Schraubenschlüssel
Ein Schraubenschlüssel ist ein Handwerkzeug zum Anziehen oder Lösen von Schrauben und Muttern mit bestimmten Kopfformen („Antriebsprofilen“). Schraubenschlüssel werden bei Schraubenkopf oder Mutter an die Mantelfläche gesteckt (an die Seiten des Schraubenkopfs), der Griff steht radial ab, anders als bei Schraubenziehern, die stirnseitig in das Antriebsprofil greifen und deren Griff axial absteht. Üblicherweise werden jedoch auch beispielsweise Stecknüsse und Rohrsteckschlüssel den Schraubenschlüsseln zugeordnet, obwohl ihr Griff(anschluss) axial angeordnet ist.
Die Größe eines Schraubenschlüssels wird durch die Schlüsselweite gekennzeichnet. Bei einem metrischen Maulschlüssel mit der Schlüsselweite 17 haben die beiden parallelen „Backen“ (theoretisch) einen Abstand von 17 mm. Die Schlüsselweite ist als Zahl auf der jeweiligen Seite des Schlüssels aufgeprägt.
Das Innenprofil eines Schraubenschlüssels wird bei hochqualitativem Werkzeug mit einem „Räumen“ genannten Bearbeitungsgang hergestellt.
Arten von Schraubenschlüsseln
Gabel- oder Maulschlüssel
Ein gängiger Typ ist der Gabel- oder Maulschlüssel. Mit diesem können Sechskant- oder Vierkantschraubenköpfe bzw. -muttern oder auch spezielle Verbindungselemente mit nur zwei zueinander parallel angeordneten Schlüsselflächen gedreht werden. Das Schlüsselmaul ist gewöhnlich um 15° abgewinkelt zur Werkzeugachse angeordnet, um das Ansetzen des Schlüssels bei beengtem Arbeitsraum zu erleichtern. Auch ein Winkel von 75° ist gebräuchlich. Die Größe der Maulöffnung des Schraubenschlüssels ist auf dem Werkzeug aufgeprägt.
Die meisten Maulschlüssel haben zwei unterschiedliche Größen, und zwar an jedem Ende eine; der Begriff dafür ist Doppelmaulschlüssel. Meistens werden Doppelmaulschlüssel einfach Maulschlüssel genannt. Es gibt auch Maulschlüssel, die nur einen Griff und ein Ende mit Sechskantaufnahme haben; diese nennt man Einmaulschlüssel.
Eine Sonderform der Maulschlüssel sind solche mit verstellbarer Schlüsselweite. Dies sind:
- Franzose
- Engländer
- Rollgabelschlüssel, fälschlicherweise häufig auch Engländer genannt
- Excelsior-Schlüssel
Eine weitere Sonderform ist der Gabelschlüssel mit Ratschfunktion. Die beiden Wangen des Gabelschlüssels sind so dimensioniert, dass sie den Ratschenmechanismus aufnehmen können. So lässt sich der Schlüssel in eine Richtung frei drehen, und in die andere Richtung wird die Mutter/Schraube eingeklemmt und mitgedreht.[1]
Ringschlüssel
Ein weiterer Schraubenschlüssel ist der Ringschlüssel mit seinem ringförmigen Sechskant- oder Doppelsechskant-Profil. Er rutscht nicht so leicht ab wie der Maulschlüssel und erlaubt eine höhere Kraftübertragung. Allerdings sind Ringschlüssel nur verwendbar, wenn man einen offenen Zugang zur Schraube oder Mutter hat. Im Interesse des Kraftschlusses umschließt der Ring des Schraubenschlüssels das Profil des Schraubenkopfes oder der Mutter möglichst vollständig. Dabei kann der Schraubenschlüsselkopf abgewinkelt, gekröpft oder tief gekröpft sein, um schwer zugängliche Schrauben besser zu erreichen.
Die verbreitetsten Formen sind Doppelringschlüssel und Ringmaulschlüssel – der Doppelringschlüssel mit zwei Ringschlüsseln unterschiedlicher Größe, der Ringmaulschlüssel mit je einem Ring- und einen Maulschlüssel derselben Größe an den beiden Enden.
Eine Sonderform ist der offene Ringschlüssel, dessen Ring besonders kräftig ausgeführt ist und über eine Aussparung verfügt. Weil sich der offene Ringschlüssel insbesondere für die Überwurfmuttern von Leitungsanschlüssen eignet, wie sie bei Kfz-Bremsleitungen verbreitet sind, heißt er auch Bremsleitungsschlüssel.
Der sogenannte Blockschlüssel (auch Starter-und-Blockschlüssel oder Starterblockschlüssel) verfügt über einen bogenförmigen Hebel und einen besonders dünnen Ring. Das erleichtert und ermöglicht Arbeiten unter beengten Verhältnissen, etwa an Kfz-Motorblöcken.
Ratschenringschlüssel
Ringschlüssel mit integrierter Ratsche – also einem Freilauf – dienen zum schnelleren Schrauben ohne Umsetzen des Schlüssels. Ausführungen mit Ein-Richtungs-Knarre sind plan gebaut, um für beide Schraubrichtungen zu dienen, oft seitlich etwas asymmetrisch, was die Ratschenrichtung gut erkennen lässt, oder aber sind mit einem querliegenden Knickgelenk versehen. Gewinkelte Ratschenringschlüssel haben eine Umschaltknarre für beide Richtungen und sind am Schenkel häufig aus zwei Lagen Blech plus Zwischenlage vernietet. Aufklappbare Ratschenringschlüssel öffnen mit einer Ringhälfte und verklemmen sich durch Hebelwirkung ähnlich wie eine Rohrzange.
Es gibt auch offene Ratschenringschlüssel.
Rohrschlüssel
Einteilige Rohrschlüssel (Rohrsteckschlüssel) haben etwa die Form eines Rohrstückes, an dessen Enden beispielsweise Innensechskant-Konturen, die auf die gewünschten Schraubenköpfe oder Muttern passen, ausgeformt sind. Betätigt werden sie mit stabilen, eventuell im Durchmesser mehrstufigen Drehstiften, die in Querbohrungen gesteckt werden. Aus gezogenem Rohr geformte sind dünnwandig, axial hohl und damit leichter und kostengünstiger. Massiv geschmiedete sind teurer, stabiler und weisen längs der schlankeren Mitte nicht nur zwei Querbohrungen, sondern häufig auch einen langen, eventuell leicht verdrillten Sechskant zum Ansetzen eines Gabelschlüssels auf.
Sie sind genormt in DIN 896 als Form B und werden dort als „Doppelsteckschlüssel aus Rohr, Form B“ bezeichnet.
Steckschlüssel
Flexibel anzuwenden sind Steckschlüssel-Sätze mit Antriebsteilen wie Steckgriff, Gelenkgriff, Quergriff, Winkelgriff, Kurbel oder Knarre (auch „Ratsche“), bei denen das eigentliche Werkzeugteil (Steckschlüsseleinsatz, auch Stecknuss oder Nuss, Mehrzahl Nüsse oder Nussen)[2] wechselbar ist. Die Maße der Antriebsteile für die Formen A bis G sind dabei in der DIN 3122 festgelegt.[3] Durch zusätzliche Zwischenstücke wie Verlängerungen oder Gelenkstücke kann man auch Verbindungselemente an schwer zugänglichen Stellen betätigen.[4] Den Rohrsteckschlüsseln gegenüber haben Stecknüsse den Nachteil, dass die Länge des aus einer zu drehenden Mutter herausstehenden Gewindeabschnitts begrenzt ist.
Der wechselbare Werkzeugteil ist mit einem Innenvierkant ausgestattet, der auf den passenden Außenvierkant des Antriebsteils aufgesteckt wird. Die Maße der Verbindungsvierkante sind in der Norm DIN 3120 bzw. ISO 1174-1 festgelegt. Es existieren die Nenngrößen 6,3 mm, 10 mm, 12,5 mm, 20 mm und 25 mm[5], welche auch als 1⁄4″, 3⁄8″, 1⁄2″, 3⁄4″ und 1″ bezeichnet werden.
Gängige und genormte Formen der Steckschlüsseleinsätze sind:
- Steckschlüsseleinsätze für Schrauben mit Sechskant[6]
- Steckschlüsseleinsätze für Schrauben mit Innensechskant[7]
- Steckschlüsseleinsätze für Schrauben mit Vielzahn XZN[8]
Weitere Steckschlüssel-Einsätze für Torx und Nutmutternschlüssel werden angeboten. Besondere geschwungen-sechskantige Ausführungen belasten die Mutternkanten weniger und sind dadurch schonender. Insbesondere bei Aufsätzen mit antriebsseitigen 1⁄4″–Vierkanten finden sich auch Variationen für Schlitz-, Phillips- und Pozidriv-Schrauben.
Zur genauen Aufbringung einer definierten Drehmomtents werden Drehmomentschlüssel als Antriebsteil verwendet. Diese sind ebenfalls mit dem genormten Außenvierkant ausgestattet und können somit passende Steckschlüsseleinsätze aufnehmen.
Neben den Steckschlüsseln mit wechselbaren Werkzeugteil gibt es auch Steckschlüssel mit festen Werkzeugteil. Beispiele hierfür sind:
- Kreuzschlüssel, bei dem vier Steckschlüssel als rechtwinkliges Kreuz angeordnet sind
- Steckschlüssel-Schraubendreher, eine feste Kombination aus Steckschlüssel (oder Nuss) mit einem Schraubendrehergriff
Knochen
Ein spezieller Schraubenschlüssel für Schrauben und Muttern mit Außensechskant am Fahrrad; heute kaum noch gebräuchlich.
Hakenschlüssel / Ritzelabzieher
Zum Anziehen von Nutmuttern mit radialen Nuten gibt es für jeden Durchmesser einen eigenen Hakenschlüssel. Gelenk-Hakenschlüssel decken einen gewissen Durchmesserbereich ab. Schlüssel zum Drehen von Nutmuttern mit zwei oder vier stirnseitigen Nuten – wie etwa an alten 5-fach-Rennradritzeln – werden Ritzelabzieher genannt.
Stirnlochschlüssel / Zapfenschlüssel
Für Zweilochmuttern mit Stirnlöchern gibt es Stirnlochschlüssel, mit wie beim Zirkel verstellbaren langen Schenkeln oder einem Gelenk näher zu den Stiften. Mit fixem Abstand aus Blech mit eingeschweißten Stiften zum Drehen der Lochmutter an Winkelschleifern werden sie auch Flanschschlüssel genannt, mit geringer oder starker Kröpfung für Schruppscheiben oder hohe Schleiftöpfe. Obwohl Winkelschleifer für Scheiben von 110 bis 230 mm Durchmesser alle dieselbe Aufnahme mit 22,2 mm Durchmesser und 14-mm-Schraubgewinde haben, sind zumindest drei Lochabstände üblich, Muttern mit zwei Paar Löchern in unterschiedlichen Abständen sind häufig.
Seltener finden sich Muttern mit Bohrungen, radial auf dem Zylindermantel sogenannte Kreuzlochmuttern, die geeignet geformte Schlüssel erfordern – etwa mit spreizbaren Bügeln oder in Hakenform mit Zapfen.
Kreuz- und Stirnlochmuttern finden sich der einfachen Herstellbarkeit wegen sowohl an schweren Maschinen, als auch aus Platzgründen an Motorradauspuffen, Fahrradsteuersätzen und feinen Optiken wie in Mikroskopen.
Schlüssel mit Stirnlochbohrung für Schrauben mit zentralem Dorn
Die Stirnlochbohrung (auch das Stirnloch) ist eine Bohrung in speziellen Schraubenschlüsseln für manipulationssichere Schrauben und meint das Gegenstück zum Dorn in der Profilmitte der Schraube. Am häufigsten kommt die Stirnlochbohrung bei Torx-Schraubendrehern oder Innensechskantschlüsseln vor, die in allgemeiner Form „Torx TR“ oder „Inbus TR“ (Tamper Resistant (manipulationssicher)) genannt wird.
Schraubenzieher und -schlüssel mit Stirnlochbohrung sowie die zugehörigen Schrauben sind meist nur in Fachgeschäften erhältlich, da sie für den normalen Gebrauch untypisch sind.
Übliche Maulweiten
Bei metrischen Verschraubungen sind die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Schlüsselweiten (SW) üblich (vgl. ISO 272). Die Bezeichnungen M1, M2 etc. stehen für die metrischen ISO-Gewinde (ISO 1502 bzw. DIN 13-1). Die Umstellung von alter auf neue Norm fand in Deutschland und Österreich 1992 statt, in der Praxis ist sie jedoch noch nicht vollständig durchgeführt. Die Abkürzung „HV-Verbindung“ bedeutet „hochfest vorspannbare Verbindung“ (im Brückenbau und bei Offshoreanlagen verbreitet).
In der DIN 3110 ist angegeben, um wie viel die tatsächliche Schlüsselweite größer sein sollte als der Nennabstand, um ausreichend Toleranz unter Beibehalten eines guten Formschlusses zu gewährleisten.
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Material
Schraubenschlüssel bestehen üblicherweise aus legiertem Werkzeugstahl.[9] Werkzeuge für den Einsatz unter Ex-Schutz-Bedingungen („funkenfreies Werkzeug“) sind üblicherweise aus Messing oder Berylliumkupfer.
Weblinks
Die Sendung mit der Maus – Schraubenschlüssel (Ringschlüssel) youtube.com, veröffentlicht 17. November 2015. Video (14:20)
Einzelnachweise
- Ratschengabelschlüssel in Aktion Onlinequelle: youtube
- Schneider Druckluft GmbH (Hrsg.): Druckluft im Handwerk. Ein „Druckluft-Spar-Buch“. Vieweg + Teubner Verlag, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8348-1521-7, Vorschau auf books.google.de (Stand 19. März 2021), S. 34: „Steckschlüssel (genannt Nüsse oder Nussen)“.
- DIN 3122: Antriebsteile mit Außenvierkant für handbetätigte Steckschlüsseleinsätze. April 2017.
- DIN 3123: Verbindungsteile mit Außenvierkant für handbetätigte Steckschlüsseleinsätze. April 2017.
- DIN 3120: Verbindungsvierkante für handbetätigte Schraubwerkzeuge. Dezember 1993.
- DIN 3124: Steckschlüsseleinsätze mit Innenvierkant für Schrauben mit Sechskant, handbetätigt. November 2007.
- DIN 7422: Schraubendrehereinsätze mit Innenvierkant. Oktober 2002.
- DIN 2324: Schraubendrehereinsätze mit Innenvierkant für Schrauben mit Innenvielzahn, handbetätigt. Oktober 2002.
- Wilhelm Jungermann GmbH: Legierte Werkzeugstähle – Verwendungsmöglichkeit, abgerufen am 14. Januar 2019