7. Auflage. Nikol Verlag, 2017, ISBN 978-3-86820-175-8, S. 377 f.
- B. K. S. Iyengar: Licht auf Yoga. 7. Auflage. Nikol Verlag, 2017, ISBN 978-3-86820-175-8, S. 382.
- Erling Petersen: Das Yoga Übungsbuch. 4. Auflage. Heyne Ratgeber 08/9299, ISBN 3-453-04104-6, S. 150.