Schießplatz Kobylisy
Der Schießplatz Kobylisy (tschechisch Kobyliská střelnice) ist ein ehemaliger Schießplatz im Stadtteil Kobylisy nördlich der Moldau im 8. Bezirk in Prag. Heute erinnert eine Gedenkstätte an Massenerschießungen, die während der Besetzung der Tschechoslowakei durch das nationalsozialistische Deutsche Reich hier stattfanden.
Geschichte
Österreich-Ungarn bis 1918
Der Schießplatz wurde 1890 als Übungsgelände der Infanterie für die Armee der Österreich-Ungarischen Monarchie nahe dem Dorf Kobylisy damals noch außerhalb der Stadt Prag angelegt. Für die Pferde wurden Stallungen am Gelände errichtet.
Tschechoslowakei bis 1938
Die Truppen der ab 1918 selbständigen Tschechoslowakei nutzten das Areal weiter, ebenso diente es als Trainingsgelände für Vereine wie dem Sokol.
Zeit des Nationalsozialismus
Mit der Annexion Tschechiens und der Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren unter nationalsozialistischer Herrschaft wurden die Stallungen auf dem Schießplatz in Gefängnisse umgewandelt.
Nach der Operation Anthropoid (Attentat auf Reinhard Heydrich) kam es als "Vergeltungsmaßnahme" zu Massenerschießungen auf dem Schießplatz. Fast 540 Menschen wurden im Zeitraum vom 30. Mai bis zum 3. Juli 1942 ermordet. Viele der Opfer wurden anschließend im Krematorium Strašnice verbrannt. Unter den Opfern befanden sich:
- Jan Auerhan, Vorsitzender des Tschechischen Statistikamts
- Alois Eliáš, General und Ministerpräsident des „Reichsprotektorates Böhmen und Mähren“
- Josef Mašín, Offizier und Mitglied der Widerstandsgruppe Drei Könige
- Josef Páta, Professor für Sorabistik in Prag
- Matěj Pavlík, orthodoxer Bischof Gorazd, als Märtyrer heiliggesprochen
- Františka Plamínková, Frauenrechtlerin und Politikerin
- Evžen Rošický, Leichtathlet, Sportjournalist und Widerstandskämpfer
- Vladislav Vančura, Schriftsteller, Filmregisseur und Arzt
- 26 Bewohner der Ortschaft Lidice (Mitglieder der Familien Horák und Stříbrný, die bereits vor der Auslöschung der Ortschaft verhaftet worden waren, sowie Männer, die während der Zerstörung auswärts bei der Arbeit waren)
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände in eine Gedenkstätte umgewandelt auf dem bis 1975 einige Denkmäler errichtet wurden. 1978 wurde die Gedenkstätte zum Nationalen Kulturdenkmal Tschechiens erklärt.
Gedenkstätte
Das Gelände der ehemaligen Stallungen belegt ein Mosaik von Martin Sweet. In der Nähe stehen ein Holzkreuz (das Original befand sich in schlechtem Zustand und wurde 2007 ersetzt) und die Skulptur einer weinenden Frau von Miloš Zet.
Nahe dem Eingangstor ist zusammen mit einer Liste der Ermordeten der Vers von Miroslav Florian eingelassen: „Halten Sie einen Moment. Unser Blut tränkte die Erde, aber wir haben uns wieder erhoben.“
Von März 2015 bis April 2016 wurde der Komplex renoviert. Der Zutritt zum Gelände ist frei, erreichbar mit 10-minütigem Fußmarsch von den Metrostationen Kobylisy oder Ládví.
Weblinks
- Geschichte des Geländes, vollständige Liste der Ermordeten (tschechisch)
- Beschreibung der Gedenkstätte (englisch)