Schweizerischer Samariterbund
Der Schweizerische Samariterbund (SSB) fördert den Einsatz von Freiwilligen im Rettungs-, Gesundheits- und Sozialwesen. Er sorgt dafür, dass Verunfallte und Erkrankte Erste Hilfe und Unterstützung erhalten. Mit spontanen oder ergänzenden Betreuungs- und Pflegeeinsätzen schliesst er Lücken im Netz der Sozialeinrichtungen. Er fördert das Gesundheitsbewusstsein und die Unfallverhütung.
Schweizerischer Samariterbund (SSB) | |
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Rechtsform | eingetragener Verein |
Gründung | 1888 in Bern |
Gründer | Ernst Möckli |
Sitz | Olten, Schweiz |
Schwerpunkt | Erste Hilfe |
Freiwillige | 21500 |
Website | www.samariter.ch |
Der SSB ist eine «Rotkreuz-Rettungsorganisationen» des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK). Deshalb orientieren sich die Samariterinnen und Samariter bei ihrem Handeln an den sieben Rotkreuzgrundsätzen Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Unabhängigkeit, Einheit und Universalität.
Organisation
In der Schweiz engagieren sich 18'988 Samariterinnen und Samariter in 877 lokalen Samaritervereinen[1] sowie 2'639 Jungsamariterinnen und -samariter in 129 Jugendgruppen. Die 24 Kantonalverbände bilden den Verein Schweizerischer Samariterbund, der in Olten eine Geschäftsstelle betreibt.
Zentralorganisation
Die Zentralorganisation besteht aus dem strategisch führenden Zentralvorstand und der operativ tätigen Geschäftsstelle in Olten. Die Zentralorganisation entwickelt die Grundlagen der Samariterarbeit, erarbeitet Ausbildungsprogramme, veranstaltet Kurse (Ausbildung der Ausbildner und Fachausbildung), fördert die Kantonalverbände, erbringt Dienstleistungen für die Samaritervereine, die Kantonalverbände, die Samariter Jugendgruppen und Dritte, macht Öffentlichkeitsarbeit, arbeitet zusammen mit Bundesbehörden und nationalen Organisationen und wirkt im Schweizerischen Roten Kreuz mit.
Kantonalverbände
Die Kantonalverbände unterstützen die Arbeit der Vereine durch Beratung, Ausbildung, Kommunikation, Koordination und Absprachen mit kantonalen Stellen.
Samaritervereine
Die Samaritervereine organisieren Bevölkerungskurse, betreuen den Sanitätsdienst bei Veranstaltungen, engagieren sich in der freiwilligen sozialen Hilfe, arbeiten mit Rettungsdiensten und eng mit lokalen Behörden zusammen, organisieren lokale Blutspendenaktionen, verleihen Krankenmobilien und engagieren sich in der Jugendarbeit.
Samariter Jugendgruppen
In rund 130 Samariter Jugendgruppen[2] organisieren Freiwillige für Kinder und Jugendliche Übungen rund um das Thema Erste Hilfe. Das Leitmotiv lautet Helfen — Erleben — Lernen — Plausch (Help).
Zertifizierungen
Die Kurse und Lehrgänge des Schweizerischen Samariterbundes geniessen die Anerkennung von renommierten Institutionen. Zudem ist er von der Zewo als gemeinnützig anerkannt[3]. In den letzten Jahren erhielt der SSB Zertifikate von folgenden Fachorganisationen:
- EduQua: EduQua setzt und überprüft Minimalkriterien für die Qualität von Weiterbildungsanbietern und gibt zertifizierten Institutionen Marktvorteil dank Qualitätsgarantie.
- Société Générale de Surveillance SA (SGS): SGS zertifiziert im Auftrag des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) und in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Medizinischen Rettungskommission (SMEDREC) Laienausbildungen und Ausbilder im Rettungswesen. Das ASTRA anerkennt seit dem 1. Januar 2006 nur noch zertifizierte Kurse.
- Interverband für Rettungswesen (IVR): Der Schweizerische Samariterbund ist durch den Interverband für Rettungswesen (IVR) zertifiziert. Das Gütesiegel im Bereich «First AID» garantiert die Einhaltung der vorgeschriebenen Qualitätsrichtlinien bei den Ersthelferausbildungen der Stufen 1–3.
- Swiss Resuscitation Council (SRC): Das Gütesiegel bestätigt, dass die Kursinhalte des Schweizerischen Samariterbundes «SRC-geprüft» sind und die Lerninhalte durch einen SRC anerkannten Kursleiter (zertifizierter Kursleiter) vermittelt werden.
Kursangebot
Die Samaritervereine bieten in der ganzen Schweiz Erste-Hilfe-Kurse für Privatpersonen, Firmen sowie spezifische Berufsgruppen an – vom Nothilfekurs für Führerausweiserwerbende über Kurse zu Kindernotfällen bis hin zu individuellen Firmenkursen oder Angebote für Berufschauffeure.
Nothilfekurs
Im Nothilfekurs[4] werden lebensrettende Sofortmassnahmen erlernt. Diese ermöglichen es, bei Verkehrsunfällen sicher Erste Hilfe zu leisten und bei medizinischen Notfällen die richtigen Massnahmen zu treffen. Der Kurs ist für Führerausweiserwerbende obligatorisch. Der Kurs dauert zehn Stunden. Die Teilnehmenden erhalten nach Abschluss das Kurs-Zertifikat Nothilfekurs.
Ersthelfer Stufe 1 IVR
Im Kurs Ersthelfer Stufe 1 IVR[5] werden die Grundlagen der lebensrettenden Sofortmassnahmen in Notfallsituationen erlernt. Er ermöglicht es, im Alltag, bei der Arbeit oder in der Freizeit sowie bei aussergewöhnlichen Ereignissen wie etwa Naturkatastrophen Erste Hilfe zu leisten. Der Kurs beinhaltet auch den Kurs BLS-AED-SRC-Komplett sowie den obligatorischen Nothilfekurs für Führerausweiserwerbende. Er dauert 14 Stunden. Nach Abschluss erhalten die Teilnehmenden das Kurs-Zertifikat Ersthelfer Stufe 1 IVR, das Kurs-Zertifikat BLS-AED-SRC Komplett sowie das Zertifikat Nothilfekurs.
Ersthelfer Stufe 2 IVR
Im Kurs Ersthelfer Stufe 2 IVR[6] werden die Grundkenntnisse in Bezug auf Sicherheit und Hygienemassnahmen bei unfallbedingten Körperschädigungen und akuten Erkrankungen erlernt. Er ermöglicht den besonderen Bedürfnissen in den Bereichen Arbeit und Freizeit Rechnung zu tragen und dabei Erste Hilfe zu leisten. Er dauert 14 Stunden. Nach Abschluss erhalten die Teilnehmenden das Kurs-Zertifikat Ersthelfer Stufe 2 IVR sowie das Kurs-Zertifikat BLS-AED-SRC Komplett.
Ersthelfer Stufe 3 IVR
Der Ersthelferkurs für Betriebssanitäter[7] und Personen mit spezifischen Aufträgen. Er ermöglicht es, für die Erste-Hilfe-Funktion beauftragten Personen, Gesundheit zu erhalten, Leben zu schützen und zu retten sowie Komplikationen bei unfallbedingten Körperschädigungen und akuten Erkrankungen zu verhindern. Der Kurs dauert 42 Stunden. Nach Abschluss erhalten die Teilnehmenden das Kurs-Zertifikat Ersthelfer Stufe 3 IVR sowie das Kurs-Zertifikat BLS-AED-SRC Komplett.
BLS-AED-SRC Komplett
Im Kurs BLS-AED-SRC Komplett (Generic Provider)[8] werden die wichtigsten lebensrettenden Massnahmen zur Wiederbelebung und deren Vertiefung und Anwendung bei Erwachsenen und Kindern in unterschiedlichen Situationen erlernt. Er dauert drei Stunden. Nach Abschluss erhalten die Teilnehmenden Kurs-Zertifikat BLS-AED-SRC Komplett.
Notfälle bei Kleinkindern
Im Kurs Notfälle bei Kleinkindern[9] werden sicheres Handeln im Umgang mit Kindern in Notfallsituationen erlernt. Insbesondere liegt der Fokus auf dem korrekten Vorgehen und der Anwendung von Erste-Hilfe-Massnahmen bei ansprechbaren, wie auch bewusstlosen oder leblosen Kindern. Der Kurs dauert drei Stunden. Nach Abschluss erhalten die Teilnehmenden das Kurs-Zertifikat Notfälle bei Kleinkindern des Schweizerischen Samariterbunds.
Geschichte
Die Gründung der ersten Samaritervereine
Die Wurzeln der Samariter liegen in den Sanitätstruppen der Armee. 1880 wurde der Militärsanitätsverein Bern gegründet. Dessen Präsident, Feldweibel Ernst Möckly, war beeindruckt vom Erfolg des Buches "Samariterschule", das der deutsche Arzt und Kriegschirurg Friedrich Esmarch verfasst hatte. Esmarch hatte 1882 in Kiel erste Samariterkurse durchgeführt und den Deutschen Samariter-Verein ins Leben gerufen.
1884 veranstaltete Ernst Möckly in Bern den ersten Samariterkurs in der Schweiz, den der Arzt Robert Vogt leitete. Nach einem zweiten Kurs wurde 1885 in Bern der erste Samariterverein gegründet. Bald wurden auch in anderen Ortschaften Samariterkurse durchgeführt, aus denen meist ein neuer Samariterverein entstand. 1888 schlossen sich in Aarau die ersten 14 Samaritervereine zum Schweizerischen Samariterbund (SSB) zusammen. Doktor Robert Vogt wurde der erste Zentralpräsident und Ernst Möckly der erste Vizepräsident.
Von Beginn weg suchte der SSB die Verbindung zum Schweizerischen Roten Kreuz (SRK). Schon 1888 entstand eine erste Vereinbarung zwischen den beiden Organisationen. Diese Verbindung besteht bis heute und der SSB ist – zusammen mit der SLRG, dem SMSV und mit Redog – eine der vier Rettungsorganisationen des SRK. Deshalb orientieren sich die Samariterinnen und Samariter bei ihrem Handeln auch an den sieben Rotkreuzgrundsätzen Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Unabhängigkeit, Einheit und Universalität.
Das Samariterwesen in der Zeit der Industrialisierung
Das 19. Jahrhundert war auch in der Schweiz die Zeit der Industrialisierung, in der die Industrie zum wichtigsten Sektor der Wirtschaft wurde. Mit dem fortschreitenden Industrialisierungsprozess wurden in den laufend neu entstehenden Fabriken auch vermehrt Maschinen eingesetzt. Zudem nahm der Verkehr auf den Strassen (damals noch mit Pferdefuhrwerken) und mit der Bahn zu. Diese Entwicklungen brachten auch neue Unfallgefahren mit sich und die Unfälle mit menschlicher Beteiligung nahmen stark zu.
1877 trat in der Schweiz das Fabrikgesetz in Kraft, das dem Schutz der Arbeiter diente. Mussten manche zuvor 16 bis 18 Stunden pro Tag arbeiten, beschränkte das Fabrikgesetz die tägliche Arbeitszeit auf höchstens 11 Stunden. Dadurch hatten viele Arbeiter nun plötzlich auch etwas Freizeit. Die ersten Vereine entstanden: Turnvereine, Musikgesellschaften, Chöre und eben auch die ersten Samaritervereine.
Die Medizin machte zwar in der gleichen Zeit grosse Fortschritte, aber die Zahl der Ärzte war noch sehr gering. In abgelegenen Gebieten gab es häufig gar keine Ärzte und die Menschen mussten sich selbst zu helfen wissen. Zu diesem Zeitpunkt übernahmen die Samaritervereine mit ihren Bevölkerungskursen eine zentrale Aufgabe. Schon sehr früh interessierten sich auch sehr viele Frauen für die Samariterarbeit und 1887 wurde in Bern der erste Samariterinnenverein gegründet. Die Samariterinnen boten auch andere Kurse an, wie Krankenpflege zu Hause oder Mütter- und Säuglingspflege.
Erster und Zweiter Weltkrieg und die Zeit danach
Bis 1914 verbreiteten sich die Samaritervereine vor allem in der Deutschschweiz. In der Zeit der beiden Weltkriege entstanden jedoch auch in der Westschweiz und im Tessin viele neue Vereine. 1944 zählte der Samariterbund bereits 1160 Samaritervereine mit mehr als 50'000 Samariterinnen und Samaritern. Den Höchststand erreichte der Samariterbund in den 1960er-Jahren mit über 60'000 aktiven Mitgliedern.
Samariterjugend
Seit 1968 haben auch die jungen Samariter eine eigene Organisation: die Help-Samariterjugend. Inspiriert vom Deutschen Jugendrotkreuz wurde damals in Basel eine erste Gruppe von jungen Samariterinnen und Samaritern gegründet. 1996 wurde die Zusammenarbeit der Jugendgruppen des Schweizerischen Samariterbundes und des Schweizerischen Roten Kreuzes beschlossen. Stand Ende 2020 gibt es in der Schweiz 129 Help-Samariterjugend-Gruppen mit mehr als 2'000 aktiven Mitgliedern.
Kurse und Schulungen
Seit 1965 gibt es den Nothilfekurs, der 1977 vom Bundesrat für Fahrschüler obligatorisch erklärt wurde. 1993 lancierten die Samaritervereine die ersten CPR-Bevölkerungskurse (CPR = Cardio Pulmonale Reanimation = Herz-Lungen-Wiederbelebung). Das Kursangebot der Samariter wurde laufend ausgebaut. So finden heute Privatpersonen, Firmen oder spezifische Berufsgruppen die passenden Aus- und Weiterbildungen im Bereich der Ersten Hilfe – vom Nothilfekurs für Führerausweiserwerbende über Kurse zu Kindernotfällen bis hin zu individuellen Firmenkursen oder Angeboten für Berufschauffeure.
Die Entwicklung des Samariterwesens bis heute
Der Samariterbund fördert den Einsatz von Freiwilligen im Rettungs-, Gesundheits- und Sozialwesen. Er sorgt dafür, dass Verunfallte und Erkrankte Erste Hilfe und Unterstützung erhalten. Mit spontanen oder ergänzenden Betreuungs- und Pflegeeinsätzen schliessen die Samariter Lücken im Netz der Sozialeinrichtungen. Sie fördern das Gesundheitsbewusstsein und die Unfallverhütung.
Zu den traditionellen Aufgaben der Samaritervereine zählen die Postendienste bei Sport- und anderen Anlässen oder sie organisieren Blutspendeaktionen. Zahlreiche Vereine bieten auch Krankenmobilien an, wie Krankenbetten, Krücken oder ähnliche Hilfsmittel zur Ausleihe an. Stand Ende 2020 gibt es in der Schweiz 877 Samaritervereine und 24 Kantonalverbände, in denen rund 19'000 Samariterinnen und Samariter aktiv mitwirken und sich engagieren.
Weblinks
Einzelnachweise
- https://www.samariter.ch/de/samaritervereine
- https://www.samariter.ch/de/jugend
- https://zewo.ch/de/npo-detail/?relief_organization=schweizerischer-samariterbund
- https://www.samariter.ch/de/nothilfe-nothelferkurs
- https://www.samariter.ch/de/ersthelfer-stufe-1-ivr
- https://www.samariter.ch/de/ersthelfer-stufe-2-ivr-und-refresher
- https://www.samariter.ch/de/ersthelfer-stufe-3-ivr-und-refresher
- https://www.samariter.ch/de/bls-aed-src-komplett
- https://www.samariter.ch/de/notfaelle-bei-kleinkindern