Schloss Heringen
Geschichte (Kurzfassung)
Im Jahr 1155 wurde der Ort Heringen, gelegen an der alten Heerstraße Merseburg–Nordhausen, in einer Urkunde des Klosters Fulda erstmals urkundlich erwähnt. 1172 wird ein Rittergeschlecht von Heringen erwähnt, das wohl die Wasserburg südlich der Helme errichtet haben dürfte. Mit ihr sicherte man den Flussübergang. Die Grafen von Hohnstein kauften diese Burg um 1260–1300 von den Grafen von Beichlingen. Graf Dietrich IV. ließ 1318–27 eine Burg- und Stadtmauer mit Wehrtürmen sowie einen Wohnturm mit Bergfried, Kapelle und Wirtschaftshof errichten.[1] Die Stadtrechte erhielt der Ort im Jahr 1327, als Heringen im Walkenrieder Urkundenbuch erwähnt wurde.
1406 und 1407 wurden Stadt und Burg erfolglos durch ein Reichsheer belagert. Als Graf Dietrich IX. von Hohnstein (Linie Hohnstein-Kelbra-Heringen) im Jahr 1417 starb, fiel die Stadt in Teilen an die Grafen von Schwarzburg und die Grafen zu Stolberg. Ab 1539 sind die Schwarzburger durch Verpfändung des Stolberger Anteils alleinige Herren. Nach dem Stadtbrand von 1590 erhielt die Burg den jetzt noch erhaltenen Schlosscharakter.[2] Um 1730 erweiterte man das Schloss um ein seitlich angebautes barockes „Herrenhaus“, wohl auf älteren Grundmauern. Durch den Wiener Kongress wurde die Domäne und das Heringer Schloss im Jahr 1815 zum königlich-preußischen Besitz.
Zeittafel[3]
- 1322 Baubeginn der Kernburganlage durch die Grafen von Hohnstein
- 1327 Beendigung der Bauarbeiten an Burganlage, Stadtmauer und Wehrtürmen
- 16. Jahrhundert umfangreiche Reparatur- und Umbauarbeiten zum Renaissanceschloss
- 1597 bis 1658 diente es Clara von Schwarzburg als Witwensitz
- 1658 starb die Gräfin, worauf das Schloss mehr und mehr in Vergessenheit geriet
- 1721 letzter Hofbesuch durch Fürst Friedrich Anton von Schwarzburg
- 1819 Übergang durch Kauf in königlich-preußischen Besitz
- 1945 durch Bodenreform verstaatlicht und Nutzung durch LPG als Speicher und zur Hühnerhaltung
- 1960er Jahre: Abrisspläne
- 1980 Das Schloss wurde unter Denkmalschutz gestellt
- 1984 Beginn der Instandsetzung
- 1990 Sicherungsarbeiten am ruinösen Schloss
- 2003 Beginn umfassender, äußerer und innerer Sanierung, bis 2014 zehn Millionen Euro dafür eingesetzt
- 2015 beherbergt das wiederhergestellte Schloss die Stadtbibliothek, ein Museum, eine Puppensammlung, historische Arztpraxen und Sonderausstellungen
Bericht von Zeitzeugen[4]
Heringen ist zurückzuführen auf den Namen Heringa, genannt im 9. Jahrhundert. 1155 erfolgt ein Tausch eines Sumpfes gegen Güter in Werthern. 1231 wird ein Zeuge Conrad aus Heringen erwähnt. Heringen war zuerst im Besitz der Grafen von Beichlingen. Graf Friedrich IV., Stifter der Linie Beichlingen-Rothenburg und Burggraf von Kyffhausen, verkauft um 1300 Heringen an Graf Heinrich III. von Hohnstein. Nach 1330 teilten Heinrich IV. und sein Vetter Dietrich IV. ihre Erblande und so wurde letzterer Stifter der Linie Hohnstein-Heringen. Derselbe befestigte das Dorf Heringen und erhob es zur Stadt.
An der Südseite die verfallene doppelte Mauer, die innere Mauer umzog die Stadt und schloss sich an das Schloss an. Die äußere Mauer hatte dreiviertel vorspringende runde Türme, 10 Meter äußerem Durchmesser, die innere hatte runde nach innen offene Schalen. Die erste Anlage des Schlosses fällt in diese Zeit. Mauer und Schloss hielten im 17. Jahrhundert den Belagerungen stand.
1412 bis 1417 ging Stadt und Amt Heringen durch Verkauf in den gemeinschaftlichen Besitz von Schwarzburg und Stolberg über. 1432 und 1439 verkauften die Neffen Dietrichs IX. von Hohnstein-Heringen, Heinrich Reuß von Gera und Gottschalk von Plesse, ihre Anteile an Heringen ebenfalls an Schwarzburg und Stolberg, die nun zur gesamten Hand mit Stadt und Amt Heringen belehnt wurden. Im 16. Jahrhundert verpfändete Stolberg seinen Anteil an Heringen an Schwarzburg. Preußen löste denselben 1819 wieder ein und gab es gegen Erlegung der Pfandbücher an Stolberg-Stolberg zurück.
Das alte Schloss gibt es und das neue Schloss, das in seinem Unterbau sicherlich ebenso alt ist wie das alte Schloss nur ein Stockwerk niedriger wie das alte nach dem großen Brand 1729 mit einer Renaissancefassade. 1578 bis 1658 war es Witwensitz der Gräfin Clara von Schwarzburg, geborene Herzogin von Braunschweig-Lüneburg.
Das Erdgeschoss ist größtenteils im Kreuz gewölbt, eine Wendeltreppe führt durch alle Etagen. Alle vier Etagen hatten Fußböden von Gypsestrich und Balkendecken. Die erste und dritte Etage enthalten je einen einzigen großen Saal mit schwarz angestrichenen Deckenbalken und Ständern. Die gegypsten Felder der Decke sind mit schwarzen Linien eingefasst, ganz im Geschmack des beginnenden 17. Jahrhunderts (Zeichnungen von 1612 in Nürnberg des Deutschen Ordens Haus).
Die zweite Etage enthält den einstigen Prunksaal (die Hobedörnze wie man im 15. Jahrhundert gesagt hätte) ausgezeichnet durch bemalte Balken, gestellte und mit Jahrschnitt verzierte Träger und in der Form dorischer Säulen nach der Ordnung des Wignola auf hohen Postamenten gebildete Ständer. An der Ostwand bemerkt man die Pfeileransätze einer 2,4 Meter im Lichten weiten Kammer und an den Wänden die Spuren von rot in rot schallierten Malereien.
Museum
Das Schloss kann besichtigt werden.[5] Im Schloss finden Ausstellungen statt, ein Museum wird nach und nach mit sehr alten Dokumenten, Bildern und Möbeln ergänzt. Zurzeit erfolgt der Innenausbau der oberen Stockwerke, so dass nach Fertigstellung die wertvollen Stücke präsentiert werden können. Originale von Ölgemälden früherer Bewohner und wertvolle Urkunden wurden bereits zur Verfügung gestellt.
Literatur
- Hermann Hiller: Geschichte der Stadt Heringen an der Helme. Reprint der Ausgabe von 1927. Regionale-Verlag, Auleben bei Nordhausen 2005, ISBN 3-934780-13-X.
- Erika Heußinger: Aus unveröffentlichten Schriften meiner Vorfahren zur Familiengeschichte. Anfang 20. Jahrhundert, aus Archiv im Besitz von Gerhard Hund.
Weblinks
Nachweise und Anmerkungen
- Hans und Doris Maresch: Thüringens Schlösser und Burgen, Husum-Verlag 2008, ISBN 978-3-89876-351-6, S. 118
- Michael Köhler: Thüringer Burgen und befestigte vor- und frühgeschichtliche Wohnplätze Jenzig-Verlag, 2001, ISBN 3-910141-43-9, S. 136
- Evi Baumeister: Aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Thüringische Landeszeitung, 21. Februar 2015
- Aus den Schriften meiner Schwiegermutter Erika Heußinger, entstanden 1882 aufgrund von Zeitzeugen, die ihre Vorfahren waren und im Schloss gewohnt hatten.
- Die Öffnungszeiten stehen auf der Webseite der Interessengemeinschaft Schloss Heringen 1327 e.V.