Schlacht bei Leuktra
In der Schlacht bei Leuktra besiegten die Thebaner unter ihrem Feldherrn Epaminondas am 5. August 371 v. Chr. die Spartaner, die in der Folge ihre seit dem Peloponnesischen Krieg bestehende Hegemonie über Griechenland einbüßten. Die Thebaner wandten bei Leuktra erstmals die Schiefe Schlachtordnung an. Damit bereiteten sie dem Heer Spartas, das bis dahin als unbesiegbar gegolten hatte, die erste Niederlage in offener Feldschlacht und entschieden den Boiotischen Krieg für sich. Aber auch die anschließende Machtstellung Thebens war nur von relativ kurzer Dauer. In der Schlacht von Chaironeia unterlagen die Thebaner und die mit ihnen verbündeten Athener 338 v. Chr. dem Heer Philipps II. von Makedonien, der damit zum Hegemon der griechischen Poleis aufstieg.
Vorgeschichte
Zwischen 395 und 387 v. Chr. kämpfte Sparta im Korinthischen Krieg um die Vorherrschaft in Griechenland gegen eine Allianz aus Theben, Athen, Korinth und Argos, die von Persien finanziell unterstützt wurde. Das erste Scharmützel dieses Krieges konnte Theben bei Haliartos gegen eine spartanische Eingreiftruppe für sich entscheiden, bevor das spartanische Bürgerheer eintraf. In den weiteren Schlachten schlug Sparta die Heere der Verbündeten und konnte somit seine Vormachtstellung im Frieden des Antalkidas (=Königsfrieden) behaupten. Die Folgezeit war von steten Spannungen zwischen Theben, das die Oberhoheit in Böotien beanspruchte, und Sparta, das diesen Konkurrenten nicht dulden wollte, überschattet. 382 besetzte der spartanische Truppenführer Phoibidas ohne Weisung die Kadmeia, die Zitadelle Thebens, und legte eine Besatzung hinein. Dies hatte eine Stärkung des Patriotismus in Theben zur Folge. Drei Jahre später, 379, wurde die Garnison von den Thebanern wieder vertrieben. Als eine Gruppe böotischer Städte Sparta bat, sie von der politischen Kontrolle Thebens zu befreien, und Sparta daraufhin den Abzug der thebanischen Garnisonen aus diesen böotischen Städten forderte, kam es erneut zum Krieg.
Ausgangslage
Einer der beiden spartanischen Könige, Kleombrotos I., befand sich zu Kriegsbeginn mit einer Armee in Phokis nahe Delphi. Statt die gewöhnliche Pass-Strecke nach Böotien zu nehmen, entschied sich Kleombrotos, durch die Berge über das etwa 50 km entfernte Thisbe zu marschieren und den befestigten Hafenplatz Kreusis der Thebaner, 7 km von Thisbe, inklusive 12 thebanischer Schiffe zu nehmen. Diese Bewegungen führte er so rasch aus, dass die Thebaner erst durch die Einnahme Kreusis von seiner Anwesenheit erfuhren. In der richtigen Annahme, dass Kleombrotos nunmehr direkt gegen Theben marschieren werde, versammelte Epaminondas die Truppen Thebens und seiner Alliierten bei dem kleinen Ort Leuktra, etwa 9 km südwestlich von Theben, an der Straße nach Thisbe. Nach einem Marsch von 25 km traf Kleombrotos ebenfalls dort ein.
Verlauf der Schlacht
Nachdem sich die Heere bei Leuktra entwickelt hatten und gegeneinander vorgingen, eröffneten die spartanischen Peltasten und Plänkler die Schlacht. Anschließend entwickelte sich ein Gefecht zwischen der spartanischen Reiterei, die Kleombrotos, vielleicht um einen Flankenmarsch abzuschirmen, vor seine Front gestellt hatte, und den böotischen Reitern. Wie zu erwarten war, wurde die spartanische Reiterei vom Feld gejagt, brachte aber bei ihrer Ausweichbewegung durch die schmalen Gassen zwischen den spartanischen Abteilungen die Phalanx in Unordnung, und die begonnene Flankierungsbewegung konnte nicht zu Ende geführt werden. Die thebanische Phalanx ging planmäßig vor, hielt also den rechten Flügel gestaffelt zurück, während die tiefe Kolonne links unweigerlich auf den rechten Flügel der Spartaner stieß und diesen besiegte. Bei dem Zusammenprall wurden zwei spartanische Abteilungen mit insgesamt 1000 Mann nahezu völlig vernichtet, König Kleombrotos, seine Stellvertreter und vierhundert Spartiaten fielen. Als der Rest des spartanischen Heeres sah, dass der rechte Flügel geschlagen war, überließ er das Feld den Thebanern. Auf eine Verfolgung des geschlagenen Feindes verzichtete Epaminondas.
Bedeutung der Schlacht
Durch den glänzenden Sieg der Thebaner war Sparta der Nimbus der Unbesiegbarkeit genommen. Epaminondas nutzte den Sieg, griff Sparta auf der Peloponnes an und schwächte es so entscheidend, dass es seine Vormachtstellung in Griechenland verlor.
Taktische Bedeutung
- Die Schlacht von Leuktra ist die erste Schlacht, für die der Gebrauch der Schiefen Schlachtordnung nachgewiesen ist. Die Schiefe Schlachtordnung gilt bis heute als hohe Kunst der Taktik.
- Epaminondas war der erste europäische Feldherr, der durch bewusste Schwächung an anderer Stelle einen Schwerpunkt an der Stelle bildete, wo er den Erfolg suchen wollte. Er wird daher als Schöpfer des taktischen Prinzips der Konzentration betrachtet.
- Durch die organische Verbindung der Kavallerie mit den Hopliten auf beiden Flügeln gilt Epaminondas auch als Begründer des taktischen Prinzips vom Gefecht der verbundenen Waffen in Europa.
Bewertung und Forschungsstand
Mit Hans Delbrück begann in den 1880er Jahren ein Streit um die Stärke der Heere, die in Leuktra aufeinander trafen, die taktische Konzeption (Idee des Gefechts), die Epaminondas der Schlacht zugrunde legte, die taktischen Prinzipien, die in dieser Schlacht zu Tage traten, und die Besonderheit oder Gewöhnlichkeit des Verlaufs und Erfolgs dieser Schlacht. Delbrück zweifelte die überlieferten Zahlenangaben an. Er sah keinen Anlass, anzunehmen, dass die Spartaner mit zehn- bis elftausend Hopliten auf dem Kampfplatz erschienen waren, während Epaminondas nur sechs- bis siebentausend zur Verfügung gehabt hätte. Vielmehr ging er davon aus, dass beide Heere etwa gleich stark an Hopliten gewesen seien, die Böotier jedoch eine auch zahlenmäßig überlegene Kavallerie besessen hätten. Ausschlaggebend war dabei für ihn unter anderem die Überlegung, dass der thebanische Sieg auch gegen eine Gleichzahl als herausragende taktische Leistung zu bewerten ist, der Sieg gegen eineinhalbfache Überlegenheit den Ruhm Epaminondas’ nicht erhöhen könne. Der Streit dauert bis heute an. Heutige Vertreter der Opposition gegen Delbrücks Auffassung sind Victor Davis Hanson und Donald Kagan, die davon ausgehen, dass die Schiefe Schlachtordnung keinem Plan entsprach, sondern eher zufällig während des Gefechts entstand und nicht Ausdruck eines Siegeswillens, sondern einer Verzögerungstaktik war. Beide stützen sich dabei auch auf die numerische Überlegenheit der Spartaner. Die Einführung des Gefechts der verbundenen Waffen sehen beide erst unter Alexander dem Großen im makedonischen Heer. Die Verwendung der Kavallerie, die Tiefengliederung und die Möglichkeit, die Elite links einzusetzen rechnen sie Epaminondas nicht an, da es dies schon vorher in einigen Schlachten gab, jedoch nicht in dieser Kombination. Sie akzeptieren aber Epaminondas als Begründer des Prinzips der Konzentration.
Randbemerkungen
- Auf dem siegreichen linken Flügel Thebens kämpfte auch die Heilige Schar.
- Auf dem Schlachtfeld wurde ein Denkmal errichtet, welches, wieder hergerichtet, noch heute dort steht und besichtigt werden kann.
Siehe auch
Literatur
- Peter Connolly: Greece and Rome at War.
- Victor Davis Hanson: Der Krieg in der griechischen Antike.
- Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst. Band 1: Das Altertum.
- Bernard Law Montgomery: Weltgeschichte der Schlachten und Kriegszüge. Band 1.
- I. Ch. Bagramjan (Hrsg.): Geschichte der Kriegskunst.
Quellen
Weblinks
- Andreas Fischer: Leuktra. (PDF) Universität München, abgerufen am 5. Juni 2011.
Einzelnachweise
- Eduard Meyer: Geschichte des Altertums. 5. Band, Buch 4, 403.
- Hermann Bengtson: Griechische Geschichte von den Anfängen bis in die römische Kaiserzeit. Ausgabe 5, Verlag: C. H. Beck, 1977, ISBN 3-406-06660-7, S. 277 (books.google.de).
- Sergeant Arthur Majoor: The Battle of Leuktra (Memento des Originals vom 13. Juni 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 181 kB), The Army Doctrine and Training Bulletin Band 6, Nr. 3, Herbst/Winter 2003, S. 52.