Sextus Tarquinius
Sextus Tarquinius war ein Prinz der in der römischen Geschichtsschreibung mythisch verklärten[1] etruskischen Herrscherfamilie der Tarquinier.[2] Er war – nach den Angaben der Literaten Titus Livius und Ovid – der dritte und jüngste Sohn[3] des letzten etruskischen Königs Lucius Tarquinius Superbus, nach den Angaben des Dionysios dessen ältester Sohn.[4] Der Nachwelt ist er als Hauptakteur der mit der Vertreibung der Königsherrschaft[5] aus Rom durch Lucius Iunius Brutus zusammenhängenden Vergewaltigung der Lucretia, der Ehefrau des Tarquinius Collatinus und Tochter des Spurius Lucretius Tricipitinus, bekannt. Titus Livius gibt innerhalb seiner Darstellung der römischen Frühzeit innerhalb des ersten Buches seines Hauptwerks Ab urbe condita eine Schilderung der Ereignisse, Ovid verarbeitet das Thema in seinen Fasti poetisch.[6] Auch Dionysios von Halikarnassos geht in seinen Römischen Altertümern auf die Vorgänge ein.[7]
Darstellung
Sextus Tarquinius taucht in der Überlieferung in zwei Erzählungen auf: Der Einnahme der Stadt Gabii sowie der Vergewaltigung der Lucretia. Die Erzählung der Vergewaltigung nimmt in Überlieferung wie Rezeption eine prominente Position ein.
Die Protagonisten der beiden Erzählkreise stehen in einem engen Verwandtschaftsverhältnis[8] zueinander.
- Sextus Tarquinius ist einer von drei Söhnen des Lucius Tarquinius Superbus. Brüder des Sextus sind Arruns Tarquinius (nicht zu verwechseln mit dem Bruder des Superbus) und Titus Tarquinius.
- Lucius Iunius Brutus, der Vertreiber der Könige und Initiator der Republik, ist Cousin des Sextus und seiner Brüder; seine Mutter Tarquinia ist eine Schwester des L. Tarquinius Superbus.
- Lucius Tarquinius Collatinus, der Ehemann der Lucretia, gehört einer verarmten Seitenlinie der Tarquinier an. Er ist Enkel des Großonkels des Sextus.[9]
Die Einnahme von Gabii
Sextus Tarquinius taucht bei Livius erstmals während der Belagerung der Stadt Gabii durch den König L. Tarquinius Superbus auf; auch Ovid flocht die Belagerung in sein Werk ein. Die Belagerung der Stadt durch die Römer war ins Stocken geraten und kam nicht voran. Daher beschloss Tarquinius Superbus die Stadt – nach ganz unrömischer Sitte – mit einer List zu nehmen. Der König gab vor, sich statt um die Einnahme lieber um innerstädtische Bauprojekte zu kümmern und beauftragte seinen Sohn Sextus, sich in Gabii als Überlaufer auszugeben. Sextus spielte daraufhin den Gabiern vor, gerade noch den Häschern des eigenen Vaters entkommen zu sein und nun Zuflucht bei den Feinden der Tarquinier zu suchen.[10]
Die Gabier nahmen ihn freundlich auf und hofften mit seiner Hilfe Tarquinius Superbus bezwingen zu können. Sextus nahm daraufhin auch an den Versammlungen und Beratungen teil, drängte dort ständig auf Krieg und ließ sich schließlich, nachdem er sich durch List und Tücke das Vertrauen der Gabier erworben hatte, zum Feldherren wählen. Im Verlauf kleinerer abgekarteter Gefechte und durch freigebiges Verteilen der Beute machte er sich unter den Gabiern derart beliebt, dass er bald zum mächtigsten und einflussreichsten Mann der Stadt avancierte. Unwissend wie er weiter vorgehen sollte, schickte er einen Boten nach Rom, um Instruktionen von seinem Vater einzuholen. Der jedoch sprach nicht mit dem Boten, sondern schlug beständig die am Wegesrand stehenden, hohen Mohnköpfe (bei Ovid Blüten von Lilien) ab. Sextus erkannte in der für den Boten unverständlichen Handlung einen versteckten Befehl seines Vaters, die herrschende Elite Gabiis nach und nach auszuschalten. Dieser Instruktion eingedenk gelang es Sextus, die gabinische Elite durch politische Intrige und Meuchelmord so weit auszudünnen und die Bevölkerung durch Geschenke so gewogen zu stimmen, dass die Stadt sich ohne einen Schwertstreich in die Hand der Römer gab.[11]
Nach Titus Livius
Die Schilderung der Umstände der Vergewaltigung beginnt bei Livius mit der Belagerung der rutulischen Stadt Ardea durch die Römer. Grund für die Belagerung sei der Drang des Lucius Tarquinius Superbus gewesen, den Reichtum der Ardeaten zu erbeuten, um seine angeschlagenen Finanzen zu sanieren sowie die Unruhe im Volk durch Geschenke zu besänftigen. Nachdem die Stadt im Sturm nicht genommen werden konnte, ging das Heer an eine Belagerung. Um sich die Zeit während der langwierigen Belagerung zu vertreiben, trafen sich die jungen Adligen zu gegenseitigen Gastmählern. Bei einem dieser Gastmähler kam das Gespräch der vom Wein Erhitzten auf die Ehefrauen und die Frage, welche von ihnen die Herausragendere wäre. Um die Streitfrage zu klären, wurde beschlossen, die von den Ehemännern benannten Frauen reihum in Rom und Collatia aufzusuchen.[12]
Es stellte sich heraus, dass alle Frauen die Abwesenheit der Männer genutzt hatten, um sich die Zeit mit üppigen Gelagen zu vertreiben und im dekadenten Luxus zu schwelgen. Nur Lucretia, die Gattin des Collatinus, wurde noch spät abends bei der Wollarbeit angetroffen und zeigte sich im weiteren Verlauf des Abends als freundliche Gastgeberin. Angetan von der Schönheit und der keuschen Art der Lucretia einigten sich die Männer schließlich darauf, Lucretia als Siegerin des nächtlichen Wettstreits anzuerkennen. Nachdem man die Gastfreundschaft genossen hatte, kehrte die Gruppe ins Heerlager zurück. Nur Sextus Tarquinius, in schnödem Verlangen nach Lucretia entbrannt, plante im Geheimen, wie er sich ihrer bemächtigen könnte.[13]
Einige Tage später kehrte Tarquinius erneut bei Lucretia ein, um seinen Plan, das Herz der Schönen zu gewinnen, in die Tat umzusetzen. Zu nächtlicher Zeit schlich er sich in ihr Schlafgemach, bedrohte sie mit einem Schwert und begann, von heißer Lust getrieben, mal mit Schmeichelei, mal mit Drohung, in die Keusche zu dringen, um sie zum Ehebruch mit ihm zu bewegen. Lucretia blieb zunächst standhaft, ihre Abwehr brach jedoch, als der Tarquinier drohte, sie öffentlich zu entehren, indem er sie zuerst ermorden und dann die Leiche eines nackten, männlichen Sklaven so bei ihr drapieren werde, dass der Schein des Ehebruchs mit einem Sklaven entstünde. Nachdem er sein Verlangen gestillt hatte, kehrte Sextus in das Heerlager vor Ardea zurück. Lucretia, von Gram gedrückt, schickte nach ihrem Vater und nach ihrem Ehemann.[14]
Nachdem Ehemann und Vater in Colatina angekommen waren, schilderte Lucretia das Vorgefallene. Zur eigenen Ehrenrettung und zur Bekräftigung ihrer Verteidigungsrede beging sie daraufhin Selbstmord, indem sie sich vor den Augen der Anwesenden mit einem Dolch erstach, obwohl alle Anwesenden sie von jeglicher Sünde freisprachen und ihr gut zusprachen. Nach dem überraschenden Selbstmord gaben sich Vater und Ehemann ihrer Trauer hin. Der anwesende Lucius Iunius Brutus ergriff in der Situation die Initiative, nahm den Dolch der Verstorbenen auf und begann einen Schwur zur Rächung der Vergewaltigten und der Vertreibung des tarquinischen Despotengeschlechtes, in den die übrigen Anwesenden einstimmten.[15]
Im Folgenden nutzte Brutus die Ereignisse und die damit einhergehende Bestürzung der Römer, um Stimmung gegen Lucius Tarquinius Superbus zu machen. Er zog mit seiner Schar nach Rom, verschloss dem Tarquinier die Tore, verkündete dessen Absetzung und vertrieb weitere Angehörige der Sippe. Folgend soll Brutus die politischen Institutionen wie das Konsulat eingeführt haben. Sextus Tarquinius floh nach Gabii, wo er durch alte Feinde einen gewaltsamen Tod fand.[16]
Nach Dionysios von Halikarnassos
Dionysios lässt die Ereignisse um die Vergewaltigung, wie Livius, mit der Belagerung von Ardea einsetzen. Jedoch ist der Grund für das erste Aufeinandertreffen von Sextus Tarquinius und Lucretia ein anderes. Dionysios berichtet nichts von einem trunkenen Wettstreit unter den jungen Adeligen und anschließendem Ritt zu den einzelnen Ehefrauen, sondern gibt an, dass Sextus auf Befehl seines Vaters in die Stadt Collatina entsandt worden war, um dort militärischen Aufgaben nachzukommen. Dort angekommen quartierte er sich bei Lucretia, der Ehefrau seines Verwandten, ein, die ihn freundlich empfing und bewirtete. Verführt vom Liebreiz seiner Gastgeberin, entschloss sich Sextus diese zu verführen.[17]
Die Darstellung der Vergewaltigung und der Auswirkungen gleicht der des Livius. Sextus schleicht sich mit gezogenem Schwert in Lucretias Schlafzimmer und versucht diese zum Ehebruch zu überreden. Er stellt die Frau vor die Wahl sich ihm entweder hinzugeben und ihn daraufhin zu ehelichen oder er würde behaupten, sie beim Ehebruch mit einem Sklaven auf frischer Tat ertappt und anschließend beide getötet zu haben. Daraufhin gibt Lucretia nach. Nachdem die Tat vollzogen ist, kehrt der Tarquinier ins Feldlager zurück.[18]
Lucretia gebietet daraufhin ihrem Vater, einige Vertraute um ihn zu versammeln, da sie ihm etwas Wichtiges mitzuteilen habe. Im Kreis der Anwesenden ersticht sie sich daraufhin selbst. Im Unterschied zu Livius’ Schilderung ist bei der Darstellung des Dionysios nur Publius Valerius während des Selbstmordes anwesend. Brutus und Collatinus befinden sich im Feldlager. Beiden berichtet P. Valerius wenig später die schlechten Neuigkeiten. Brutus hält daraufhin mehrere Reden, lässt auf den Dolch der Lucretia schwören und beginnt mit der Organisation des Widerstandes gegen den Tyrannen und die Errichtung der römischen Institutionen.[19]
Nachwirkungen
Mit der Vertreibung des letzten etruskische Königs und dessen Sippe (~509/8), ging die römische Königszeit zu Ende. Die politische Macht ging vollends auf den Adel, der sich zu diesem Zeitpunkt nur aus Patriziern zusammensetzte, über. Mit dieser Verlagerung einhergehend, entstanden die ersten republikanischen, dem Gleichheitsgrundsatz einer Adelsherrschaft verpflichteten Magistraturen.[20] Das in dieser Phase des Umbruchs entstandene, sich erst langsam mit Hilfe der neu geschaffenen Strukturen füllende Machtvakuum nutzte der etruskische König Lars Porsenna aus Clusium aus, zog – einem Überlieferungsstrang zufolge auf Betreiben des Tarquinius Superbus – gegen Rom und nahm es ein.[21] Die Überlieferung der Vorkommnisse um Sextus zeigt also – in starker Verflechtung mit der historischen Wirklichkeit – „das eigentliche Schreckbild jeder Aristokratie, das für die Römer im Bilde des tyrannischen Königs Tarquinius Superbus [und seiner Sippe] symbolisiert war.“[22]
Rezeption
Die sagenhaften Vorkommnisse um Sextus Tarquinius und die letzte etruskische Königsdynastie Roms inspirierte immer wieder Literaten – von der Antike bis in die Moderne – zur Auseinandersetzung mit dem Thema. Oft beziehen sich die Autoren in ihrer Rezeption ebenso auf Sextus Tarquinius wie auf Lucretia. Die beiden Personen werden nicht selten literarisch gegenübergestellt, um die jeweiligen charakterlichen Eigenschaften konturiert hervorzuheben. Die Abarbeitung reicht von der bei antiken Schriftstellern populären Fokussierung auf die Darstellung der Tyrannentopoi, für welche Sextus Tarquinius als idealer Vertreter galt, über die Huldigung der Lucretia, wie bspw. bei dem Renaissanceautoren Dante Alighieri, bis zur Problematisierung des Selbstmordes und der Diskussion einer Mitschuld der Lucretia bei dem Kirchenvater Aurelius Augustinus.[23]
Auch in der bildenden Kunst gibt es zahlreiche Beispiele für die Rezeption des Themas. Die Bandbreite der künstlerischen Auseinandersetzung reicht von Plastiken über Gemälde bis zu Mosaiken. Ähnlich wie in der Literatur werden Lucretia und Sextus meist gemeinsam abgebildet. Die Darstellung fokussiert häufig auf die Bedrohung und Vergewaltigung der Lucretia durch Sextus Tarquinius. Bei Darstellungen des Selbstmordes, wird Lucretia im Allgemeinen alleine oder mit ihren Verwandten dargestellt.
Quellen
- Dionysios von Halikarnassos: Römische Altertümer. Englische Übersetzung der Römischen Altertümer bei LacusCurtius
- Titus Livius: Ab Urbe Condita. Buch I. Via Wikisource (lateinisch)
- Publius Ovidius Naso: fasti. Buch II. Lateinisches Original
Literatur
- Luciana Aigner-Foresti: Die Etrusker und das frühe Rom. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-15495-9. (= Geschichte kompakt. Antike)
- Jochen Bleicken: Die Verfassung der Römischen Republik. Paderborn 82008, ISBN 978-3-8252-0460-0.
- Martin Jehne: Die römische Republik. Von der Gründung bis Caesar. München 22008, ISBN 978-3-406-50862-2.
- Jorich G. Oosten: The war of the gods. The social code in Indo-European mythology. Suffolk 1985. ISBN 0-7102-0289-X.
- Friedhelm Prayon: Die Etrusker. Geschichte, Religion, Kunst. München 52010. ISBN 978-3-406-59812-8.
- Lutz Walther (Hrsg.): Antike Mythen und ihre Rezeption. Ein Lexikon. Stuttgart 2009. ISBN 978-3-15-020051-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- Die Historizität der Tarquinier und ihrer Gegner ist in der Forschung umstritten. Doch sollten zumindest Teile und Grundzüge der Überlieferung historisch sein. Indizien hierfür sieht die Forschung in einer Inschrift aus Satricum. In dieser wird ein Valesios Poplios genannt, bei dem es sich wohl um „Publicus Valerius Publicola, einen der ersten Männer Roms nach dem Sturz des Königtums [...], oder um seinen Sohn handelte.“ (Aigner-Foresti: Die Etrusker und das frühe Rom, S. 105) Einschränkend vermerkt Aigner-Foresti jedoch im Folgesatz, dass der Genannte „allerdings ebenso ein historisch sonst unbekannter Mann gleichen Namens gewesen sein [könnte].“ (Aigner-Foresti: Die Etrusker und das frühe Rom, S. 105) Siehe auch S. 142 wo Aigner-Foresti die Historizität des Publicola als „höchst wahrscheinlich“ benennt. Eine kritische Sicht auf die römische Früh- und Königszeit formuliert Jehne: Die römische Republik. Von der Gründung bis Caesar, S. 13, pointiert, wenn er schreibt: „Da alle Untersuchungen zeigen, daß keine mündliche Überlieferung [...] nur über 100 Jahre [...] zu tradieren vermag, ohne daß gravierende Verfremdungen der Fakten eintreten, ist es ganz und gar unwahrscheinlich, daß Ablauf und Figuren dieser Erzählung [...] auch nur einen Hauch von Authentizität beanspruchen dürfen. Zudem sind Vergewaltigungsgeschichten so feste Bestandteile der zahlreichen antiken Darstellungen zur Entartung von Tyrannen, daß sie schlicht als Produkt literarischer Bearbeitung [...] anzusehen sind.“
- Zum Einfluss der Etrusker auf die (frühe) Römische Republik und ihre politische Verfasstheit siehe Bleicken: Die Verfassung der Römischen Republik, S. 272–3.
- Liv. I, 53, 5: „[...] Sextus filius eius, qui minimus ex tribus erat [...].“ Ov. fast. II, 691 „[...] namque trium minimus, proles manifesta Superbi [...]“
- Dion. Hal. ant. IV, 64, 2: „At this time Sextus, the eldest son of Tarquinius [...]“; 65, 2: „[...] since I [=Sextus] am his eldest son.“
- Dion. Hal. ant. IV, 63, 1: „[...] and being now no longer in any fear concerning his [Tarquinius Superbus'] power, he was both driven from power and exiled because of the outrageous deed of Sextus, his eldest son, who ruined a married woman.“
- Siehe zur Einnahme Gabiis: Liv. I, 53, 4-54, 10 und Ov. fast. II, 684a-710, sowie zur Vergewaltigung der Lucretia: Liv. I, 57, 5-60, 2 und Ov. fast. II, 721-852.
- Siehe Dion. Hal. ant. IV, 64, 1-67,4; IV, 70, 1-71, 6.
- Die historische Mythenforschung in Anschluss an Claude Lévi-Strauss Strukturalismus, neigt dazu in Erzählungen, in welchen die Protagonisten in eine ähnlich komplexe familiale Struktur eingebunden sind, die Verarbeitung „[of] a structural conflict between different principles of succession through descent“ (Oosten: The war of the gods, S. 148) zu sehen, welcher „constitutes the main problem.“ (Oosten: The war of the gods, S. 148) Als Kernantagonisten der Erzählkreise „for the succession [gelten] Tarquinius´ sons and his sister´s son Brutus.[...] Collatinus also played an important part [...] [as] a member of the impoverished collateral line [...] [which,] is in marked opposition to the royal line. First [...] [they] were deprived of their wealth, [...] then they were even deprived of their wives, when Sextus Tarquinius raped Collatinus´s wife.“ (Oosten: The war of the gods, S. 148)
- Oosten: The war of the gods, S. 146, sowie die Gesamtinterpretation bezüglich der Tarquinischen Dynastie, S. 144–151.
- Liv. I, 53, 5: „Nam cum velut posito bello fundamentis templi iaciendis aliisque urbanis operibus intentum se esse simularet, Sextus filius eius, qui minimus ex tribus erat, transfugit ex composito Gabios, patris in se saevitiam intolerabilem conquerens [...].“; I, 53, 7: „Se quidem inter tela et gladios patris elapsum nihil usquam sibi tutum nisi apud hostes L. Tarquini credidisse.“ Ov. fast. II, 692-696: „[...] [Sextus] in medios hostes nocte silente venit. Nudarant gladios: ‚Occidite‘ dixit ‚inermem: Hoc cupiant fratres Tarquiniusque pater, qui mea crudeli laceravit verbere terga‘ (dicere ut hoc posset, verbera passus erat).“
- Liv. I, 54, 1: „Inde in consilia publica adhiberi. [...] ipse identidem belli auctor esse [...].“; 54, 4: „Apud milites vero obeundo pericula ac labores pariter, praedam munifice largiendo tanta caritate esse ut non pater Tarquinius potentior Romae quam filius Gabiis esset.“; 54, 5-10: „Itaque [...] tum ex suis unum sciscitatum Romam ad patrem mittit quidnam se facere vellet, [...]. Huic nuntio, [...] nihil voce responsum est; rex velut deliberabundus in hortum aedium transit sequente nuntio filii; ibi inambulans tacitus summa papauerum capita dicitur baculo decussisse. [...] Sexto ubi quid vellet parens quidue praeciperet tacitis ambagibus patuit, primores civitatis criminando alios apud populum, alios sua ipsos inuidia opportunos interemit. [...] et dulcedine priuati commodi sensus malorum publicorum adimi, donec orba consilio auxilioque Gabina res regi Romano sine ulla dimicatione in manum traditur.“ Und Ov. fast. II, 701-710: „Iamque potens misso genitorem appellat amico, perdendi Gabios quod sibi monstret iter. Hortus odoratis suberat cultissimus herbis, sectus humum rivo lene sonantis aquae: Illic Tarquinius mandata latentia nati accipit, et virga lilia summa metit. Nuntius ut rediit decussaque lilia dixit, filius ‚Agnosco iussa parentis‘ ait. Nec mora, principibus caesis ex urbe Gabina, traduntur ducibus moenia nuda suis.“
- Liv. I, 57, 5-8: „[...]; regii quidem iuvenes interdum otium conuiuiis comisationibusque inter se terebant. [...] incidit de uxoribus mentio. Suam quisque laudare miris modis [...] citatis equis auolant Romam.“
- Liv. I, 57, 9-11: „[...] ubi Lucretiam haudquaquam ut regias nurus, quas in conuiuio luxuque cum aequalibus viderant tempus terentes sed nocte sera deditam lanae inter lucubrantes ancillas in medio aedium sedentem inveniunt. Muliebris certaminis laus penes Lucretiam fuit. [...] Ibi Sex. Tarquinium mala libido Lucretiae per vim stuprandae capit; [...].“
- Liv. I, 58, 1-5: „Paucis interiectis diebus Sex. Tarquinius inscio Collatino cum comite uno Collatiam venit. [...] amore ardens [...] stricto gladio ad dormientem Lucretiam venit [...] tum Tarquinius fateri amorem, orare, miscere precibus minas, versare in omnes partes muliebrem animum. [...] cum mortua iugulatum seruum nudum positurum ait, ut in sordido adulterio necata dicatur.“
- Liv. I, 58, 6 bis 59, 2: „Lucretiam sedentem maestam in cubiculo inveniunt. Aduentu suorum lacrimae obortae [...]. Dant ordine omnes fidem; consolantur aegram animi avertendo noxam ab coacta in auctorem delicti [...]. Cultrum, quem sub veste abditum habebat, eum in corde defigit, prolapsaque in volnus moribunda cecidit. Conclamat vir paterque. [...] ‚Per hunc‘ inquit ‚castissimum ante regiam iniuriam sanguinem iuro, vosque, di, testes facio me L. Tarquinium Superbum cum scelerata coniuge et omni liberorum stirpe ferro igni quacumque dehinc vi possim exsecuturum, nec illos nec alium quemquam regnare Romae passurum.‘ Cultrum deinde Collatino tradit, inde Lucretio ac Valerio [...].“
- Liv. I, 59, 4: „[...] tum Brutus castigator lacrimarum atque inertium querellarum auctorque quod viros, quod Romanos deceret, arma capiendi adversus hostilia ausos. Ferocissimus quisque iuvenum cum armis voluntarius adest [...]“; I, 60, 2: „Sex. Tarquinius Gabios tamquam in suum regnum profectus ab ultoribus veterum simultatium, quas sibi ipse caedibus rapinisque concierat, est interfectus.“
- Dion. Hal. ant. IV, 64, 2: „At this time Sextus, the eldest son of Tarquinius, being sent by his father to a city called Collatia to perform certain military services, lodged at the house of his kinsman, Lucius Tarquinius, surnamed Collatinus.“; IV, 64, 4: „Now it happened that Collatinus was then at the camp, but his wife, who was a Roman woman, the daughter of Lucretius, a man of distinction, entertained him, as a kinsman of her husband, with great cordiality and friendliness. This matron, who excelled all the Roman women in beauty as well as in virtue, Sextus tried to seduce; he had already long entertained this desire, whenever he visited his kinsman, and he thought he now had a favourable opportunity.“
- Dion. Hal. ant. IV, 64, 5-66, 1: „[...]he went into the room sword in hand. [...] Having terrified the woman in this manner, he offered her two alternatives, bidding her choose whichever she herself preferred — death with dishonour or life with happiness. [...] will state that I had caught you misbehaving with the slave and punished you to avenge the dishonour of my kinsman; [...] Lucretia [...] was forced to yield and to allow him to accomplish his desire. [...] Sextus, having gratified his wicked and baneful passion, returned to the camp.“
- Dion. Hal. ant. IV, 67, 1-4: „When, in response to his hasty and urgent summons, the most prominent men had come to his house as she desired, she began at the beginning and told them all that had happened. [...] she drew the dagger she was keeping concealed under her robes, and plunging it into her breast, with a single stroke pierced her heart. [...] There was among them a certain man, named Publius Valerius [...] This man was sent by them to the camp both to acquaint the husband of Lucretia with what had happened and with his aid to bring about a revolt of the army from the tyrants. He was no sooner outside the gates than he chanced to meet Collatinus, who was coming to the city from the camp and knew nothing of the misfortunes that had befallen his household. And with him came Lucius Junius, surnamed Brutus [...].“; IV, 71, 1: „Having said this, he called upon all the rest also to take the same oath; and they, no longer hesitating, rose up, and receiving the dagger from one another, swore.“
- Bleicken: Die Verfassung der Römischen Republik, S. 45, 53, 100.
- Prayon: Die Etrusker, S. 53.
- Bleicken: Die Verfassung der Römischen Republik, S. 53. Die tradierte Abneigung gegenüber dem Königtum und die damit einhergehende Furcht vor dem aus der adligen Gemeinschaft Heraustretenden findet sich auch bei Cic. rep. I, 62: „(Scipio) ‚Quid? Tu non vides unius inportunitate et superbia Tarquinii nomen huic populo in odium venisse regium?‘ (Laelius) ‚Video vero‘ inquit.“
- Siehe hierzu auch Walther, S. 122–129.